Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
Nazi.«
»Er war ziemlich streng.«
»Total streng.«
»War sie deswegen so oft bei uns?«
Charlie nickt. Wir sind halb zu Hause. Rechts und links der Straße sind frisch gepflügte Äcker mit satten braunen Furchen. Die Saat ist ausgebracht. Und wächst.
»Wie fandest du Mr. Hegarty?«
»Er war ganz okay, nehme ich an.«
»Bloß okay?«
»Wenn ich bei Sienna übernachtet habe, hat er uns immer eine DVD ausgeliehen und Pizza geholt. Manchmal hat er einen Film auch mitgeguckt.«
»Hast du dich je unbehaglich gefühlt, wenn er dabei war?«
»Inwiefern?«
»Wenn du bei Sienna übernachtet hast, hat er dich da je seltsam angesehen, dich im Vorübergehen berührt oder etwas gesagt, dass du das Gefühl hattest, nicht dort sein zu wollen?«
Sie senkt ihre Stimme zu einem Flüstern, und etwas schneidet durch meine Brust und nistet sich in meiner Magengrube ein.
»Sienna hat mir immer gesagt, dass ich die Badezimmertür abschließen soll. Eines Abends kam ich gerade aus der Dusche, als sich der Türknauf gedreht hat, aber der Riegel war vorgeschoben.
Ich habe gefragt, wer da ist, und gesagt, dass ich nicht mehr lange brauchen würde.«
»Und was ist passiert?«
»Der Türknauf hat sich noch mal gedreht.«
12
Helen Hegarty hält den zerknüllten Durchsuchungsbefehl in der Faust und tritt beiseite. Schwere Stiefel marschieren planvoll von Zimmer zu Zimmer. Schränke werden geöffnet, Schubladen herausgezogen, Bücher durchgeblättert, CD-Hüllen geöffnet, Teppiche angehoben …
Helen muss es vorkommen wie eine weitere Demütigung in einer langen Liste der Schmach – ein toter Mann, eine traumatisierte Familie, Blutflecken auf den Bodendielen, Staub vom Sichern der Fingerabdrücke auf den Fensterbänken …
Auf der anderen Seite des Dorfes stapft nicht weit von unserem Haus eine Phalanx von Polizisten durch das Gelände. Uniformiert. Stumm.
Charlie bemerkt sie.
»Was machen sie?«
»Sie suchen irgendwas.«
»Und was suchen sie?«
»Beweise. «
DCI Cray steht auf der Brücke, in der Hand eine Zigarette, und bellt Befehle. Sie trägt einen Parka und Gummistiefel. Polizeihunde werden eingesetzt, um Siennas Weg durch das Unterholz zurückzuverfolgen.
Ich setze Charlie daheim ab und fahre wieder zum Haus der Hegartys, wo Helen sich inzwischen ins Freie geflüchtet hat, während drinnen die Polizisten alles auf den Kopf stellen. Sie zieht ihre Strickjacke eng an den Körper, zündet sich eine Zigarette an und ignoriert die Blicke der schaulustigen Nachbarn. Nicht verlegen, sondern eher gleichgültig.
»Ich wusste nicht, dass Sie rauchen.«
»Die hab ich Zoe abgenommen.«
Ihr Sohn Lance läuft im Garten auf und ab und hegt finstere Gedanken. Sobald ich durch das Tor trete, stellt er sich mir entgegen, Brust an Brust, die Zähne gebleckt. Eine Union-Jack-Tätowierung spannt sich auf seinem Bizeps.
»Was machen Sie hier?«
»Ich wollte bloß mal nach Ihrer Mutter sehen.«
»Sie arbeiten für die.«
»Ich arbeite nicht für die Polizei.«
»Bullshit!«
Helen legt eine Hand auf seinen Unterarm, die Wirkung ist erstaunlich. Das hitzige Ungestüm des jungen Mannes scheint für einen kurzen Moment zu verfliegen. Lance wendet sich ab und läuft, auf seinen Schenkel schlagend, im Garten weiter auf und ab.
»Er weiß nicht, was er tun soll«, flüstert Helen. »Er denkt, er müsste jetzt der Mann im Haus sein… und auf uns aufpassen. «
Im ersten Stock fällt etwas um und geht zu Bruch. Helen zuckt zusammen und blickt zu dem Fenster. Dann schaut sie an mir vorbei, als würde sie sich ein anderes Leben ausmalen. Anders getroffene Entscheidungen.
Im ersten Stock hat sie drei Regale voll mit Ratgebern wie The Secret – Das Geheimnis, Wie man Freunde verliert und zu sich selber findet, Die Jagd nach dem Glück und Sie haben die Wahl . Aber all die guten Ratschläge, sich selber zu verzeihen und aus den eigenen Fehlern zu lernen, haben sie mit ihrem aufdringlichen Optimismus und dem gnadenlos positiven Denken nur noch mehr deprimiert.
Sie zieht ein sich auflösendes Taschentuch aus dem Ärmel, das sie zusammendrücken muss, um sich damit die Nase abzuwischen.
»Sienna mochte es nicht, wenn Sie Nachtschicht hatten.«
Helen schüttelt den Kopf. »Wir brauchten das Geld. Es hat eine Weile gedauert, bis Rays neue Firma sich etabliert hatte.«
»Das muss schwer gewesen sein.«
»Man tut, was man tun muss.«
»Haben Ray und Sienna sich oft gestritten?«
Sie zuckt die Achseln. »Sie waren wie Öl und
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