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Todesstunde

Todesstunde

Titel: Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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rechts abbogen. Und wieder benutzten wir mehr den Bürgersteig als die Straße. Die überforderte Klimaanlage spuckte Wasser, als wir Midtown erreichten. An der 42nd Street kam der Verkehr zum Stehen, so dass wir in der brütenden Hitze nur im Schneckentempo vorankamen. Ich dachte, es läge an einem Unfall oder der Präsident wäre in der Stadt. Falsch. Eine Verkehrspolizistin blockierte ohne erkennbaren Grund zwei Spuren.
    »Wollen Sie uns verarschen? Machen Sie, dass Sie da wegkommen!«, schrie Emily, die fast aus dem Beifahrerfenster kletterte, um sich beim Vorbeifahren ein Stück von der sehnigen weißen Verkehrsdame abzureißen.
    »Und auch dir einen ordinären guten Morgen, Agent Parker«, ärgerte ich sie und drückte das Gaspedal durch in der Hoffnung, dass die Polizistin unser Nummernschild nicht erkannt hatte. »Willst du anhalten und einen Eiskaffee trinken? Ich kann auch an die Seite fahren und einen Hydranten knacken, damit du dich abkühlen kannst.«
    »Ich weiß nicht, wie du das machst, Mike.« Emily fühlte ihren Puls. »Diese Stadt. Diese Hitze. Kein Wunder, dass hier alle durchgeknallt sind.«
    Ich zeigte mit dem Finger auf sie. »Anwesende eingeschlossen.«
    Wir fuhren weiter zur Madison Avenue, wo wir etwas schneller vorankamen. Schicke Boutiquen mit noch schickeren ausländischen Namen segelten an uns vorbei. Emanuel Ungaro, Sonia Rykiel, Bang & Olufsen, Christian Louboutin. Waren es Kofferläden? Juwelierläden? Anwaltskanzleien? Wenn man sich das fragen musste, konnte man sich solche Läden auch nicht leisten. Ich musste fragen.
    Das Carlyle lag zwischen der East 75th und 76th Street auf der westlichen Seite der Madison Avenue. Es lag auch gleich um die Ecke von Bergers Wohnung in der Fifth Avenue. Wurde Apt schlampig? Hatte er Heimweh? Oder verspottete er uns? Wenn ja, funktionierte es. Ich jedenfalls fühlte mich verspottet.
    Wir mussten um den Block fahren, um auf der 76th Street in der Nähe der Fifth Avenue in zweiter Reihe zu parken. Ein Teil des Hotels wurde gerade renoviert. Der Bürgersteig war mit einer Schutzvorrichtung überdacht, da an die Fassade im Rahmen der Bauarbeiten eine Materialrutsche montiert worden war. Vor dem Baustelleneingang labten sich etwa zwanzig Bauarbeiter, die Hälfte oben ohne, an Kaffee, Zigaretten und dem Anblick vorbeischlendernder Frauen. Als Emily und ich vorbeigingen, wurde sie sogleich ins Visier genommen.
    Das Carlyle betrat man durch eine jener Eingangshallen, in denen man sofort prüft, ob die Schuhe glänzen oder sich Flecken auf der Krawatte befinden. Von irgendwo spielte ein Klavier, Kronleuchter in der Größe von Minivans glitzerten zwischen Wänden aus echtem weißem Marmor. Der schwarze Steinfußboden glänzte so stark, dass ich nach einem »Vorsicht, Rutschgefahr«-Schild Ausschau hielt.
    Ein fast ebenso glänzender kleiner, schwarzer Mann in maßgeschneidertem blauem Anzug fing uns an der Rezeption ab. Vielleicht hatte er sich die Schweißdrüsen entfernen lassen, weil er scheinbar unfähig war zu schwitzen.
    »Ich bin Adrian Tottinger«, stellte sich der Manager vor. »Die, äh, unglückliche Person ist unten an der Baustelle.«
    Auf der Hintertreppe war es brütend heiß. Unten klappte ein Uniformierter sein Telefon zu und führte uns durch einen stickigen Flur, vorbei an der Hotelküche und der dröhnenden Wäscherei.
    Hinter einer Plastikabtrennung und einer weiteren Tür roch der Baustellenbereich schwach nach einem offenen Abwasserkanal. Der Lärm von Nagelpistolen und lauten Stimmen drang von oben zu uns herab, als wir zu einer Ecke gingen, an der drei Uniformierte warteten.
    Die »unglückliche Person« lag in einer großen Wanne, die zum Mischen von Beton verwendet wurde. Nur der Kopf und die Enden ihrer Gliedmaßen ragten noch heraus, als hätte sie die Betonwanne mit einem Brausebad verwechselt und wäre eingeschlafen.
    Mit ihrer blassen Haut und dem weißblonden Haar sah sie aus wie Marilyn Monroe oder Madonna. Obwohl ihr Gesicht mit schwarzen und blauen Flecken übersät und ihr Hals rot und geschwollen war, sah man ihr an, dass sie hübsch gewesen sein musste. Jetzt war sie nackt und tot und wie Müll zwischen Schrauben und mit Spachtelmasse verdreckten Kübeln entsorgt worden.
    »Lass mich raten: Das passt irgendwie zu Joel Rifkin«, sagte ich.
    Emily kniete bereits, griff in ihre Tasche und blätterte in dem Papierstapel, aus dem sie ein Blatt herauszog. »Rifkins zweites Opfer wurde geschlagen und erwürgt.«
    »Gewonnen!«

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