Todesstatte
geprüft.«
»Haben wir die Liste von Christopher Lloyd bekommen?«
»Das haben wir. Sie sind alle sauber bis auf einen, der als Teenager mehrmals wegen Diebstahls bestraft wurde.«
»Vermutlich eher wegen Ladendiebstahls als wegen Leichendiebstahls.«
»Ja, das ist anzunehmen. AuÃerdem habe ich das hier gefunden â ein Stellenangebot für einen Krematoriumstechniker bei einer Stadtverwaltung. Dieser Job ist echt ziemlich mies bezahlt. Viele Leute würden für so ein Gehalt gar nicht aus dem Haus gehen, geschweige denn den ganzen Tag mit Leichen rumhantieren.«
Einäscherungsanstalt sucht für ihr Team von Verbrennungsofentechnikern einen motivierten und begeisterungsfähigen Mitarbeiter. Der erfolgreiche Bewerber hat die Aufgabe, Feuerbestattungen gemäà des Code of Cremation Practice durchzuführen, und in der Kapelle für den geregelten und würdevollen Ablauf der Trauergottesdienste Sorge zu tragen. Bewerber müssen bereit sein, an einem Ausbildungslehrgang für Krematoriumstechniker teilzunehmen.
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»Das ist allerdings ein Stellenangebot von einem städtischen Krematorium«, sagte Cooper. »Vielleicht verdient man im privaten Sektor besser.«
»Das bezweifle ich. Es sind keine Qualifikationen nötig, weiÃt du. Solche Jobs gibtâs heutzutage nicht mehr viele. Jobs, die man gleich nach der Schule ohne Abschluss machen kann.«
»Was hat es dann mit diesem âºAusbildungslehrgang für Krematoriumstechnikerâ¹ auf sich?«
»Innerbetriebliche Ausbildung. Man lernt von seinen Arbeitskollegen. Vielleicht bekommt man sogar irgendein offizielles Zertifikat.«
Cooper versuchte sich vorzustellen, welcher Teenager gerne mit fünfzehn Jahren die Schule verlassen würde, um Krematoriumstechniker zu werden. Es gab bestimmt welche, aber er hatte noch nie einen kennengelernt. Das Verbrennen von Leichen gehörte nicht zu den Beschäftigungen, die ihm von den Berufsberatern am High Peak College empfohlen worden waren.
Er studierte die Anzeige abermals. »Sieht so aus, als wären die Verbrennungsofentechniker auch als Kapellen-Aufseher tätig. Das war mir nie bewusst. Ich dachte immer, die Männer in schwarzen Mänteln wären Angestellte der Bestattungsunternehmen.«
Murfin schnupperte an seinem Kaffee und stellte ihn auf seinem Schreibtisch ab, wo er sich zu zwei anderen Bechern gesellte, die halb voll mit kalter, schaumiger Flüssigkeit waren.
»Ich auch.«
»Das ist ganz schön hart, oder? Ich meine, an das Verbrennen kann man sich ja vielleicht gewöhnen. Die Leichname machen einem nach einer Weile vermutlich nichts mehr aus. Aber bevor man die Einäscherung vornimmt, muss man sich unter die Hinterbliebenen mischen...«
»Worauf willst du hinaus, Ben?«
»Ich finde, dass das den Job völlig verändert. Ihn viel menschlicher macht. Das Schwierigste daran ist die zwischenmenschliche Komponente.«
»Ich weiÃ, was du meinst«, sagte Murfin. »Ich bekomme auch lieber eine Leiche am Tatort zu sehen, als der Familie des Opfers die Nachricht überbringen zu müssen.«
»Ganz genau. Menschen empfinden es als schwierig, mit den Gefühlen anderer umzugehen. Man weià nie, wie sie reagieren, ob sie nicht bei einem falschen Wort in Tränen ausbrechen. So betrachtet erscheint ein Job im Krematorium in einem völlig anderen Licht.«
Langsam formte sich in Coopers Gedanken ein Bild jenes undefinierbaren Schulabgängers. Er sah einen groÃgewachsenen Jugendlichen mit schlechter Haut, der sich in seinem schwarzen, zwei Nummern zu groÃen Anzug sichtlich unwohl fühlte. Einen Jungen, der nicht dumm war, dem es jedoch an Selbstbewusstsein und sozialer Kompetenz mangelte und der sich vor anderen Menschen und deren unvorhersehbaren Gefühlsausbrüchen fürchtete. In Gegenwart von Fremden war er äuÃerst verlegen, wandte das Gesicht ab und vermied jeden Blickkontakt. Doch er streifte seine Unbeholfenheit ab wie einen Mantel, sobald er eine Aufgabe gefunden hatte, die ihn interessierte, etwas, worin er gut war.
»Also dieses Krematorium â¦Â«, sagte Murfin, nahm die Tüte Gummibärchen aus der Schublade und warf einen Blick hinein, um zu sehen, was noch übrig war.
»Ja, Gavin?«
»Gibtâs dort so was wie eine Luxus-Kremation?«, fragte er. »Die man als crème de la crème bezeichnen
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