Todestanz
mit dem Kopf auf der Brust von jemand anderem liegt.
»Ist sie das?«, fragte Clare.
Danny schob noch mehr Regler auf und ab und zergliederte das Geräusch in noch mehr Spitzen. Bis das körperlose Atmen das Studio erfüllte.
»Da atmet nicht Yasmin. Hör zu. Das stimmt nicht mit den Stimmspitzen überein.« Danny massierte sich die Schläfen. »Da steht jemand neben ihr.«
»Einen Moment«, sagte Clare. »Was soll das heiÃen, da steht jemand neben ihr?«
»Jemand war bei ihr«, sagte Danny. »Oder in ihrer Nähe, als sie telefoniert hat.«
»Jemand, der unbedingt wollte, dass diese Nachricht ankommt«, meinte Clare zu sich.
»An deiner Stelle wäre ich lieber vorsichtig. Das hört sich nicht so an, als würde man sich mit diesen Leuten anlegen wollen. Hast du ihrem Vater davon erzählt?«
»Ich erwische ihn einfach nicht«, sagte Clare. »Den ganzen Nachmittag nicht.«
»Und du machst dir keine Sorgen?«
»Und wie.« Clare stellte ihren Tee ab. »Aber ich kann nichts unternehmen.«
»Also, mehr kann ich auch nicht für dich tun«, sagte Danny. »Ich druck dir alles aus.«
Wenig später breitete Clare die mit schwarzen Spitzen überzogenen Blätter aus und fragte: »Was ist das?«
»Deine akustische Landkarte. Eine Glocke, ein Imam, der zum Gebet ruft, Blumenverkäufer, Kinderstimmen, ein tiefer Knall, Hunde. Eine Tür, die zuschlägt, oder etwas Schweres, das zu Boden fällt.«
»Du glaubst, es war irgendwo drinnen?«
»In irgendeinem überdachten Raum. Und zwar einem groÃen, weil es so hallt«, sagte Danny. »Aber das ist nur eine Vermutung.«
»Eine begründete?«
»Eine begründete, ja. Alles hat einen Nachhall. Hört sich für mich nicht nach einem Wohnhaus an, aber diese Aussage würde dir vor Gericht nichts bringen.«
»Wir sind nicht vor Gericht, noch nicht.«
»Nimm die CD mit. Spiel sie in deinem Auto oder zu Hause ab. Vielleicht spricht sie irgendwann zu dir, so wie früher die Musik. Ich habe dir das Plug-in dazukopiert. Dann kannst du es bei Bedarf einsetzen, wenn du deine Dokumentarfilme auf dem Laptop schneidest.« Danny nahm eine Locke, die sich aus Clares Haar gelöst hatte, und schob sie hinter ihr Ohr. »Vielleicht wirst du sie finden. Dein verlorenes Mädchen.«
An der Tür lieà er einen Moment die Finger in der Mulde über ihrem Schlüsselbein ruhen.
»Manchmal habe ich immer noch das Gefühl, dass ich meins irgendwann finden werde.«
»Yasmin«, sagte Clare. »Sie heiÃt Yasmin.«
DreiÃig
»Es tut mir leid, Doc.« Charlie Wang lieà Clare herein und eilte zu seinem Hocker zurück.
Sie sah drei Monitore, jeder gefüllt mit Yasmins Gesicht, das in Fragmente von Wangen, Stirn, Kinn, Hals und Augen aufgebrochen war. Auf einem vierten lief ein Band aus einer Ãberwachungskamera. Der fünfte Monitor zeigte eine Diashow aus Yasmins Fotoalbum: mit Mutter und Vater, beim Tanzen mit Calvaleen van Rensburg, mit einem Goldabzeichen bei einem Eistedfodd, bei Camps Bay ins Meer laufend.
»So was braucht einfach Zeit. Und man kann einfach nur beten, dass es überhaupt etwas zu finden gibt.«
»Wenn es etwas gibt, werden Sie es finden, Charlie.« Clare knöpfte ihren Mantel auf.
»Haben Sie noch mehr Bilder für mich?«
»Diesmal Geräusche.«
Charlie nahm die CD aus ihrer Hand und schob sie ein. Yasmins Stimme erfüllte den Raum.
»Ãberspringen Sie das«, bat Clare. »Mit all den Bildern von ihr wirkt das wirklich gespenstisch.«
Charlie zog den Regler vor bis zu der Geräuschkulisse.
»Da. Stopp. Danny Roman hat alle Geräusche herausgefiltert, die er finden konnte.«
Charlie Wang lauschte, den Kopf leicht schief gelegt.
»Sie möchten, dass ich die lokalisiere?«, fragte er und tippte die Informationen ein. »Schon passiert, Doc.« Die Satellitenkarte von Kapstadt erschien auf dem Bildschirm.
»Sehen Sie das?« Er deutete auf ein grün hervorgehobenes Gebiet.
»Das sind die Gegenden, in denen man diese Geräuschkombinationen
findet â vorausgesetzt, sie sind korrekt identifiziert worden.«
»Listen Sie es mir auf.«
»Das Bo-Kaap, Sea Point, Green Point, die Waterfront, Maitland, Milnerton, Muizenberg, Kalk Bay. Praktisch die gesamte Innenstadt in Meeresnähe und noch dazu alle
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