Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
Beweggründe hat, die seine Zeugenaussage beeinflussen könnten.«
Marcos Blick wandert zwischen den beiden hin und her, während er versucht, der Auseinandersetzung zu folgen.
Richter Spencer interveniert. »Sofern Sie keine Beweise für eine Verschwörung vorlegen wollen, Mr. Hurst, bewegen Sie sich auf äußerst dünnem Eis. Vielleicht sollten Sie Ihre Befragung mit einem anderen Punkt fortsetzen.«
Ich spüre, wie Sienna neben mir plötzlich erstarrt. Sie hat die Fäuste geballt, und die Muskeln in ihrem Kiefer, ihren Schultern und Armen haben sich so verkrampft, dass sie dasitzt wie eine Statue. Sie blinzelt nicht einmal. Sie bewegt nur die Finger ihrer rechten Hand, sie flattern auf ihrem Oberschenkel kurz nach oben. Unser Zeichen.
Sie dreht sich langsam zu mir und sieht mich direkt an, die Augen aufgerissen, verängstigt. Dann wendet sie sich wieder dem Gerichtssaal zu, und ich folge ihrem Blick über die Tische von Anklage und Verteidigung zu der einsamen Gestalt mit der Perücke, die über allen anderen thront und in ihren Laptop tippt.
Ronnie Cray zerrt Sienna in den Flur und in ein leeres Besprechungszimmer, dessen Tür sie beinahe auftritt und sich dann von innen fest dagegenlehnt, um sicherzugehen, dass sie geschlossen ist und bleibt.
»Bist du sicher?«
Sienna nickt.
Cray bleckt die Zähne. »Scheiße!«
Sienna zuckt zusammen.
»Nicht du«, erkläre ich ihr. »Du hast nichts Falsches getan. «
»Scheiße! Scheiße! Scheiße!«
DCI Cray will in dem Raum auf und ab laufen, doch er ist nicht groß genug. Sie will dieses Natternnest jemand anderem aufhalsen.
Sie zieht mich beiseite und flüstert wütend. »Was in Herrgotts Namen soll ich jetzt machen? Wem soll ich es erzählen? Er ist ein Richter am Crown Court!«
»Sie müssen den Prozess stoppen.«
»Das kann nur er !« Fluchend wendet sie sich ab und will wieder auf und ab laufen. »Ich muss nachdenken. Ich muss mit ein paar Leuten sprechen. Mir Rat holen. Ein Richter! Ein beschissener Richter!«
Sie sieht Sienna an. »Du musst dir sicher sein, hundertprozentig, hast du verstanden?«
Sienna nickt.
Cray klappt ihr Handy auf und wieder zu. »Kommen Sie – ich muss hier raus.«
Zu aufgewühlt, um auf den Fahrstuhl zu warten, stürmt sie die gewendelte Treppe hinunter. Ruiz fängt mich auf dem Absatz ab.
»Was ist los?«
»Ich kann jetzt nicht reden. Warte auf mich.«
Ein paar Minuten später sind wir draußen. Monk sitzt am Steuer. Cray sagt kein Wort zu ihm. Sie überlegt, was sie machen
… an wen sie sich wenden … was als Nächstes geschehen soll.
Sie klappt ihr Handy auf und starrt auf das Display. Nicht am Telefon. Es ist nicht sicher genug. Sie klappt das Handy wieder zu.
»Ich fahre nach Portishead«, sagt sie. »Ich muss den Chief Constable sprechen.«
Sie sieht Sienna an. »Du musst ihm alles erzählen.« Dann wendet sie sich an mich. »Kein Wort darüber zu irgendjemandem. Kein Sterbenswörtchen.«
»Was ist mit Ellis?«
»Der ist jetzt unser Problem.«
50
Ruiz sitzt still und lässt mich reden. Wir teilen uns eine Holzbank im Castle Park mit Blick auf die oberen Bereiche des schwimmenden Hafens. Enten und Möwen sprenkeln das Wasser und warten darauf, von Kleinkindern in ihren Buggys und deren älteren Geschwistern auf Laufrädern gefüttert zu werden.
Am anderen Ufer erhebt sich schroff das Gebäude der Old Brewery. Die verwitterten Backsteinfassaden sind mit Vogelkacke und Ruß verschmiert, was immer noch besser ist als die modernen Klötze aus Glas und Beton. Ein Blumenverkäufer stellt Eimer mit blühenden Tulpen und Narzissen vor seinen knallbunten Stand, und irgendwo in der Nähe zupft ein Straßensänger die Saiten seines Banjos.
Ruiz hat noch kein Wort gesagt. Die Sonne strahlt durch eine dünne Wolkenschicht, betont das Grau in seinem Haar und lässt ihn blinzeln, wenn er aufblickt. Er hat große, klobige Hände, die inzwischen nicht mehr schwielig sind. Ein Bonbon klappert an seinen Zähnen.
»Was würdest du tun?«, frage ich.
»Nichts.«
»Warum?«
»Du hast eine selbstmordgefährdete, sexuell missbrauchte Schülerin, die behauptet, mit einem Richter am Crown Court geschlafen zu haben. Sie kennt seinen Namen nicht. Sie kann sich nicht an seine Adresse erinnern. Außerdem ist sie dringend des Mordes verdächtig. Und es gibt keine forensischen Beweise oder sonst etwas, was ihre Aussage bestätigt.«
»Sie hat ihn erkannt.«
»Man kann nicht aufgrund einer unbewiesenen Aussage einen Prozess
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