Todestanz
einen
feuchten Scheià zu melden«, sagte Hoffman, obwohl ihm der Mann schon den Rücken zugekehrt hatte. »Ihr NummernGangster seid dabei, den Krieg zu verlieren.«
»Ich brauche keinen Krieg zu gewinnen, Doc, mir reicht schon diese eine Schlacht.« Der Häftling drehte sich wieder um, ein Foto in der Hand, das er jetzt vor Hoffmans Gesicht schwenkte. Der Doktor presste instinktiv die Hand auf seine leere Brusttasche.
»Gee dit vir my, jou vuil hond.« Er hörte, wie heiser er klang, und schnappte nach dem Bild, das der Gangster zwischen den tätowierten Fingern gefangen hielt.
Khan lachte. »Das habe ich Ihnen aus der Tasche gezogen, während Sie direkt neben mir gestanden und mich untersucht haben. Sie haben nichts gemerkt. Wäre kein Problem für einen 27er wie mich gewesen, Ihnen ein Messer zwischen die Rippen zu stoÃen. So was passiert kleinen fransen ständig. Eine kleine Lektion im Flamingo Crescent 32 gefällig?«
»Woher wissen Sie, wo ich wohne?«, flüsterte Hoffman.
Khan fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ist Ihre Frau gerade zu Hause? Mit Ihren Töchtern, Katinka und Ciara? Was glauben Sie, wer darüber entscheidet, wie lange Ihre Frau und die kleinen unreifen Mädchen noch zu leben haben? Wie alt sind die beiden? Vier? Fünf? Eng wie kleine grüne Feigen.« Er rieb mit dem Daumen über das Foto. »Wer entscheidet wohl, was ihnen passiert, bevor sie sterben?«
Hoffman stürzte sich auf ihn, doch der Häftling schnippte das Foto weg. Der Arzt hob es auf und blickte auf das Bild von seiner Frau mit den beiden glücklichen Töchtern auf ihrem SchoÃ. Hoffman knallte hinter dem lachenden Khan die Tür zu. Er zog den Aktenstapel heraus, den das Leichenschauhaus übersandt hatte â einen Haufen oberflächlicher Autopsieberichte, den er unterschreiben musste. Ãber eine Stunde arbeitete er sich durch die Formulare und lieà sich
von der Routinearbeit beruhigen. Zuunterst lag die Akte des letzten Gefängnistoten.
Das Formular war korrekt ausgefüllt, der Leichnam dokumentiert und die Todesursache von einem Assistenten mit einem nicht zu entziffernden Namen eingetragen. Herzstillstand nach einer Ãberdosis. Ein natürlicher Tod. So natürlich wie irgendwas in diesem Gefängnis. Wenn da nicht die winzigen blutigen Tränen auf der Mundschleimhaut und die roten Punkte auf den Lidern gewesen wären, die wie winzige Galaxien aussahen. Ein Kissen über den Kopf, zugehalten, bis der Mann sich nicht mehr gewehrt hatte â falls er überhaupt dazu gekommen war. Hoffman zog die Bilder heraus, um nachzuprüfen, ob das Untergewicht des Mannes nicht nur eine Folge von knapper Ernährung und Angst, sondern auch von Drogensucht gewesen war.
Hoffman sah noch einmal auf den Namen. Graveyard de Wet. Er betrachtete das Foto des Toten. Keine Tattoos. Ein frans , dem man im Nachhinein den Namen eines Gangsters gegeben hatte.
Jetzt fiel ihm wieder ein, woher er Rafiek Khan kannte. Er hatte ihn und Graveyard de Wet untersucht â kurz bevor sie ihre Haftstrafen von dreimal Lebenslänglich angetreten hatten. Für das Niedermetzeln einer Neunjährigen, deren Mutter und GroÃmutter. Hoffman zog die Kappe von seinem Füllfederhalter. Rafiek Khan hatte keinen Zweifel daran gelassen, was passieren würde, wenn er das Formular nicht unterschrieb.
Hoffman sah auf das freie Feld, das seine Unterschrift erwartete, jenes routinemäÃige Kürzel, mit dem die Sache für alle Zeiten begraben sein würde. Im Zimmer war es still, aber dahinter hörte er das kakophonische Geschepper, Geschrei und dumpfe Rumoren von dreitausend Männern hinter Gittern.
Er unterschrieb.
Dann ging er zu seinem Wagen. Wenn er richtig Gas gab, konnte er es in einer Dreiviertelstunde nach Hause schaffen. Auf halbem Weg fiel ihm jemand ein, der unbedingt wissen sollte, dass Graveyard de Wet auf freiem Fuà war. Er würde nach ihr suchen. Nach der Frau, deren Aussage De Wet und Khan hinter Gitter gebracht hatte.
Er sollte es ihr sagen. Er würde es ihr sagen.
Später.
Erst musste er nach Hause. Er musste sich überzeugen, dass sie noch da waren, dass sie in Sicherheit waren. Damit er sie umarmen, ihre warmen Körper an seinen drücken konnte. Die Nadel kletterte auf hundertsechzig Stundenkilometer. Doch sein Fuà trat das Gaspedal weiter durch.
Achtundzwanzig
»Faizal.
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