Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
beraten sich flüsternd, kaum hörbar bei dem Summen der Klimaanlage.
Dann verkündet der vorsitzende Richter ihre Entscheidung. Wegen Siennas Vorgeschichte von Selbstverletzung wird die Überweisung in eine psychiatrische Einrichtung verfügt, bis ihr Geisteszustand angemessen eingeschätzt werden kann.
Mr. D’Angelo steht auf. »Professor O’Loughlin ist heute hier vor Gericht anwesend. Er ist klinischer Psychologe und kennt die Angeklagte. Vielleicht könnte er gehört werden.«
Die Richter beraten sich erneut kurz.
»Professor O’Loughlin kann ein psychologisches Gutachten vorbereiten. Wie lange braucht er?«
Mr. D’Angelo dreht sich um, stützt sich auf die Rückenlehne seines Stuhls und flüstert: »Würden Sie das übernehmen?«
»Ich denke, ich bin gerade freiwillig gemeldet worden.«
»Wie lange brauchen Sie?«
»Drei Wochen.«
Die Richter stimmen zu und verweisen Siennas Fall an den Crown Court. Sienna dreht sich zu mir um. »Kann ich nach Hause gehen?«
»Noch nicht.«
»Warum nicht?«
»Sie wollen dich in ein Krankenhaus schicken.«
»Ich war schon im Krankenhaus.«
»Dies ist ein anderes Krankenhaus. Sie haben Angst, dass du dir etwas antun könntest.«
Sienna schüttelt den Kopf.
»Ich darf also nicht nach Hause?«
»Noch nicht.«
Sie packt mein Handgelenk. »Sie dürfen nicht zulassen, dass die mich einsperren. Sie müssen ihnen sagen, dass ich es nicht war.«
14
Heute Abend geht Julianne mit Harry Veitch aus. Ich passe auf die Mädchen auf. Ich dusche und rasiere mich und suche ein sauberes Hemd. Schließlich bin ich gezwungen, auf ein Vatertagsgeschenk von Emma zurückzugreifen, in dem ich aussehe wie Willy Wonka.
Julianne öffnet die Tür. »Du hast wirklich eine Midlife-Crisis. «
»Mir sind die Hemden ausgegangen.«
»Was ist mit der Waschmaschine?«
»Ich habe vergessen, sie anzustellen.«
»Und wie sieht es mit sauberer Unterwäsche aus?«
»Mit meinen Wochentagsboxershorts komme ich noch bis Montag durch.«
Sie tritt einen Schritt zurück und mustert sich im Flurspiegel. Sie trägt einen knielangen Rock, Stiefel, eine weiße Bluse und Ohrringe – schwarze Perlen in einer silbernen Fassung. Die habe ich ihr zum dreißigsten Geburtstag geschenkt.
»Du musst nicht auf die Mädchen aufpassen.«
»Ich weiß. Ich vermisse sie.«
»Ich dachte, du willst mir ein bisschen nachspionieren.«
Sie schenkt dem Spiegel ein Mona-Lisa-Lächeln, das mich ärgert.
»Es sei denn, ich bin dir im Weg«, sage ich. »Vielleicht möchtest du Harry mit nach Hause bringen. Ich könnte früher gehen …«
Sie beißt nicht auf den Köder an. Sie zieht ihren Lippenstift nach und lässt die Lippen ploppen. Das ist eines der Dinge, die
ich an Julianne immer geliebt habe – sie hält sich an die Philosophie, dass das Wichtige an einem Lippenstift nicht die Farbe ist, sondern die Bereitschaft, Gottes Entscheidung zu akzeptieren, wo die eigenen Lippen enden.
»Wie läuft der Prozess?«, frage ich.
»Sie scheinen endlos viel Zeit mit der Diskussion darüber zu vergeuden, welche Beweismittel zulässig sind und welche nicht. Die Geschworenen werden rausgeschickt. Der Richter fällt eine Entscheidung. Und die Geschworenen kommen wieder hereinmarschiert. «
Sie zupft an ihrer Frisur. »Gestern hat Stacey Dobson ausgesagt. Sie ist die Schwester von Gary Dobson, einem der Angeklagten. Am Tag vor dem Brandanschlag hat sie bei der Polizei Anzeige wegen Vergewaltigung erstattet. Sie sagte, vier Männer hätten sie in einen Van gelockt und zu einem Haus gebracht, in dem sich Asylbewerber aufhielten. Sie hat Marco Kostin namentlich genannt.«
»Und sie wurde vergewaltigt?«
»Nein, das hat sie bloß erfunden. Sie hatte ein Techtelmechtel mit Marco. Die beiden waren ein paarmal zusammen aus.«
»Und warum hat sie sich dann diese Geschichte ausgedacht ?«
»Stacey glaubte, sie würde Ärger bekommen, weil sie so lange aus war. Ihre Eltern waren wütend. Sie haben die Polizei angerufen, und Stacey hatte zu viel Angst, um ihre Behauptung zu widerrufen. Irgendwann ist sie dann mit der Wahrheit herausgerückt, aber am darauf folgenden Abend wurde ein Brandanschlag auf Marco Kostins Haus verübt.«
»Ein Racheakt.«
»Das behauptet jedenfalls die Anklage.«
Julianne bemerkt, dass Charlie auf der obersten Stufe der Treppe sitzt, und wechselt rasch das Thema. »Die Mädchen haben gegessen. Es ist noch was übrig, wenn du Hunger hast.
Und Charlie sollte noch Hausaufgaben machen«, fügt sie etwas
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