Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesspur

Todesspur

Titel: Todesspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
»Wir wollten von ihm Auskunft über den Anruf auf Olaf Döhrings Mobiltelefon am letzten Mittwoch.«
    »Also war diese Hetzjagd durch das ganze Viertel unnötig, oder, Herr Hauptkommissar? Es ging nur um eine Aussage, der Junge hatte einen festen Wohnsitz – Sie hätten warten können, bis er wieder nach Hause kommt.«
    »Das ist doch Unsinn«, antwortet Völxen aufgebracht, und nun wird es auch dem Vizepräsidenten zu bunt: »Wenn einer bei einer Verkehrskontrolle einfach wegfährt oder bei einer Personenkontrolle flüchtet, wird er verfolgt, und zwar auch dann, wenn man seinen Wohnsitz kennt. Wer sich einer Kontrolle entzieht, macht sich immer verdächtig. Der Beamte Rodriguez hat sich nur an die übliche Vorgehensweise gehalten. Dass sich der Verfolgte durch seine Flucht in tödliche Gefahr brachte, kann man Rodriguez nicht anlasten. Das alles ist eine Verkettung unglücklicher Umstände.«
    »Aber es geht um einen Jugendlichen. Ich frage mich, ob man da bedingungslos die ›übliche Vorgehensweise‹ anwenden kann«, setzt Stevens nach.
    Völxen platzt der Kragen. »Ach! Gestern noch wollten Sie die Jungs am liebsten ans Kreuz nageln, und heute verlangen Sie, dass man sie mit Samthandschuhen anfasst. Ja, was denn nun? Sollen wir künftig jeden Jugendlichen, der uns den Stinkefinger zeigt und vor einer Befragung flüchtet, laufen lassen, nur weil er einen festen Wohnsitz hat und sich durch seine Flucht in Gefahr bringen könnte?«
    Ehe der Staatsanwalt etwas erwidern kann, hebt der Vize beschwichtigend die Hände. »Meine Herren, bitte! Schuldzuweisungen bringen uns jetzt nicht weiter. Es wird eine gründliche interne Untersuchung geben, wie immer in solchen Fällen, und die sollten wir abwarten. Wichtig ist jetzt, was wir der Presse sagen.«
    »Genau«, seufzt der Pressesprecher, der den Disput bisher schweigend verfolgt hat. »Ist dieser tote Junge denn verdächtig, was den Mordfall Döhring angeht?«
    »Das wissen wir noch nicht«, antwortet Völxen. »Ich würde der Presse noch keinen Hinweis auf einen Zusammenhang mit dem Fall Olaf Döhring geben. Mein Vorschlag ist folgende Erklärung für die Medien: Wir wollten ihn vernehmen, er ist geflohen, weil er die Taschen voller Koks und Pillen hatte. Und ein verbotenes Springmesser war auch dabei.«
    »Genau«, stimmt ihm der Vize zu. »Wir dürfen den Jungen nicht verteufeln, aber es muss auch klar werden, dass er kein Unschuldslamm war. Nicht dass es auf die Schlagzeile hinausläuft: Böser Bulle treibt unschuldiges Migrantenkind in den Tod .«
    »Es entspräche auch absolut nicht den Tatsachen«, knirscht Völxen. »Als wir in Hainholz waren, hat Hauptkommissarin Kristensen zeitgleich noch einmal mit den Freunden von Olaf Döhring gesprochen. Die haben angegeben, dass es sich bei Tahirs Anruf auf Olafs Handy um eine Schutzgelderpressung handelte. Tahir und seine Freunde verlangten fünfhundert Euro, damit das nächste Konzert von Olafs Band ungestört ablaufe.«
    »Und warum erfahre ich nichts davon?«, beschwert sich Stevens.
    »Tun Sie doch gerade«, versetzt Völxen giftig. Dass er es selbst eben erst zwischen Tür und Angel von Oda gehört hat, muss dieser Wadenbeißer ja nicht wissen. »Damit ist er als Verdächtiger raus«, hat Oda noch bemerkt. »Man bringt ja nicht die Kuh um, die man noch melken möchte.«
    »Das halten wir aber vor der Presse noch zurück«, mahnt der Vize. »Man sollte immer einen Trumpf im Ärmel behalten – nur für den Fall, dass sie uns dumm kommen.«
     
    Gute drei Stunden mussten Sascha Lohmann und Sergej Markow in je einer der Verwahrzellen des Polizeipräsidiums auf ihre Vernehmung warten, und das hat ihre Stimmung nicht gerade gebessert. Das verbliebene Dezernat hat sich aufgeteilt: Oda und Völxen widmen sich Sascha Lohmann, während Jule und Richard Nowotny zur selben Zeit seinen Freund Sergej Markow in die Mangel nehmen.
    Sascha Lohmann sitzt in Handschellen auf einem Stuhl im neuen Seminarraum. Breite Schultern, breiter Schädel, dumpfer Blick. Sein Haar ist kurz geschoren bis auf eine längere Tolle am Haaransatz, die ihm in der Stirn klebt. Man hat ihm nicht nur sein Butterfly-Messer, sondern auch sein Handy abgenommen, daher weiß er noch nicht, dass sein Freund Tahir tot ist. Dennoch stößt er bei Völxens Anblick sofort wüste Beschimpfungen aus. Als sein Wortschatz schließlich erschöpft ist, schaltet Oda das Aufnahmegerät ein und klärt Lohmann über seine Rechte auf. Oda ist nicht ängstlich, aber angesichts

Weitere Kostenlose Bücher