Todestanz
gebleichte und toupierte Haare. Sie setzten sich und lächelten ihn mit leeren Augen an.
»Tatiana.« Er beugte sich vor und umfasste die Brust der einen Frau, als würde er beim Metzger Fleisch abwiegen. Dann lieà er seine Faust leicht in ihren Schoà fallen. Tatiana rührte sich nicht.
»Das ist ja wie im Film hier«, hauchte Charlie Wang und leerte sein Glas. »Was sind das für Leute?«
»Keine Leute, die Sie kennenlernen möchten, Charlie.«
Sie hatte ihren Drink nicht angerührt. »Ich verschwinde jetzt und komme eine Weile nicht wieder. Sie können sich die Show ansehen, dann gehen Sie raus und fahren heim.«
»Und was machen Sie solange?«
»Ich will mit einem Mädchen reden, das hier arbeitet.«
»Ist das nicht gefährlich?«
»Natürlich nicht. Ich will es nur unter vier Augen tun.« Sie küsste ihn auf die Wange. »Danke, dass Sie das für mich tun.«
Charlie beobachtete, wie sich Clare zwischen den Tischen durchschlängelte. Der Mann im weiÃen Anzug beobachtete sie ebenfalls. Sie verschwand in der Toilette, wusch sich die Hände und wartete ein paar Minuten ab, bevor sie wieder heraustrat. Charlie saà am Tisch und sah sich die Show an. Keine RausschmeiÃer zu sehen. Niemand interessierte sich für sie, während sie auf den Hinterausgang zuging. Sie schlüpfte durch die Vorhänge und trat in eine andere Welt.
Kaltes Neonlicht. Haufen von Kleidungsstücken, Pailletten, Bademänteln und Schuhen auf weiÃen Plastikklappstühlen oder auf dem Boden. Auf einem Stuhl saà ein Mädchen in einem verdreckten rosa Morgenmantel mit einem russischenglischen Wörterbuch in der einen Hand und einer Zigarette in der anderen.
An einer nahen Wand waren sechs Spiegel unter dem erbarmungslosen Neonlicht aufgehängt. Vor zweien saÃen Mädchen mit straff zurückgekämmten blonden Haaren, unter denen sich bereits die dunklen Ansätze zeigten, und schminkten sich. Die Reitgertenmädchen, den Jodhpurhosen nach zu urteilen.
»Ist Künstlerbereich hier, kein Publikum«, sagte die Tänzerin vor ihr mit schwerem Akzent. Sie hatte eine falsche Wimper angeklebt und hielt die andere in ihrer Hand.
»Ich suche nach Calvaleen«, sagte Clare.
Die Stripperin klebte die andere Wimper an.
»Ein Mädchen von hier«, sagte Clare. »Eine Balletttänzerin.«
»Wenn wir anfangen, wir alle Balletttänzerin. Ich aus St. Petersburg, sie aus Moskau.« Das Mädchen schraubte ein Fläschchen auf und lackierte ihre Lippen scharlachrot. »Noch mal die Name?«
»Calvaleen«, wiederholte Clare. »Calvaleen van Rensburg.«
»Was für Name ist das?«, fragte das andere Mädchen und schüttelte dabei ihr Zuckerwattehaar aus. »Nicht gut für Arbeit.«
»Wir haben nur eine Mädchen von hier. Sie weg.« Das Mädchen im rosa Bademantel legte ihr Wörterbuch beiseite und wühlte in einem Haufen Schminksachen unter dem Spiegel vor ihr. »Hier ist Foto von Party.«
Sie reichte es Clare. Zehn junge Frauen in T-Shirt und kurzen Röckchen. Alle blond gefärbt.
»Vielleicht die da?« Sie deutete auf ein Mädchen in der Ecke. Schwer zu sagen, das Bild war klein, doch ihre Haltung strahlte eine vertraute Grazie aus.
»Und sie hieà nicht Calvaleen?«, fragte Clare.
»Sie sagt, ihr Name Marlena.« Das Mädchen zuckte mit den Achseln.
»Sie tanzt nicht mehr?«
»Sie nehmt zu viele Drogen, macht Valentin zu viele Ãrger.«
»Was ist passiert?«
»Sie hat Geld geschuldet. Valentin schlägt sie.« Sie zuckte wieder mit den Achseln. »Sie macht Ãrger. Sie sagt, sie braucht keine Zuhälter im Club, der sie prügelt, der wegnimmt ihr Geld. Sie sagt, sie kann sich prügeln lassen umsonst auf StraÃe.«
Eine Glocke schrillte, und die beiden Mädchen in Reithosen drehten sich wieder den Spiegeln zu.
»Sie müssen jetzt gehen, sonst gibt Ãrger«, sagte das dritte Mädchen, das inzwischen ein Dompteurkostüm übergezogen hatte. Unter dem schlanken Arm hielt sie eine Nilpferdlederpeitsche.
»Weià jemand, wo sie jetzt ist?«, fragte Clare.
»Vielleicht zu Hause?« Die Augen des Mädchens verdunkelten sich. »Warum du fragst so viel?«
»Ich muss mit ihr reden«, sagte Clare. »Sie kennt ein kleines Mädchen, das vermisst wird. Ich brauche ihre Hilfe.«
»Wie
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