Todesstoß / Thriller
Ja, das war defintiv ein Sprung gewesen, heftig, aufregend, befriedigend.
Sie streckte sich genüsslich und wurde sich des süßen Schmerzes bewusst. Beim zweiten Mal war es gewesen, als habe er beim ersten Mal alle Sanftheit, alle Langsamkeit aufgebraucht und nichts sei mehr davon übrig. Irgendwann hatte er die Beherrschung verloren, sie hart und leidenschaftlich genommen und sie rücksichtslos auf eine Achterbahn der intensiven Empfindungen mitgezerrt.
Als sie gekommen war, hatte sie sich so lebendig gefühlt, so unbesiegbar! Und als er gekommen war, hatte sie ihn beobachtet und sich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder attraktiv gefühlt. Erfüllt.
Und nun, hier in der Stille, fragte sie sich unwillkürlich, ob sie es mit jemand anderem auch bis hierhin geschafft hätte. Callie hatte die Theorie aufgestellt, dass sie ihm instinktiv vertraute, weil er »der Eine« war. Vielleicht war es so, vielleicht auch nicht. Fest stand, dass er definitiv der Richtige für den Augenblick war, und sie empfand plötzlich eine Dankbarkeit, die er mit aller Wahrscheinlichkeit nicht akzeptieren würde.
Erst jetzt sah sie ein kleines Foto auf dem Nachttisch, und sie streckte vorsichtig den Arm danach aus, ohne ihn zu wecken. Sie hatten dass Licht ausgeschaltet, daher hielt sie das Foto ins Mondlicht, das durch die Vorhänge drang. Auf dem Foto waren eine Frau und ein kleines Kind zu sehen, und sie spürte die weiche Glätte des Holzrahmens, den man oft mit dem Daumen liebkost hatte. Unwillkürlich stellte sie sich vor, wie er hier auf dem Bett saß und die Familie betrachtete, die er verloren hatte. Ihr wurde die Kehle eng, und die Hoffnung, die sie empfand, fiel ein wenig in sich zusammen.
Eine solche Familie würde er nicht wieder haben.
Mit mir jedenfalls nicht.
»Das ist Susan«, sagte er leise hinter ihr, und sie fuhr heftig zusammen. »Und Noah«, fügte er hinzu. »Mein Sohn.«
Sie zog die Decke hoch, um sich zu bedecken. Er nahm die Bewegung wahr, und seine Augen wurden ausdruckslos. Inzwischen wusste sie, dass er so seine Gefühle verbarg.
»Ich wollte dich nicht wecken«, sagte sie, als er sich aufsetzte und ein Kissen in den Rücken stopfte.
»Ich habe nicht geschlafen. Ich habe einfach nur genossen, dich im Arm zu halten. Ich habe lange darauf gewartet.«
»Wohl war.« Sie hielt ihm das Bild hin, und er nahm es, doch seine Augen waren noch immer ausdruckslos.
»Susan arbeitete in der Abteilung Ballistik«, sagte er. »Ich war gerade mit der Polizeiakademie fertig geworden und besaß keinen Cent. Trotzdem fand sie mich irgendwie interessant.«
Eve spürte den Kloß in ihrer Kehle. Sie hatte keine Probleme, sich vorzustellen, wieso sich eine Frau in Noah Webster verlieben könnte.
Mir ist es auf den ersten Blick passiert.
»Sie war wunderschön. Und Noah Jr. auch.«
Er lächelte sehnsüchtig. »Noah der Fünfte. Armer Junge.«
Sein Lächeln lockerte ein wenig das enge Band, das sich um ihre Brust gelegt hatte. »Also ging es deiner Mutter nicht um den akademischen oder religiösen Hintergrund.«
»Meine Mutter könnte ohne Wörterbuch ›religiös‹ nicht einmal buchstabieren«, sagte er, und in seiner Stimme lag echte Zuneigung. »Sie ist eine kluge Frau, aber gebildet ist sie nicht. Dass die Männer meiner Familie Noah heißen, hat keinen tieferen Sinn, außer dass irgendein Vorfahre den Namen vielleicht schön gefunden hat.«
»Das ist er auch«, sagte sie. »Und er passt zu dir.«
»Jedenfalls heiße ich so, ob ich nun will oder nicht. Und aus Tradition musste auch ich meinen Sohn Noah nennen.« Er betrachtete das Bild mit einem Seufzen. »Ich war überzeugt, dass mein Leben vorbei war, als ich die beiden verlor.«
Sie spürte, dass er reden wollte. »Du hast gesagt, es war ein Unfall gewesen.«
»Ja. Ein paar dumme Jugendliche, die von einem Football-Spiel kamen. Sie waren aufgedreht, hatten Spaß, das Radio lief viel zu laut, und sie überfuhren eine rote Ampel. Ich riss das Steuer herum, um ihnen auszuweichen, der Wagen brach auf der vereisten Straße aus und rollte einen Hang hinunter.«
Er erzählte die Geschichte so emotionslos, als läse er einen Polizeibericht. »Und die dummen Jugendlichen?«, fragte sie.
»Sie begingen Fahrerflucht, aber ein Freund bei der Polizei bekam sie später zu fassen.«
Ihr war kalt unter der Decke, und so zog sie die Knie an die Brust. »Und dann?«
»Der Wagen landete auf dem Dach, und ich verlor das Bewusstsein. Als ich wieder zu mir kam, flehte Susan
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