Todesspirale: Roman (German Edition)
nicht. Und wer kann schon sagen, ob nicht noch mehr sterben, wenn du wieder anfängst zu dealen?«
Sie hatte kurz überlegt, ob sie ihm von Mick erzählen sollte, was aber Lon im Wesentlichen nur davor warnte, dass seine Aktivitäten von äußerst kurzer Dauer sein könnten. Aber sie hielt den Mund. Sie war nicht sein Kindermädchen. Wenn ihm sein Versprechen ihr gegenüber so wenig bedeutete, dann war es auch nicht an ihr, ihm die Auswirkungen vor Augen zu führen. Wenn er beschloss, wieder Drogen zu verkaufen, musste ihm klar sein, dass das Heroin, das er vertickte, verschnitten war und deshalb wahrscheinlich tödlich.
Sie war es so leid, sich durch den Sumpf von Täuschungen zu quälen. Alle spielten falsch. Mick gab vor, dass er nicht wirklich ein Agent der Drug Enforcement Agency war und dass er sie liebte. Lon gab vor, dass er seinen hochriskanten Handel mit Drogen aufgegeben hatte. Beide logen. Jeder schien etwas zu verheimlichen zu haben, und es war klar, dass sie bei ihnen nicht an erster Stelle stand.
Sie nahm ihre Jacke, zog sie über, griff nach ihrem Schlittschuhkoffer und schlang sich die Handtasche über die Schulter. »Ob mein Ruf deinetwegen gefährdet ist – und was aus ihm wird, wenn du wieder erwischt wirst – spielt unübersehbar keine Rolle für dich«, sagte sie eisig und ging in Richtung Ausgang, während ihr die Tasche an die Knie schlug. Sie blieb am Ausgang stehen, stieß die Tür auf und drehte sich noch einmal um. »Aber vielleicht denkst du mal über Folgendes nach. Ich habe immer noch eine empfindliche Stelle an meinem Kopf von meinem Sturz, der durch eine abgefallene Kufe, die absolut nicht hätte abfallen dürfen, verursacht worden ist. Amy Nitkey wurde überfahren, als sie meine Jacke trug. Du hast wohl nicht zufällig deinem ›Fremden‹ erzählt, dass du mir dein Wort gegeben hast, nie wieder Drogen zu verkaufen, oder?«
Weder erwartete sie, noch wartete sie auf eine Antwort, und schob sich durch die Tür.
Im Schneidersitz auf dem Fußboden neben Connies Bett in deren Hotelzimmer war Sasha dabei, ihre Schlittschuhstiefel zu pflegen. Mit einem alkoholgetränkten Watteball entfernte sie alle Flecken. »Von jetzt an«, sagte sie grimmig, »verlasse ich mich nur noch auf mich selbst.«
»Und mich«, fügte Connie hinzu. »Auf mich kannst du dich auch verlassen.«
»Ja. Und auf dich.« Sasha blickte auf. »Aber nicht auf Mick oder Lonnie.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem sauberen Leder zu, beäugte es kritisch. »Das reicht. Gib mir doch bitte mal die Schuhpolitur, ja?«
Connie reichte ihr eine Flasche weißer Politur und schwieg, während Sasha mit dem Schwämmchen sorgfältig eine Schicht auf ihre Stiefel auftrug mit leichten, gleichmäßigen Strichen. Sasha war vor einer Viertelstunde in ihr Zimmer gestürmt, total erregt und durcheinander. Mangels besserer Alternative hatte Connie ihr vorgeschlagen, die Schlittschuhe zu putzen. Das war ihr als Erstes eingefallen beim Anblick ihrer Freundin, die nervös und ruhelos im Zimmer auf und ab gegangen war, während sie sie mit knappen Worten über ihren Nachmittag ins Bild setzte.
Als beide Stiefel eingerieben waren und Sasha darauf wartete, dass sie trockneten, bevor sie eine zweite Schicht auftrug, fragte Connie vorsichtig: »Bist du dir ganz sicher, dass du dich auf Mick nicht verlassen kannst?«
»Im Moment bin ich mir nicht mal meines eigenen Namens sicher«, war die mürrische Antwort. Sasha trug eine zweite Schicht Schuhpolitur auf. »Alles ist das reinste Chaos. Er redet jede Nacht mit mir von seinem Bett aus, Connie, und laut ihm sind das alles Dinge, die er mir schon immer sagen wollte, aber nicht sagen konnte. Aber ist das die Wahrheit, oder sind das nur weitere Schmeicheleien seiner Silberzunge? Er sagt, er liebt mich. Und, so leid es mir tut, ich glaube ihm, wenn er das sagt.«
Sie hielt inne mit ihrer Arbeit und blickte auf zu Connie, die über ihr auf dem Bett thronte. »Aber tue ich das, weil ich tatsächlich den ehrlichen Ton in seiner Stimme höre, oder weil ich es mir nur sehnlich wünsche?« Sie verschloss die Politurflasche mit dem Schwämmchen und reichte sie schweigend ihrer Freundin, damit sie den Verschluss aufschraubte. Dann sah sie wieder auf ihre Schlittschuhe und gab zu: »Ich bin ein totales Wrack.«
Connie reichte ihr die schwarze Politur. »Vorsichtig, die Flasche ist offen«, warnte sie. Als ihre Freundin das Behältnis in der Hand hielt und es anstarrte, fügte sie hinzu: »Du
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