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Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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Vater, Tom Bennett, ebenfalls Detective beim NYPD, war manchmal am Samstagnachmittag mit mir hierhergekommen, wenn meine Mutter nach Brooklyn gefahren war, um ihre Schwestern zu besuchen. Er hatte mich mit Cola und Kleingeld für den Flipper ruhiggestellt, während er mit seinen irischen Kollegen Bier getrunken hatte. Manchmal hatten sie ihn Tony Bennett genannt, nach dem Jazzsänger, weil er plötzlich losgeplärrt hatte, wenn er ein paar zu viel intus gehabt hatte.
    Meine Eltern waren eine Woche nach meinem College-Abschluss auf dem Weg zu ihrem Haus in Florida bei einem Autounfall gestorben. Sie waren gemeinsam draußen auf dem Calvary-Friedhof in Queens beerdigt worden, doch ich kam immer hierher, wenn ich sie besuchen wollte.
    Irgendetwas, vielleicht der Krach mit den Flahertys, hatte mich melancholisch gestimmt, was meine irische Kindheit betraf. Mein gegenwärtiges Leid im Beruf munterte mich nicht gerade auf. Mit den Leuten von der Presse wäre ich fertig geworden. Sie erledigten auch nur ihre Arbeit. Aber eine Ohrfeige vom Polizeipräsidenten war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
    Hups. Oder hatte ich nur eine Midlife-Crisis? Eine Nacht allein in einer großen Stadt, und schon litt ich unter Papaleszenz. Ja gut, ich ließ es zu, betrat die Bar und bestellte zwei Jameson und zwei Guinness.
    »Lass mich raten: Das ist der St.-Patrick’s-Tag im Juli«, sagte Emily.
    Ich zwinkerte ihr zu, ließ das Schnapsglas mit Whiskey in mein Bierglas fallen und legte den Kopf nach hinten, bis nur noch der Schaum auf meinen Lippen blieb.
    »Ich versuche nur, wach zu werden.« Ich wischte mit dem Handrücken über meinen durstigen Mund. »Worauf wartest du?«
    Sie verdrehte die Augen, bevor sie die Wasserbombe sinken ließ und das Glas mit beeindruckender Geschwindigkeit leerte.
    »Hey, du hast da was auf den Lippen«, sagte ich. Und küsste sie einfach.
    Ich weiß nicht, wer von uns beiden über meine Dreistigkeit mehr schockiert war. Doch sie setzte noch eins drauf und erwiderte den Kuss, bis ich schließlich von ihr abließ.
    »Also schön.« Sie sah mich seltsam an. »Geht’s dir jetzt besser?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Die Frage war gut. Leider hatte ich keine gute Antwort parat. Auch ich hatte einen schlechten Sommer erwischt, nicht nur die Stadt. »Vielleicht sollte ich Feierabend machen«, sagte ich, ließ zwei Zwanziger auf die Theke fallen und ging Richtung Tür.
    Emily folgte mir nach draußen. Schweigend fuhren wir zu meiner Wohnung zurück. Als ich die Beifahrertür öffnete, war es Emily, die sich zu mir herüberbeugte und zu küssen begann. Einen heißen, spannungsgeladenen Moment lang dachte ich, jetzt würden Kleider zerrissen werden, bis sie ihre Zunge wieder aus meinem Mund nahm und mich zur Tür schob.
    Ich wischte Lippenstift von meinem Gesicht, den Blick zur Haustür gerichtet, wo Bert, der Portier, begeistert zusah. Natürlich stand der Mistkerl ausgerechnet jetzt dort.
    »Heiß und kalt, kalt und heiß«, sagte sie. »Die Sache fühlt sich für mich im Moment nicht gut an, Mike. Ich weiß nicht, was es ist, aber wir werden uns selbst und einander nicht gerecht. Du solltest vielleicht aussteigen, bevor ich etwas tue, was wir beide bedauern werden.«
    Ich nickte. Ich wusste, was sie meinte. Wir waren Freunde und intuitive Kollegen. Würden wir weitermachen, stünde genau das auf dem Spiel. Oder etwas anderes.
    Ich war mir nicht sicher, was ich antworten sollte, deswegen sagte ich nur »okay« und öffnete die Tür.
    In dem Moment, als auf der Straße Emilys Bremslichter erloschen, kam mir die Erleuchtung.
    Einander gerecht werden … Gerechtigkeit. Endlich funktionierten die Synapsen in meinem Hirn, und die Verbindung, nach der wir suchten, zeichnete sich in meinen Gedanken ab wie eine zufällige Sternenkonstellation.
    »Emily, warte!«, rief ich, als sie losfuhr.
    Sie hörte mich nicht. Ich rannte ihr hinterher. Hätte sie nicht an der roten Ampel stehen bleiben müssen, wäre sie mir entwischt.
    »Bist du wahnsinnig?«, fragte sie, als ich die Tür aufriss.
    »Ich hab’s. Du hattest recht. Es ist die Familiendynamik«, erklärte ich, als die Ampel auf Grün schaltete.
    »Was?« Ein Taxi hupte hinter uns. Sie fuhr an den Straßenrand. »Was?«, wiederholte sie.
    »Es sind die Mütter.« Ich beugte mich über sie und griff zu den Blättern, die wir durchgearbeitet hatten. Zwei davon zog ich heraus und fuhr mit dem Finger von oben nach unten.
    »Hier, schau. Die Mütter. Miss

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