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Todeszauber

Todeszauber

Titel: Todeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Würth
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Mathearbeit ausgelöst hatte. Davon dürfe Mama aber nichts erfahren. Mama glaube mir sowieso kein Wort, versicherte ich, schon gar nicht, wenn ich versehentlich die Wahrheit sagte.
    Und jetzt war ich also in Hamburg, auf der Suche nach einem Mörder, den es vermutlich gar nicht gab, weil es sich bei dem Mord um einen Unfall gehandelt hatte. Im Auftrag einer Frau, der bald aufgehen würde, dass sich mit ihrem Geld Sinnvolleres anstellen ließe, als einen Privatdetektiv zu bezahlen.
    Da daran im Moment nichts zu ändern war, konnte ich genauso gut meinen Job erledigen. Ich stand auf, schlüpfte in meine Schuhe, verließ das Zimmer, ging umweht von klassischer Musik die Treppe hinunter und achtete darauf, dass die Haustür hinter mir ins Schloss fiel.
    Der Zauberkasten, Jason Sinclairs Laden, befand sich weniger als hundert Meter vom Hotel entfernt. Ich musste ein paar Stufen ins Souterrain hinabsteigen und gelangte in einen relativ kleinen, mit allem möglichen Krimskram vollgestellten Verkaufsraum. Neben Partyartikeln wie Gummimasken, blutigen Fingerverbänden mit Stahlnägeln und aufklebbaren Stichwunden gab es kitschige Andenken in Form von Schneekugeln oder Melodien leiernden Karussells. Mit Zauberei hatte das Ganze wenig zu tun, was die Gruppe japanischer Teenager, die sich gerade mit klimperndem Holzspielzeug eindeckte, nicht zu stören schien.
    Ich wartete, bis die Japaner bezahlt hatten, und wandte mich dann an die junge Frau, die hinter der Holztheke auf einem Hocker saß und die Kasse bewachte.
    »Ich suche Jason Sinclair. Ist er da?«
    »Jason Sinclair?« Ihre Augenbrauen formten ein irritiertes Dreieck. »Wer soll das sein?«
    »Der Besitzer. Sinclair ist sein Künstlername.«
    »Herrn Kemmer meinen Sie?«
    »Schon möglich. Falls er früher als Magier aufgetreten ist.«
    »Ich arbeite hier nur als Aushilfe. Woher soll ich wissen, was Herr Kemmer früher gemacht hat.« Sie griff zu einem Telefon und drückte eine Taste. »Herr Kemmer! Hier ist jemand, der Sie sprechen möchte.«
    »Gehen Sie da entlang!« Ihre ausgestreckte Hand wies auf einen schmalen Gang. »Er wird gleich kommen.«
    Der Gang mündete in einen größeren Raum, der erheblich nüchterner gestaltet war als der erste. An einer der Längsseiten standen Regale, die ausschließlich Bücher über Zauberei enthielten, das übrige Inventar verbarg sich in großen Schränken, auf denen mit Hand beschriftete Karten klebten, die Kartentricks , Close-up und Mentalmagie verhießen.
    Aus einem weiteren Gang, der in den nächsten Raum führte, kam mir ein etwa siebzigjähriger Mann entgegen. Kemmer alias Sinclair war eine eindrucksvolle Erscheinung, groß gewachsen, mit breiten Schultern, auf denen ein kugelförmiger Kopf saß, der von einem weißen Seemannsbart umrahmt wurde. Weitaus mehr als der Vorstellung von einem Magier entsprach Kemmer dem Klischee eines raubeinigen Seebären.
    Eine große Pranke quetschte meine Hand. »Kemmer. Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich suche Zauberei-Equipment.«
    »An was haben Sie gedacht?« Er machte eine Bewegung zu den Schränken. »Hier habe ich kleinere Sachen, geeignet für Tischmagie und Gruppen bis zu fünfzig Personen. Oder soll es die Bühnenshow sein?«
    »Warum nicht?«
    Seine Augen blitzten spöttisch. »Hauptsache, Sie sind zahlungsfähig.«
    »Kein Problem.«
    »Wie Sie meinen. Hier lang!«
    Der dritte Raum, hinter einem Vorhang verborgen, war noch größer als der zweite. Mit schwarzen Wänden und in allen Regenbogenfarben schillerndem Licht, dessen Quellen hinter seitlichen Blenden versteckt waren. Leise Gitarrenmusik sickerte von der Decke herab.
    »Mein Showroom«, sagte Kemmer. »Ohne Bühnenatmosphäre funktioniert keine Großillusion.«
    Auf einem fahrbaren Tisch in der Mitte des Raums stand eine Holzkiste, ähnlich der, die Monetti bei seiner Vorstellung in Münster verwendet hatte, um Anna zu halbieren. Auch Stühle wie die, über denen die Kubanerin geschwebt hatte, waren in einer Ecke zu sehen.
    »Was kostet so etwas?« Ich zeigte auf die Kiste.
    »Die zersägte Jungfrau? Das Grundmodell um die zweitausend. Ich arbeite mit einem Schreiner zusammen, der mehrere Varianten fertigt. Seine Frau ist eine talentierte Malerin, die die Außenseite nach Ihren speziellen Vorstellungen gestaltet. Eine einfache Levitation …«, er nickte zu den Stühlen, »… habe ich ab tausendeinhundert Euro im Angebot.«
    Ich machte einen Schritt in den Raum hinein.
    »Stopp!« Der alte Mann hielt mich fest. »Ich

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