Todestanz
Hinterlassen Sie eine Nachricht.«
Schon wieder die Drecks-Mailbox.
Clare probierte es bei Rita. »Hat Riedwaan angerufen?«, fragte sie, während sie, das Handy zwischen Schulter und Ohr geklemmt, um eine Ecke bog.
»Nein«, antwortete Rita. »Ich habe ihn schon ein paar Mal angerufen. Kein Empfang. Wo wollte er denn hin?«
»Er sagte, er wollte Voëltjie Ahrend aufspüren«, berichtete Clare. »Um sich mal anzuhören, was er weiÃ.«
»Daniel in der Löwengrube.«
»Und was jetzt?«
»Gedulden Sie sich«, mahnte Rita. »Er weiÃ, was er tut. Meistens jedenfalls. Vielleicht hat er das Handy ausgeschaltet, damit das Signal nicht zurückverfolgt werden kann.«
»Er wird verfolgt?«
»Er sollte vorsichtshalber davon ausgehen«, bestätigte Rita. »Nachdem Special Director Ndlovu seinen Fall bearbeitet.«
»Okay«, sagte Clare. »Ich muss noch etwas überprüfen.«
Clare lieà das Handy in die Handtasche fallen und merkte, wie sich ihr Unbehagen zu Angst steigerte. Sie fuhr die breite HauptstraÃe entlang, die am Stadtzentrum von Kapstadt vorbeiführte, und dann eine der steilen StraÃen im alten Malayenviertel hinauf, dem Bo-Kaap mit seinen knallbunten Häusern, die sich rund um den Signal Hill stapelten. Sie bog zweimal falsch ab, ehe sie die Signal Street mit ihrer gefährlich steilen Kopfsteinpflaster-Fahrbahn fand.
Clare klopfte. Das Geräusch hallte durch die Stille hinter Riedwaans Haustür.
Sie klappte den Briefschlitz hoch und lauschte. Ein Schritt, vielleicht auch nur das Knacken eines alten Hauses, das sich abends niedersetzt. Das Geräusch war so leise, dass es kaum zu hören war.
Sie rief auf dem Festnetz an und legte auf, als der Anrufbeantworter ansprang. Sie probierte es auf seinem Handy. Stille im Haus. Sie pickte auf die rote Taste ein und brachte damit seine Mailbox zum Verstummen.
Wieder hob sie die Klappe an und lauschte. Schon wieder dasselbe Geräusch.
»Riedwaan?«, fragte sie.
Ganz am Rand ihres Blickfeldes ein Schatten.
»Yasmin?«
Keine Regung.
Kein Laut.
Clare richtete sich auf und lieà den Blick über das verriegelte Häuschen wandern. Links von der Eingangstür war ein leicht schief stehendes Garagentor in die Gartenmauer eingelassen. Als sie mit der Hand über die Laufschienen fuhr, erspürte
sie, wo es sich verklemmt hatte. Sie wühlte in dem Werkzeugkasten in ihrem Kofferraum, zog einen Schraubenzieher heraus und rammte ihn zwischen Tür und Schiene.
Nichts.
Sie musste zweimal mit einem groÃen Stein auf den Schraubenzieher schlagen, ehe das Tor aus der Schiene sprang. Mühsam zog sie es hoch. Knapp einen Meter, gerade hoch genug, um sich darunter hindurchzuzwängen.
Sie schlich durch die dunkle Garage, öffnete die Tür am anderen Ende und fand sich in einem kleinen Garten wieder.
»Hallo?«
Nichts, nur ihr Atem.
Direkt vor ihr war eine weitere Tür. Zur Küche. Als sie eintrat, fiel ihr Blick auf eine am Kühlschrank hängende Zeichnung: ein Mädchen im Tutu, das hoch über der Erde durch einen mit gelben Sternen betupften blauen Himmel flog. Fünf schmutzige Tassen in der Spüle. Clare legte die Hand auf den Wasserkessel. Kalt. Eine volle Kaffeetasse auf der Küchentheke. Kalt. Auf dem Regal über der Theke standen ungeöffnete Kinderleckereien. Coco Pops, Schokoladepulver, Chips.
Im Wohnzimmer standen ein einsamer Lehnsessel mit einem leeren Glas daneben und ein Tisch mit einer Pizzaschachtel darauf. Auf dem Kaminsims das Porträt eines kleinen Jungen zwischen einer Frau mit dicken Brauen und einem gutaussehenden Mann. Der schwarze Haarschopf des Jungen war bei dem Mann, dem sie kürzlich begegnet war, immer noch zu erkennen.
Das Telefon stand auf einem kleinen Tischchen, und das rote Auge des Anrufbeantworters blinkte.
Vom Wohnzimmer gingen zwei Türen ab. Eine stand offen und gab den Blick auf eine unbezogene Matratze und einen auf dem Boden verstreuten Bausatz für ein Hochbett
frei. Alles war mit einem dünnen Staubfilm überzogen. Clare öffnete die Spieluhr auf dem Nachttisch. Eine kleine Tänzerin sprang hoch und drehte sich auf ihrer Scheibe. Clare nahm das Foto heraus, das zusammengefaltet im Deckel steckte. Yasmin mit etwa vier Jahren, die, beide Arme um die Hälse ihrer Eltern gelegt, sie zu einem Kuss auf ihre vollen Wangen heranzog und mit lachenden Augen in die
Weitere Kostenlose Bücher