Todeswatt
das konnte und wollte er nicht. Das war auch nicht besser.
»Ich glaube, ich bin nicht bereit für eine neue Beziehung«, bemühte Haie sich, seine Gefühle in Worte zu kleiden und fügte schnell hinzu, es läge gewiss nicht an ihr. Sie sei eine tolle Frau und er habe die Zeit mit ihr wirklich genossen.
»Woran liegt es dann?«
Sie saß zusammengesunken auf der Eckbank und rieb ihre Handflächen aneinander. Für einen kurzen Augenblick war Haie versucht, sie einfach in die Arme zu nehmen und zu sagen, es sei alles nicht so schlimm, doch das würde an der Sache nun einmal nichts ändern. Sie hatte es verdient, dass er ehrlich zu ihr war.
»Ich liebe dich nicht.«
19. Kapitel
Thamsen hatte wenig geschlafen.
Als er gestern nach dem Gespräch mit den drei Freunden endlich heimgekommen war, musste das geplante Essenkochen mit seinen Kindern aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit ausfallen. Stattdessen hatte er wie gewöhnlich Brot und Aufschnitt aufgetischt und Timo und Anne anschließend ins Bett geschickt.
Während er vor dem Fernseher ein wenig Ablenkung suchte, waren ihm die unterschiedlichsten Gedanken durch den Kopf gegangen, die ihn bis tief in die Nacht nicht zur Ruhe kommen ließen. Hatte der Exfreund von Claudia Lemke vielleicht wirklich etwas mit dem Tod des Bankers zu tun? Ein Motiv für den Mord war durchaus nicht von der Hand zu weisen. Wahrscheinlich hatte der Anlageberater mit seiner eleganten Art und seinem dargebotenen Reichtum die Frau beeindruckt, die selbst eher in bescheidenen Verhältnissen lebte. Und vermutlich hatte der Journalist, wenn er lediglich als freier Mitarbeiter bei der Zeitung beschäftigt war, mit seinem Einkommen dem Banker nicht einmal annähernd das Wasser reichen können.
Warum waren Frauen oftmals so leicht zu beeinflussen und achteten augenscheinlich nur auf das Geld? Auch wenn das natürlich nicht auf alle zutraf. Aber es spielte häufig eine gewisse Rolle und er konnte sich vorstellen, welch leichtes Spiel Lorenzen gehabt hatte, wenn Claudia Lemke zu den weiblichen Wesen zählte, die sich durch luxuriöse Geschenke und schnelle Autos beeindrucken ließen. Da hatte der schlichte Schreiberling nicht mithalten können. Und das hatte ihn sicherlich mehr als wütend gemacht. So wütend, dass er den Nebenbuhler aus der Welt geschafft hatte?
Allzu abwegig war diese Theorie nicht, aber wie konnte er das beweisen?
Unruhig hatte Thamsen sich in seinem Bett hin und her geworfen und war am frühen Morgen wie gerädert aufgewacht. Sollte er dem riskanten Vorschlag der Freunde folgen und den Reporter in eine Falle locken?
Sein Chef hatte auf Ergebnisse gedrängt und er musste zugeben, dass er den Kollegen am Montag ungern ohne Resultate gegenübertreten würde. Am liebsten wäre es ihm, er könnte ihnen den Mörder präsentieren und damit zeigen, wie gut er den seiner Ansicht nach weit überschätzten Job der Kripo übernehmen konnte. Vielleicht würde man ihm sogar ein Angebot machen oder ihn befördern? Nichts lieber als das, denn dann könnte er seinem Vater endlich beweisen, was er drauf hatte.
Gleich nachdem er im Büro ankam, rief er bei Tom Meissner an. Marlene Schumann meldete sich nach dem vierten Klingeln.
»Wann können Sie auf dem Präsidium sein?«
Marlene benachrichtigte sofort Haie und kaum eine halbe Stunde später saßen die drei erneut in seinem Büro.
»Ich habe über Ihren Vorschlag nachgedacht«, begann Thamsen. Die Freunde warteten gespannt auf das Ergebnis seiner Überlegungen. »Ich werde ihm unter bestimmten Bedingungen zustimmen.«
»Und die wären?« Es war diesmal nicht Haie, der das Wort ergriff, sondern Tom. Der Hausmeister war gegenwärtig ungewöhnlich zurückhaltend.
Thamsen hatte sich mittlerweile einen genauen Plan gemacht. Marlene sollte einen Zettel schreiben, den sie in der Redaktion abgeben würden. Laut Auskunft der Kollegen arbeitete der Reporter heute im Büro. Da war es möglich, ihm die Nachricht anonym zuzuspielen. Tom, Haie und Marlene sollten anschließend nach Pellworm übersetzen. Sein Kollege würde sie empfangen und sich um die Unterkunft kümmern sowie weitere notwendige Vorkehrungen treffen.
»Ich werde Petersen beschatten. Mich kennt er nicht. Es wird mir also möglich sein, ihm unbemerkt zu folgen.«
Die drei nickten.
»Was ist mit Claudia Lemke?«, fragte Tom.
Darüber hatte Thamsen sich nicht wirklich Gedanken gemacht. Er wollte ihr möglichst wenig erzählen, aber es war unumgänglich, sie einzuweihen.
»Da
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