Todesstoß / Thriller
die Tochter nicht wie üblich vom Kindergarten abgeholt, und weder angerufen noch eine E-Mail oder SMS geschickt, was absolut untypisch für ihn sei, wie seine Frau sagt.«
»Sie hat uns erlaubt, uns umzusehen, aber wir haben nichts Verdächtiges gefunden.«
»Und Donner?«
»Ich würde, wenn überhaupt, eher auf Lyons als auf Donner tippen«, sagte Jack. »Donner ist nicht gerade in der körperlichen Verfassung, die man braucht, um diese Morde zu begehen.«
»Und Lyons ist verschwunden«, dachte Abbott laut nach. »Sehen Sie sich Lyons Finanzen an. Vielleicht hat er in letzter Zeit einen größeren Betrag eingenommen.«
»Sie glauben, er könnte die Liste verkauft haben?«, fragte Jack, aber dann hob er die Schultern. »Möglich ist es natürlich.«
»Kontenbewegungen haben uns schon oft genug weitergebracht. Einsicht in Girards Finanzen habe ich schon gestern angefordert. Sehen wir nach Verbindungen zu Lyons oder irgendetwas anderes, das uns erklärt, warum Girard als Bauernopfer ausgewählt worden ist.
Es klopfte an Abbotts Tür, und Faye steckte den Kopf hinein. »Ich habe den Polizeibericht für den Fall Millhouse für dich, Noah.«
»Danke, Faye.« Noah ging die Seiten durch. »Den hatte ich am ersten Abend gelesen, Jack, nachdem wir Martha gefunden haben. Wir haben so viele durchgesehen, dass ich mich an den Namen nicht mehr erinnern konnte. Aber der Text ihres Abschiedsbriefs ist mir in Erinnerung geblieben: Es tut mir leid. Möge Gott mir verzeihen, dass ich meiner Familie und meiner Kirche so viel Leid bereite.«
»Aber es wird weder ein offenes Fenster noch ein rotes Kleid erwähnt.«
»Weil wohl auch nichts zu finden war. Als der Officer zur Adresse kam, hatte man Amy schon abgenommen und aufs Bett gelegt. Hier, das Bild. Sittsame Kleidung, kein Make-up.«
»Und die Augen?«
»Dazu steht hier nichts«, sagte Noah.
»Wer hat sie gefunden?«, wollte Jack wissen.
»Ihre Mutter.«
»Dann sollten wir mit der Mutter reden«, sagte Abbott. »Fahren Sie hin. Anschließend noch einmal zu den Girards. Ich will endlich wissen, warum sich der Kerl ausgerechnet Axel ausgesucht hat.«
»Wir treffen uns bei Amys Mutter«, sagte Jack. »Wenn wir dort fertig sind, besorge ich mir ein neues Telefon.«
»Ich dachte, das hättest du schon heute Morgen gemacht, bevor wir mit Donner gesprochen haben.«
Jack zuckte mit den Schultern. »Ich war im Laden, aber die Schlange war einfach zu lang. Bis später.«
Noah sah ihm nach. Er war sich nicht sicher, ob Jack und er je wieder eine echte Partnerschaft haben würden. Er warf einen Blick über die Schulter. Abbott beobachtete ihn.
»Klären Sie das, Web«, war alles, was er sagte.
Mittwoch, 24. Februar, 12.20 Uhr
Eve traf Olivia Sutherland an ihrem Platz an, die Füße entspannt auf dem Tisch, und in diesem Moment sah sie ihrer Schwester Mia derart ähnlich, dass sich Eve erst in Erinnerung rufen musste, wen sie vor sich hatte. Ihr Filzhut saß auf der Büste einer griechischen Göttin auf Olivias Schreibtisch, der fast penibel aufgeräumt war.
»Hey«, sagte Eve.
Olivia blickte auf und lächelte, als sie sie erkannte. »Evie. Tut mir leid – Eve.«
»Schon gut. Ein alter Freund ist in der Stadt, und der nennt mich ohnehin die ganze Zeit so, ich gewöhne mich also wieder daran. Du erinnerst dich noch an David Hunter, oder?«
»Na ja, den vergisst wohl keiner so schnell«, antwortete Olivia trocken. »Wir haben uns bei Mias Hochzeit kennengelernt.«
»Ihr beide seid als Trauzeugen zusammen den Mittelgang entlanggegangen, stimmt’s?«, erinnerte Eve sich.
Olivia grinste. »Ich fühlte mich geradezu erdolcht von all den neidischen Blicken der Frauen. Und wieso ist David hier?«
»Er repariert mein Dach. Es leckt.«
»Grüß ihn bitte von mir.« Olivia lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Und was führt dich her?«
»Eigentlich wollte ich zu Officer Michaels, aber er war nicht da, und ich muss in einer Stunde an der Uni sein, kann also nicht warten.« Sie erzählte, was am Abend zuvor geschehen war.
»Der Kerl hat dich angegriffen?« Olivias Gesicht verdunkelte sich.
»Ja. Wie auch immer. Er hat meiner Freundin seine Karte gegeben.« Sie holte den Umschlag aus der Tasche. »Seine Fingerabdrücke müssten noch zu finden sein. Und was das Foto angeht … er sagte gestern morgen, er würde es heute drucken, wenn ich ihm nicht mehr über die toten Frauen erzähle.«
Olivia faltete das Blatt auseinander und verzog unwillkürlich das Gesicht. »O
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