Todestanz

konnte nichts entdecken. Es gibt eine Kelleröffnung, aber keine Anzeichen auf irgendwas. Keine Fußabdrücke, kein neuerer Müll. In letzter Zeit war niemand hier. Wenigstens nicht in diesem Gebäude.«
    Â»Nichts«, sagte Riedwaan. »Verdammt überflüssige Aktion.«
    Â»Warte«, meinte Clare. »Leuchte mal hierher.«
    Sie breitete den Stadtplan aus, den sie in ihre Tasche gestopft hatte.
    Â»Wir sind hier«, sagte sie. »Charlie hat mir erklärt, dass der alte Stromzähler für den Kricketpavillon galt. Aber sieh dir
das mal an.« Sie deutete auf ein paar schwache Umrisse auf der Karte. »Das ganze Gelände hat früher zum Sportzentrum gehört. Der Pavillon war nur ein Teil davon. Sieh mal hier. Siehst du, am Ende des Feldes steht noch ein Gebäude. Wenn alles zum selben Komplex gehörte, gab es vielleicht auch nur einen einzigen Stromzähler, und wir suchen am falschen Ende.«
    Â»Und wo sollten wir deiner Meinung nach suchen?«
    Â»Hör dich mal um«, sagte Clare. Abgesehen von den nächtlichen Autos, die über die N1 zischten, war alles still. In der Ferne das klägliche Kläffen einiger Hunde, die längst nicht mehr auf Rettung hofften. Dann das Geräusch, das sie auch bei Danny Roman gehört hatte, das hektischere Gebell, so als würde jemand dicht an den angeketteten Hunden vorbeigehen.
    Â»Kannst du dich an das Geräusch unter Yasmins Stimme erinnern?« Es wurde lauter. »Ich glaube, wir müssen näher zum Highway, hin zu den Verladeplätzen.«
    Â»Wenn du recht hast«, meinte Riedwaan, »sollten wir zu Fuß gehen. Mit dem Auto erregen wir zu viel Aufmerksamkeit.«
    Clare eilte am Zaun entlang, dicht hinter Riedwaan her.

Zweiundsechzig
    Eine Kirchenglocke schlug jenseits der Brachflächen die halbe Stunde. Halb eins. In der Ferne das Wummern der Musik aus dem Winter Palace . Clare wäre der Wagen gar nicht aufgefallen, wenn die Katze sie nicht angezischt hätte und mit ihren struppigen Kätzchen im Schlepptau in der Dunkelheit
verschwunden wäre. Das Auto parkte tief unter den Bäumen, eher ein düsterer Schatten als ein festes Objekt.
    Ein unverdächtiger blauer Toyota. Unaufdringlich.
    Sie deckte die Hand auf die Taschenlampe, schaltete sie ein und blendete mit den Fingern das Licht ab.
    Â»Sieht aus, als würde er schon seit ein paar Tagen hier stehen«, flüsterte Clare.
    Sie zog an den Türen, die nicht abgeschlossen waren. Vorsichtig rutschte sie auf den Rücksitz und tastete die Polster ab. Eine kleine Disneyfigur aus Plastik und eine Schachtel aus einem Fastfood-Restaurant. Auf dem Boden mehrere Pizza-schachteln. Clare sah auch vorn nach. Ein paar zerknüllte Papierservietten. Sie öffnete den Kofferraum. Ein Wagenheber, ein Ersatzreifen, ein abgetragener rosa Ballettschuh.
    Clare nahm ihn in die Hand und sah hinein. Der dunkle Abdruck von fünf Zehen über einem Fußballen. Ein winziges Objekt. Sie schüttelte es heraus.
    Der Backenzahn leuchtete weiß in ihrer Hand.
    Ein Milchzahn, abgewetzt von kindlichem Zähneknirschen.
    Sie ließ ihn in Riedwaans Hand fallen. Er ballte die Faust darum.
    Â»Der Weg da.« Riedwaan deutete auf das aufgewühlte Laub. »Los.«
    Sie schoben sich durchs Gestrüpp und landeten auf einer Lichtung. Vor ihnen stand ein Gebäude. Das nackte Stahlgerippe des kaputten Daches zeichnete sich schwarz vor den fernen Straßenlaternen ab.
    Â»SWIM«, sagte Clare. »Das also wollte Pearl mir in ihrer SMS mitteilen. Das alte städtische Schwimmbad. Von der Straße aus ist es nicht mehr zu sehen, weil es inzwischen vom Highway und den Verladehöfen eingeklemmt wird.«
    Riedwaan und Clare bewegten sich automatisch auf die einsame Lichtquelle vor ihnen zu: ein schwach leuchtendes
Rechteck über dem Unkraut auf der Rückseite des Gebäudes. Die Türen und Fenster waren vernagelt. Langsam arbeiteten sie sich um das Gebäude herum vor.
    In keinem der düsteren Räume war etwas zu sehen.
    Vor den Haupteingang war eine Stahlplatte geschweißt worden, aber in der Rückwand hatte jemand unter dem bröckelnden Verputz ein Loch ins Mauerwerk geschlagen.
    Â»Ich gehe rein«, sagte Riedwaan und schaltete sein Handy ein. »Stell dein Handy auf Vibrieren. Ich rufe in fünf Minuten an. Wenn alles klar ist, folgst du mir.«
    Das Donnern eines Güterzuges übertönte das Klicken, mit dem