Todesstoß / Thriller
dass man dich mitgenommen hat. Sie hat sich ziemlich große Sorgen gemacht.«
»Das war nicht meine Absicht, und es tut mir leid. Hör mal, Matt, ich weiß wirklich zu schätzen, dass du sofort gekommen bist, aber ich glaube nicht, dass ich einen Anwalt brauche. Ich werde mir vermutlich bald eine neue Karriere aufbauen müssen, aber einen Anwalt brauche ich nicht.«
»Ja, Callie hat mir schon gesagt, du wärest der Meinung, keinen Rechtsbeistand zu brauchen. Durftest du dein Handy behalten?«
Eve seufzte. »Nein.«
Er nickte, als sei das Beweis genug. »Erzähl mir, was passiert ist. Lass mich entscheiden, ob du mich brauchst oder nicht.«
Eve überlegte. »Du bist mein Anwalt, stimmt’s? Das heißt, alles, was wir miteinander besprechen, ist vertraulich?«
Er zog die Brauen hoch. »Bis auf ein paar Ausnahmen.«
»Ich habe niemanden umgebracht. Aber wenn du mir für meine Aussage eine gewisse Anonymität garantieren könntest, wäre mir das eine große Hilfe. Also, vor zwei Jahren habe ich mit dem Diplomstudium begonnen …«
Montag, 22. Februar, 19.00 Uhr
Abbott, Jack und Noah standen am Spiegel und beobachteten Eve und Matthew Nillson, die sich unterhielten. Die Lautsprecher waren ordnungsgemäß ausgeschaltet. »Ich will wissen, was sie weiß«, knurrte Abbott. »Verdammte Anwälte.«
»Sie sorgt sich wahrscheinlich, ob sie sich mit dem Telefonsex strafbar macht«, sagte Jack. »Wir hätten sie schon im Auto verhören sollen.«
»Und warum haben Sie nicht?«, fragte Abbott verärgert.
»Ich wollte ja«, sagte Jack. »Aber unser weißer Ritter hier hat mir den Mund verboten.«
Noah warf ihm einen wütenden Blick zu, bevor er sich wieder dem Spiegel zuwandte. »Ich wollte erst wissen, womit ich es zu tun habe.« Nun wusste er es, und es war schlimmer, als er befürchtet hatte.
Abbott stieß die Luft aus. »Aber jetzt hat sie einen Anwalt!«
»Ich denke nicht, dass sie eine der Frauen umgebracht hat, Bruce«, sagte Noah. »Sie etwa?«
»Das will ich nicht glauben. Aber bis sie uns nicht gesagt hat, was sie weiß, ist sie verdächtig, kapiert?«
Noah wollte etwas erwidern, überlegte es sich aber. »Kapiert.«
»Schön. Womit
haben
wir es also zu tun?«, fragte Abbott.
Noah konnte den Blick nicht von ihrem Gesicht abwenden. Am liebsten hätte er sich nicht so genau an all das erinnert, was er eben über Evelyn Jayne Wilson gelesen hatte. Aber er würde es ohnehin nie wieder vergessen. »Vor fast sechs Jahren wurde sie von einem perversen Schwein so zugerichtet, dass sie fast gestorben wäre. Tatsächlich wäre sie das auf dem Weg ins Krankenhaus beinahe zweimal, aber man konnte sie zurückholen.« Bittere Galle brannte in seiner Speiseröhre, bei dem Gedanken, was sie hatte durchmachen müssen. Der Kerl hatte sie zusammengeschlagen, auf sie eingestochen, sie gewürgt. »Sie erholte sich, zumindest in gewisser Hinsicht. Und zwei Jahre später wurde sie entführt.«
Abbott riss die Augen auf. »Ach, du Schande. Derselbe Täter?«
»Nein. Ein anderer. Sie arbeitete in einem Frauenhaus in Chicago. Ziemlich gefährlich. Erinnern Sie sich noch an diesen Fall in Chicago vor ein paar Jahren? Die Frau, die den tauben Jungen entführt und bei ihrer Flucht ungefähr ein Dutzend Menschen umgebracht hat?«
»Ja«, sagte Abbott nachdenklich. »Wollen Sie damit sagen, dass sie …«
»Sie war in diesen Fall verwickelt. Auch sie wurde von dieser Frau entführt. Die Kollegen in Chicago sagen, dass die Rettung des tauben Jungen nur ihr zu verdanken ist. Bruce, sie hat diese Frauen nicht aufgehängt.«
Abbott seufzte schwer. »Aber sie weiß, wer es war.«
»Sie weiß
etwas.
Aber wenn sie wüsste, wer es war, dann hätte sie es uns schon gesagt, davon bin ich überzeugt.«
»Sorgen Sie dafür, dass Sie uns etwas zu Siren Song sagt. Ich will wenigstens diese Cassandra Lee finden. Ich habe Sutherland und Kane schon auf sie angesetzt.«
»Und Sutherland und Kane haben sie auch gefunden.« Olivia Sutherland betrat das Beobachtungszimmer durch den Flur. »Nur leider auch wieder verloren. Faye hat mir gesagt, dass Sie hier sind. Cassandra Lee wohnt etwas weiter draußen. Bis Kane und ich da waren, war sie bereits verschwunden. Der Concierge in ihrem Haus meint, sie habe sich ein Taxi genommen. Aber er hat nicht mitbekommen, wohin die Fahrt gegangen ist.«
»Und war das glaubhaft?«, fragte Noah.
Olivia hob die Schultern. Sie war Anfang dreißig, blond, grazil und eine verdammt gute Polizistin. Micki hatte
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