Todesspur
keine Sekunde still.
Er trug ungebügelte Blue Jeans und ein zerknittertes kariertes Hemd, dessen obere zwei Knöpfe offen waren und die dichte Behaarung auf seinem massigen Brustkorb sehen ließen. Er rülpste laut und klopfte sich auf den harten, rundlichen Bauch.
»Das Bier ist gut. Geben Sie mir noch eins. Dann rufen Sie Norton an. Ich werde ihm in den Arsch treten.« »Ist das klug, Brad?«
Sara, seine Beraterin, die einzige Person, vor der er keine Geheimnisse hatte, war eine hartgesichtige Frau von Vierzig mit langem, dunklem Haar, einer weit vorstehenden Nase und einem großen, schmallippigen Mund. Sie hatte ihm seit seinen Anfängen zur Seite gestanden – seit der Zeit, als er sich mit einer Handvoll Stimmen Mehrheit ins Amt eines Senators in einem der Südstaaten gedrängt hatte. Einer Handvoll, beschafft von einem Drahtzieher, dem Sara hunderttausend Dollar in gebrauchten Scheinen ausgehändigt hatte.
Hochgewachsen und schlank, immer schwarz gekleidet, war sie – von seiner Frau abgesehen – die einzige Person, die ihn Brad nennen durfte. Marchs Frau Betty wohnte zwar noch im Weißen Haus, hatte sich aber längst von ihm getrennt. Sara war es, die ein wachsames Auge auf sie hielt.
»Es wird Zeit, daß Sie Betty wieder einmal etwas zukommen lassen, Brad«, pflegte sie von Zeit zu Zeit zu sagen.
»Himmel! Schon wieder?«
»Wir wollen doch nicht, daß sie Sie verläßt, oder? Eine Nerzstola wird sie bewegen, wieder eine Weile Ruhe zu geben.«
»Okay. Falls Sie das Geld auftreiben können.«
»Brad, ich kann immer Geld auftreiben. Ich wende mich einfach an jemanden, der uns noch einen Gefallen schuldig ist. Und von denen gibt es genug …«
March saß mit dem Gesicht zur Nordwand, an der sich ein großer Marmorkamin befand. Sara kehrte mit einer Flasche Bier aus dem Kühlschrank zurück, die sie bereits geöffnet hatte. Da sie wußte, was er wollte, wischte sie die Oberkante und den Hals der Flasche mit einer frischen weißen Serviette ab. March nahm die Flasche, setzte sie an und trank.
»Schon besser«, sagte er, stellte die Flasche auf den Schreibtisch und fuhr sich mit dem Rücken seiner haarigen Hand über den Mund. »Wissen Sie was? Irgendein Schwachkopf vom Personal hier – ich habe ihn auf die Aleuten versetzt – wollte, daß ich einen Sprachtherapeuten aufsuche.«
Er brach in dröhnendes Gelächter aus. »Einen Sprachtherapeuten! Wissen Sie, wieso es mir mit meinen Wahlreden gelungen ist, ins Weiße Haus zu kommen? Weil ich rede wie der Mann auf der Straße. Das nennt man Einfühlungsvermögen – was immer das sein mag. Verbinden Sie mich mit Norton, auf der privaten Leitung.«
Sara war an seine plötzlichen Themenwechsel gewöhnt.
Sie stand mit verschränkten Armen da und schaute stirnrunzelnd auf ihn herab. Er sah auf, spie seine Frage heraus.
»Was ist los mit Ihnen?«
»Brad, wonach hält Norton Ausschau? Außer nach gewissen Leuten?«
»Nach gewissen Leuten – Cord Dillon und Barton Ives. Ist mein Rücken gedeckt? Schließlich ist Dillon verschwunden.
Der stellvertretende Direktor der CIA. Wenn die Presse aufwacht und feststellt, daß er nicht mehr da ist, wird sie Fragen stellen.«
»Ihr Rücken ist gedeckt. Ich habe das Gerücht verbreitet, er wäre krank und für einen langen Urlaub ins Ausland gefahren.«
»Langer Urlaub ist gut!« March grinste. Wenn Norton Dillon fand, würde es ein Urlaub ohne Wiederkehr werden. Aber Sara brauchte nicht zu wissen, mit wie harten Bandagen er spielen konnte. »Was macht Ihnen zu schaffen?« fuhr er sie an.
»Unit One. Ich glaube, Senator Wellesley hat etwas davon läuten hören.«
»Dieser aristokratische alte Esel? Nur weil er zufällig Vorsitzender des Senatskomitees für Auswärtige Angelegenheiten ist? Vielleicht stammen seine Vorfahren von den Pilgervätern ab. Er sieht jedenfalls aus wie einer.«
»Er hat eine Menge Einfluß, Brad. Unit One ist ganz eindeutig eine illegale Organisation. Und das Problem ist, daß etliche Mitglieder von Unit One immer noch hier sind und nicht in Europa.«
»Kluges Kind.« March grinste wieder. »Wirklich klug. Also schicken wir auch den Rest nach Europa, als Verstärkung für Norton. Dann ist nichts mehr hier, wovon der alte Senator Wellesley etwas läuten hören könnte. Ich werde darüber nachdenken.« »Das wäre das beste. Wie Sie sagten, dann ist nichts mehr hier, was ihm eine Handhabe bieten könnte.«
»Es ist dasselbe wie mit Tonbändern und Dokumenten«, fuhr March fort und
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