Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
hier?«
»Ich brauche deine Hilfe.«
»Das heißt, du hast Schwierigkeiten.«
»Nein.«
Ich erzähle ihm von Sienna und ihrem Vater, bemüht, ihm die Tatsachen möglichst emotionslos zu schildern. Trotzdem höre ich, wie ich sie verteidige und die Beweislage zu ihren Gunsten auslege.
Ruiz hört mit gesenktem Kopf zu.
»Wieso bist du so sicher, dass sie unschuldig ist?«, fragt er.
»Sie hat gesagt, dass sie es nicht getan hat.«
»Alle Menschen lügen.«
»Es war noch jemand im Haus. Er hat hinter der Tür ihres Zimmers gestanden und gewartet.«
Er sieht durch mich hindurch und behält seine Gedanken für sich. »Irgendwelche anderen Verdächtigen?«
Ich erwähne Siennas Freund Danny Gardiner und ihren Bruder Lance, der für den Abend des Mordes kein Alibi hat.
»Reden wir von Sugar Ray Hegarty?«, fragt Ruiz. »Vom CID Bristol?«
»Du kanntest ihn?«
»Wir haben uns gegenseitig ein, zwei Mal ausgeholfen.«
»Wie war er?«
»Alte Schule.«
»Gerecht ?«
»Und hart.«
Ruiz starrt wie im stummen Gebet in sein Bier. »Typisch, was? Da überlebst du eine Polizeikarriere wie seine, und dann passieren all die schlimmen Sachen, nachdem du den Dienst quittiert hast. Ich kann mich erinnern, dass seine Tochter von diesem sadistischen Scheißkerl verkrüppelt wurde — wie hieß er noch?«
»Liam Baker.«
»Genau der.«
Ruiz fragt nach den genauen Umständen von Ray Hegartys Tod, notiert sich die Namen der Beteiligten und sucht nach Widersprüchen. Siennas Laptop fehlt, und ihr Zimmer wurde durchsucht.
»Fehlt sonst noch irgendwas aus dem Haus?«
»Nichts.«
Ich sehe, wie sein Verstand arbeitet. Was könnte ein Teenager auf seinem Computer haben, das einen Diebstahl lohnt?
»Was ist mit dem Sohn?«
»Lance hat sich nicht mit seinem Vater verstanden, sie haben dauernd gestritten, aber ich glaube nicht, dass er dazu in der Lage gewesen wäre.«
»Warum nicht?«
»Jemandem die Kehle durchzuschneiden heißt, ihn aus unmittelbarer Nähe zu töten. Dafür braucht es Mut. Und Wut. Lance hatte Angst vor seinem alten Herrn.«
Ruiz nickt.
»Vielleicht möchtest du dir einen Lehrer der Schule mal etwas genauer ansehen: Gordon Ellis.«
»Was ist mit ihm?«
»Er unterrichtet Musik und Theater an einer weiterführenden Schule. Lebt in der Gegend. Verheiratet. Ein Kind. Ich glaube, Sienna hat sich ihm anvertraut; vielleicht hat sie ihm
von dem Missbrauch erzählt, aber wenn ich seinen Namen erwähnt habe, hat sie jedes Mal dichtgemacht und wollte nicht über ihn reden. «
»Meinst du, du hast einen wunden Punkt getroffen?«
»Vielleicht ist es auch nichts. Aber ungefähr zehn Tage vor dem Mord hat Ray Hegarty sich mit jemandem gestritten, der Sienna nach Hause gebracht hat. Die Polizei konnte die Identität des Fahrers noch nicht ermitteln, aber es hätte Gordon Ellis sein können. Sienna hat früher bei Ellis gebabysittet, und laut Helen hat Ray beobachtet, wie die beiden sich geküsst haben. Sienna hat es abgestritten, doch Hegarty hat sich bei der Schule beschwert. Ich weiß nicht, ob die beiden Ereignisse etwas miteinander zu tun haben, aber inzwischen hat Gordon Ellis Sienna beschuldigt, ihn mit Telefonanrufen zu belästigen.«
Ruiz klopft auf seine Tasche, und sein Jackett klappert. Früher hat er geraucht, jetzt lutscht er Bonbons, die statt seiner Lunge seine Zähne ruinieren.
»Wer leitet die Ermittlung?«
»Ronnie Cray.«
»Dreht sie immer noch ihre eigenen Tampons?«
Politische Korrektheit zählt nicht gerade zu Ruiz’ Stärken. Politisch korrekt zu sein, hat er mir einmal erklärt, wäre, so zu tun, als könne man Hundekacke an der sauberen Seite anfassen.
»Ich dachte, du wolltest der Polizei nicht mehr helfen«, sagt er.
»Dies ist etwas anderes.«
»Inwiefern?«
»Sienna Hegarty ist Charlies beste Freundin.«
Ruiz nickt und lehnt sich zurück, als das Essen kommt. Er stopft sich eine Papierserviette in den Kragen, reibt Messer und Gabel aneinander und haut rein. Kauend grübelt er über die Informationen.
»Ich werde also ein paar Erkundigungen einholen und sehen,
was ich herausfinden kann«, sagt er und fährt mit aufgesetztem West-Country-Akzent fort: »Vielleicht fahre ich auch in eure Richtung und verbringe ein paar Tage in der Gegend.«
»Ich werde allen weiblichen Singles in der Gegend erzählen, was für ein Hengst du bist.«
»Ich glaube, das hat sich längst rumgesprochen.«
Für den Rest des Essens tauschen wir Geschichten über unsere Familien aus und versuchen uns
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