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Todestanz

Todestanz

Titel: Todestanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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auf den kabbeligen Ozean. Die Folge Pearl war gestern wiederholt worden, zur Hauptsendezeit am Abend vor dem südafrikanischen Frauentag.
    Giles Reid, der Produzent der Serie, hatte die Pearl -Folge geliebt und war begeistert über die Zweitausstrahlung, vor allem wegen der zusätzlichen Publicity, die sie der heutigen Galaveranstaltung mit der Ballettaufführung von Persephone verliehen hatte. Vor Aufregung hatte er Clare gleich zwei Nachrichten auf den Anrufbeantworter gesprochen – und dann noch einmal eine, um sich nach ihrer Ansprache bei der Galaveranstaltung zu erkundigen und sie daran zu erinnern, dass die Rede live übertragen würde. Sie hatte nicht geantwortet,
weil sie immer noch keine Ahnung hatte, was sie sagen würde, auch wenn sie genau wusste, was er von ihr hören wollte.
    Clare schaltete ihre Kamera ein. Unter leisem Summen rechnete das Gerät die Aufnahmen vom Nachmittag in Bits um und zeigte dabei flackernde Bilder auf dem Bildschirm. Sie sah das Band kurz durch, bis Mrs Adams’ Gesicht die Leinwand füllte und sie um ihre Tochter flehte. Clare hatte danach zu dem Kinderbild über dem Fernseher zurückgeschwenkt: der Kern, um den herum sie die nächste Folge aufbauen würde.
    Nachdem das örtliche Polizeirevier angerufen worden war, hatte die Suche nach dem Kind begonnen. Den letzten Teil des Interviews hatte sie draußen aufgezeichnet: mit dem Führer der Nachbarschaftswache und ein paar uniformierten Polizisten vor einem vermüllten Kanalauslauf mit aufgestemmtem Metallrost, in dessen dunklem Tunnel ein nicht zu erkennender Haufen unter einem Sack lag. Der Abspann würde über das gerahmte und unter Glas verwahrte Porträt eines grünäugigen Kindes laufen – bevor der Bildschirm schwarz wurde. »Was bedeutet ein kleines Mädchen mehr oder weniger in einem Krieg?« Die angstvolle Frage der Mutter, in der Dunkelheit treibend.
    Das Telefon begann zu läuten. Clare tastete danach und stöberte es unter der Cape Times auf .
    Â»Hallo.«
    Â»Dr. Hart?« Bei der Stimme krampfte sich ihr Magen zusammen.
    Â»Ja.«
    Â»Ich habe noch eine für Sie.«
    Â»Wer hat sie gefunden?«
    Â»Kinder. Beim Spielen. Sie ist Muslimin, darum habe ich sie mir sofort vorgenommen. Bringen Sie Socken mit.«

    Die Küchenuhr schlug sechsmal.
    Clare schlüpfte in ihren Mantel und zog den Gürtel über dem leeren Bauch straff. Sie schaltete die Alarmanlage ein, verriegelte die Haustür und eilte zu ihrem Wagen. Niemand war auf der Straße, nur der kongolesische Autowächter, der sich selbst zu ihrem Beschützer ernannt hatte. Sie winkte ihm zu, bevor sie in den Strom von Autos eintauchte, der in die Stadt floss. Sie schob eine CD ein und drehte die Lautstärke auf. Moby. Die Musik so laut, dass sie alle Gedanken ertränkte. Wenn die Ampeln mitspielten, blieb ihr gerade noch Zeit für diesen Umweg.
    Sie drückte das Gaspedal durch und schoss bei Gelb über die erste Ampel.

Sechs
    Â»Welche Schuhgröße haben Sie?« Dr. Ruth Lyndall hatte die dunklen Haare kurz geschnitten. Falls die Pathologin morgens Make-up aufgelegt hatte, war es längst abgewaschen.
    Â»Achtunddreißig«, sagte Clare. »Warum?«
    Â»Ich dachte, ich könnte Sie gleich einspannen. Probieren Sie mal die hier an.« Sie zog ein Paar Gummistiefel aus dem gemeinschaftlichen Haufen. »Die gehören unserer neuen Direktorin. Sie hat die gleiche Schuhgröße wie Sie. Und sie ist genauso stur wie Sie; sie ist überzeugt, dass nur genug Leute wissen müssen, was mit unseren kleinen Mädchen passiert, damit es aufhört. Und heute Nachmittag hat Senior Superintendent Edgar Phiri die Genehmigung für Ihre Recherchen unterschrieben.«
    Â»Der Chef der Gang Unit?«

    Â»Eben der«, sagte Ruth.
    Â»Wie ist er so?«
    Â»Hat mich ein bisschen an die frühen Mandela-Bilder erinnert. Vom Aussehen her groß und ehrbar und fast ein bisschen heilig, aber auch so, als würde er sich nicht so leicht in die Knie zwingen lassen.«
    Â»Damit ist er wohl was Besonderes in der Polizei.«
    Â»Phiris Einheit bewirkt etwas, und das hat ein paar Vorgesetzten gar nicht gefallen. Seien Sie nicht zu streng zu den Polizisten. Immerhin hat Phiri Ihre Recherche bewilligt.«
    Â»Komplett?«
    Â»Komplett«, wiederholte die Pathologin. »Deshalb probieren Sie gerade die neuen Stiefel an. Sie werden an mehr

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