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Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me

Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me

Titel: Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Hüftschwung.
    Es sieht verkehrt aus. Es fühlt sich verkehrt an.
    Als der Wagen anfährt und auf der Straße wendet, winkt Sienna noch einmal. Ich reagiere nicht. Ich versuche vergeblich, im Rückspiegel das Nummernschild zu entziffern.
    Julianne macht uns die Tür auf. Sie trägt Jeans und eine karierte Bluse und hat eine neue Kurzhaarfrisur, die sie jünger aussehen lässt. Niedlich. Sexy. Die weite Bluse gibt den Blick auf die Vertiefung über ihrem Schlüsselbein und einen BH-Träger frei.
    Sie küsst Charlie auf die Wange, eine geübte, vertraute Geste. Sie sind mittlerweile fast gleich groß. Noch fünf Zentimeter und sie blicken sich in die Augen.
    »Warum habt ihr so lange gebraucht?«
    »Wir haben unterwegs noch eine Pizza gegessen«, antwortet Charlie.
    »Aber ich habe dir dein Abendessen warm gehalten!«
    Julianne sieht mich vorwurfsvoll an. Es ist meine Schuld.
    »Tut mir leid. Das hab ich vergessen.«
    »Das vergisst du jedes Mal.«
    Charlie tritt zwischen uns. »Bitte nicht streiten.«
    Julianne bremst sich und sagt sanfter: »Ab nach oben, duschen. Und weck Emma nicht. Ich habe sie gerade ins Bett gebracht.«
    Emma ist unsere Jüngste und geht seit Kurzem in die Schule im Dorf. In ihrer blauen Uniform und den grauen Söckchen kommt sie mir winzig vor. Wenn ich sie mit ihren Freundinnen aus der Schule kommen sehe, denke ich jedes Mal an Gulliver und die Liliputaner.

    Charlie drückt ihrer Mutter die Schultasche in die Arme und lässt die Treppe auf ihrem Weg nach oben steil erscheinen. Julianne öffnet die Tasche auf der Suche nach Mitteilungen der Schule. Sie trägt die silbernen Ohrringe, die ich ihr in Marrakesch gekauft habe.
    »Deine neue Frisur gefällt mir«, sage ich.
    »Charlie sagt, ich sehe aus wie eine Lesbe.«
    »Das stimmt nicht.«
    Sie ordnet lächelnd die Mäntel an der Garderobe im Durchgang. So sind unsere Gespräche seit unserer Trennung. Kurz. Höflich. Nicht tiefer als eine Pfütze. Wir waren zwanzig Jahre verheiratet. Wir sind seit zwei Jahren getrennt. Nicht geschieden. Julianne hat mich bisher nicht gefragt. Das ist gut.
    Wir kaufen nicht mehr zusammen ein, gehen nicht mehr zusammen ins Kino, bezahlen keine gemeinsamen Rechnungen mehr, schaffen keine gemeinsamen Autos an, buchen keine gemeinsamen Ferien und werden nicht mehr als Paar zum Essen eingeladen, aber wir reden noch miteinander, besuchen Elternabende und feiern Familiengeburtstage zusammen. Heute haben wir geredet, und ich habe sie zum Lachen gebracht, was immer meine Zuflucht ist, wenn mir sonst nichts bleibt. Humor und Anti-Depressiva sind die Gegenmittel zu Mr. Parkinson, der der Dritte in unserer Ehe war, der andere Mann, der nach der Trennung bei mir geblieben ist und jetzt wie ein unwillkommener Verwandter bis zur Verlesung des Testaments weiter herumlungert.
    »Wie läuft der Prozess?«, frage ich.
    »Bis jetzt haben sie mich noch nicht gebraucht. Sie sind nach wie vor mit der Auswahl der Geschworenen beschäftigt.«
    Vor neun Monaten hat Julianne ihren Top-Job in London aufgegeben, um mehr Zeit für die Mädchen zu haben. Jetzt arbeitet sie als Dolmetscherin für die Polizei und das Gericht und wird manchmal spätnachts angerufen, weil Opfer, Verdächtige oder Zeugen befragt werden müssen.

    Man hat sie gebeten, bei einem Mordprozess in Bristol zu dolmetschen. Drei Männer sind angeklagt, bei einem Brandanschlag auf eine Pension eine Familie Asylsuchender getötet zu haben. Zeitungen sprechen von einem »Rassenhass-Prozess«, Politiker mahnen zur Besonnenheit.
    Julianne hat den Flur fertig aufgeräumt. Ich verharre noch und wippe auf meinen Fersen in der Hoffnung, dass sie mich auf eine Tasse Tee zum Plaudern einlädt. Das macht sie manchmal, und dann reden wir stundenlang über die Mädchen, planen ihre Wochenenden und Termine.
    »Ich geh dann wohl besser.«
    »Willst du wieder vor der Tür hocken?« Bei ihr klingt es nicht wie eine Anklage. »Ich habe dich gestern Abend gesehen.«
    »Ich habe einen Spaziergang gemacht.«
    »Du hast zwei Stunden lang auf der Mauer unter dem Baum gesessen.«
    »Es war ein schöner Abend.«
    Sie sieht mich seltsam an. »Du musst uns nicht beschützen, Joe.«
    »Ich weiß. Gestern war ein komischer Tag.«
    »Warum?«
    »Ich habe die Mädchen vermisst.«
    »Du siehst sie doch fast jeden Tag.«
    »Ich weiß, aber ich habe sie trotzdem vermisst.«
    Sie schenkt mir ein melancholisches Lächeln und hält mir die Tür auf. Ich beuge mich vor, und sie lässt sich küssen. Ich drücke

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