Todesstoß / Thriller
Gott. Entschuldigung, Eve.«
»Schon gut. So habe ich damals eben ausgesehen. Man kann die Narbe immer noch erkennen, wenn man genau hinsieht.«
»Ich weiß.« Olivia wirkte plötzlich verlegen. »Nach deiner letzten OP konnte ich nicht anders.«
»Ja, das weiß ich«, sagte Eve. »Alle glauben, ich würde es nicht merken. Na ja, jedenfalls dachte ich, du könntest Foto und Karte auf Fingerabdrücke untersuchen lassen. Vielleicht findet sich ja etwas Brauchbares.«
Olivias Lippen zuckten. »Du siehst zu viele Fernsehserien.«
Eve erwiderte das Lächeln. »Machst du es trotzdem?«
»Klar. Ich bringe die Sache ins Labor und sorge auch dafür, dass Officer Michaels es erfährt. Und wenn der Kerl dich noch einmal belästigt, dann ruf mich an.«
Eve lächelte wieder, diesmal resigniert. »Bestimmt. Nachdem ich Noah und eine weitere Liste abtelefoniert habe.«
Olivias Brauen hoben sich. »Ah, jetzt ist es schon ›Noah‹? Was läuft da zwischen euch?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Eve aufrichtig.
»Hm, na gut.« Olivia zögerte. »Wenn ich mit Mia telefoniere, fragt sie jedes Mal nach dir.«
»Es würde mich überraschen, wenn sie es nicht täte. Sie war doch diejenige, die mich damals von der Straße geholt hat.«
»Oh, das wusste ich gar nicht. Sie hat mir noch nie erzählt, wie ihr euch kennengelernt habt.«
»Ich war ausgerissen, hatte kein Zuhause mehr. Mia ging damals noch auf Streife. Ich war mit ein paar anderen Kids unterwegs – sozusagen auf Raubzug. Jemand brüllte plötzlich, ›Die Bullen!‹ Leider erwischte ich die falsche Gasse, und einen Moment später saß ich bei Mia hinten im Streifenwagen.«
Olivia grinste. »Sie hat dich verhaftet?«
»Nein. Aber die Hölle heiß gemacht. Und dann meinte sie, sie würde mich jetzt zu jemandem bringen, der mir den Kopf zurechtrückt. Das waren Dana und Caroline.«
»Ich würde sagen, sie haben ihren Job ziemlich gut erledigt.«
»Sag ihnen das. Und was erzählst du Mia, wenn sie nach mir fragt?«
»Dass ich dich im Sal’s sehe und du gesund und munter bist. Außerdem will sie wissen, ob du glücklich bist, aber dann muss ich ihr jedes Mal antworten, dass ich es nicht weiß. Dass du uns zwar immer hinter der Theke beobachtest, aber niemals mitfeierst. Was soll ich ihr denn beim nächsten Mal antworten? Wenn sie fragt, ob du glücklich bist?«
»Dass ich nicht unglücklich bin. Ich muss jetzt zur Uni.« Eve war schon einen Schritt in Richtung Tür gegangen, als ein Zettel auf Olivias Tisch sie innehalten ließ. Es war eine Liste von Bars in den Twin Cities. »Habt ihr vor, in einem anderen Lokal abzuhängen? Da wäre Sal aber geknickt.«
»Wir glauben, dass der Mörder sein letztes Opfer in einer Bar getroffen hat.«
Eve dachte an die Abfolge der Ereignisse. »Es muss auf jeden Fall eine von der Sorte gewesen sein, in der man noch spät etwas zu trinken kriegt. Wir schließen ziemlich früh. Wenn ich die letzte Runde ausrufe, dann weiß ich immer ganz genau, welche Gäste noch einen Drink bestellen … als würden sie nie wieder Alkohol bekommen. Andere leeren ihr Glas, zahlen und ziehen in eine andere Bar, die länger aufhat.« Sie deutete auf verschiedene Namen. »Da stehen einige auf der Liste, von denen ich schon gehört habe.«
»Oh, danke«, sagte Olivia und überflog die Liste. »Das wird uns einiges an Zeit ersparen.«
»Also … jetzt muss ich wirklich los. Ich habe ein Seminar um eins. Sag Noah nicht, dass ich hier war. Ich soll mich überallhin begleiten lassen, aber das ist mir viel zu aufwendig.«
»Web macht sich wegen dieses Kerls Sorgen, und das zu Recht. Olivia schwang die Füße vom Schreibtisch. »Ich habe noch nichts zu Mittag gegessen. Ich fahre hinter dir her.«
Mittwoch, 24. Februar, 13.05 Uhr
»Danke, dass Sie sich Zeit für uns nehmen«, sagte Noah.
Geraldine Millhouse nickte streng. »Ich helfe der Polizei, wo ich kann«, sagte sie.
Ausnahmsweise hatte Jack beim Münzenwerfen verloren, und er räusperte sich, um anzufangen. »Ma’am. Wir müssen noch einmal über den Tod Ihrer Tochter sprechen.«
»Meine Tochter hat Selbstmord begangen. Was gibt es da zu besprechen?«
»Es haben sich noch einige Fragen ergeben«, sagte Jack. »Im Polizeibericht steht, dass sie sich erhängt hat. Aber als die Polizei eintraf, lag sie auf dem Bett. Haben Sie sie losgemacht?«
Einen Augenblick lang glaubten sie, sie würde nein sagen, doch dann nickte sie steif.
»Ja.« Sie holte bebend Atem. »Ich konnte es nicht
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