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Todesstatte

Titel: Todesstatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Booth Stephen
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der Verstorbene unter Schmerzen oder als schielte er.
    Â»Vernon, ich weiß, dass du vorsichtig bist«, sagte Hudson. »Aber glaubst du, dein Großvater versteht das?«
    Â»Versteht was?«
    Â»Wie wichtig der äußere Schein ist.«
    Hudson stopfte den Hals mit Mullbinden voll, setzte das Gebiss wieder ein und steckte einen Mundformer darauf, dessen Plastiknoppen die Lippen geschlossen hielten. Dann verschloss er den Mund endgültig, indem er die Lippen mit Nadel und Faden zusammennähte, wobei er darauf achtete, dass sie nicht zu fest aufeinandersaßen, bevor er den Faden verknotete. Anschließend drehte er den Kopf leicht nach rechts, sodass der Verstorbene den Trauernden entgegenblicken würde, wenn sie ihn in der Kapelle mit einem letzten Blick bedachten.
    Â»Sieht er gut aus?«, fragte er.
    Â»Ja.«
    Â»Ich finde, er sieht zehn Jahre jünger aus«, sagte Hudson und lachte. Genau das sagten die Hinterbliebenen auch immer.
    Zuletzt steckte er in Hohlraumversiegelung getränkte Watte in den Anus und rieb Gesicht, Hals und Hände mit einer dünnen Fettschicht ein.
    Â»Okay«, sagte er. »Jetzt kann der Spaß losgehen.«
    Hudson verwendete Bleichmittel, um ein paar Blutergüsse verschwinden zu lassen, verteilte noch mehr Sekundenkleber, um kleine Wunden zu verschließen, und ersetzte fehlendes Gewebe mit Kitt und einer selbsthärtenden Masse. Er erinnerte sich an einen Fall, als er einen geköpften Leichnam präpariert hatte. Er hatte Schienen anbringen müssen, um zu verhindern, dass der Kopf zur Seite kippte, dann hatte er die Haut an der Trennstelle begradigt und den Kopf mit Zahnseide wieder angenäht. Zum Zeitpunkt der Besichtigung war die Naht mit einem hohen Kragen und einer Krawatte verdeckt gewesen.
    Obwohl Hudson eine Gasmaske trug, gab er sich alle Mühe, nicht den Geruch der Körperflüssigkeiten und des Formaldehyds einzuatmen. Der Präparationsraum war beklemmend eng und schalldicht, damit weder das Geräusch der Pumpe noch das Plätschern von Flüssigkeiten in die öffentlich zugänglichen Räume gelangen konnte.
    Â»Mir sind vorher diese Verbrennungen an deiner Hand aufgefallen«, sagte er.
    Â»Nicht der Rede wert.«
    Hudson blickte Vernon über seine Maske hinweg an. »Solange es kein Arbeitsunfall war. Das würde uns gar nicht gefallen.«
    Â»Ich weiß schon«, erwiderte Vernon. »Schlecht fürs Image.«
    Dann machte Hudson den ersten Schnitt. Er hatte sich in diesem Fall für arterielles Einbalsamieren entschieden. Diese Entscheidung war ihm leicht gefallen. Für das Einbalsamieren von Körperhöhlen war so wenig Geschick vonnöten, dass es ihm keine Befriedigung verschaffte. Die Bauchstanzer und die Halsaufschneider – es gab für jede Spezialität einen abwertenden Begriff.
    Das Skalpell fühlte sich kühl und vertraut in seiner behandschuhten Hand an, als er die Haut über der linken Halsschlagader aufschnitt und ein Stück des umgebenden Gewebes abhob. Er schob vorsichtig eine Kanüle in die Schlagader, dann befestigte er eine Drainage an der Femoralvene in der Leistengegend und ließ den Schlauch über den Tisch in den Abfluss hängen. In einen Leichnam dieser Größe musste er ungefähr vier Liter Formaldehydlösung pumpen, also galt es, vorher einiges abfließen zu lassen. Wenn die Flüssigkeit zirkulierte, verhärteten sich die Muskeln. In ungefähr zehn Stunden würden sie so hart sein, dass er die Stellung des Leichnams nicht mehr würde verändern können.
    Â»Vergiss nicht, Vernon«, sagte er, »dass es hier viele Dinge gibt, die gefährlich sein können, wenn man nicht aufpasst.«
    Â»Ja, Melvyn.«
    Hudson griff zur Hohlnadel und stach ihr spitzes Ende mit Schwung in die Bauchdecke. Er war stolz darauf, das zu beherrschen. Viele Balsamierer holten aus und stießen zu, als wollten sie einen Fisch aufspießen. Doch alles, was dazu nötig war, war genug Selbstvertrauen, um die Wand der Bauchhöhle mit einem festen Stoß zu durchdringen und die Hohlnadel an Ort und Stelle zu belassen, wenn sie begann, die Gase und Flüssigkeiten freizusetzen, die sich in den Körperhohlräumen aufgestaut hatten.
    Er injizierte durch die Hohlnadel etwa fünfhundert Gramm Konservierungsmittel in den Unterleib und noch einmal dieselbe Menge in den Brustkorb. Anschließend prüfte er, ob die Genitalien

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