Todeszauber
sagen. Er hat unterschrieben, nichts zu sagen.«
»Dann wissen Sie auch nicht, wo dieser Unterricht stattgefunden hat?«
»Nein. Alles geheim. Top-secret.«
Ihr spanisches Englisch klang umwerfend komisch.
»Anna, ich muss Ihnen eine Frage stellen.«
»Fragen Sie, Georg!«
»Könnte es sein, dass Stefano in Hamburg nicht gezaubert, sondern sich mit einer anderen Frau getroffen hat?«
»Mit einer Frau?« Sie schlug mit der Hand auf den Tisch. »Sind Sie loco? Er war nicht so einer … so ein … Er hat mich geliebt. Ich war sein ángel. Er hat geschworen, mich zu lieben. Nie, nie würde er mit einer anderen Frau …«
»Anna, ich versuche nur, ein Motiv für den von Ihnen vermuteten Mord zu finden. Zauberunterricht für reiche Leute zu geben klingt für mich nicht nach einem guten Motiv. Ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau, die einen eifersüchtigen Ehemann hat, macht erheblich mehr Sinn.«
Sie schüttelte ihre Locken. »Es gab keine andere. Eine Frau spürt das. Eine Frau riecht das. Ich hätte gerochen, wenn er was mit einer anderen gehabt hätte. Außerdem hat er jedes Mal eine Menge Geld aus Hamburg mitgebracht. Denken Sie, eine Frau bezahlt ihn dafür, dass er mit ihr Liebe macht?«
»Auch das kommt vor. Bei älteren, reichen Frauen.«
»Stefano ein Gigolo? Das ist estúpido. Vergessen Sie die andere Frau, Georg.«
»Okay.« Ich stand auf und ging zum Herd, um eine zweite Kanne Espresso aufzusetzen. »Vergessen wir die andere Frau. War Stefano immer deprimiert, wenn er aus Hamburg zurückkam?«
»Nein, nur dieses eine Mal.«
»Hat er einen Grund genannt?«
»Er sagte, er wolle nie wieder nach Hamburg fahren. Hamburg sei für ihn gestorben.«
»Und Sie haben nicht nachgefragt?«
»Doch. Aber er wollte nicht darüber reden. Ich glaube, das letzte Mal ist etwas nicht nach Plan gelaufen. Und man hat ihm Ärger gemacht.«
Immerhin, der Hauch einer Spur.
»Gibt es jemanden, der etwas über diesen Privatunterricht wissen könnte? Einen Kollegen vielleicht? Einen Freund?«
Sie dachte nach. »Möglich ist es.«
»Und wer?«
»Ein alter Magier. Er hat Stefano das Zaubern gelehrt. Sein nom de guerre …«
»… Künstlername …«
»… ist Jason Sinclair. Er tritt kaum noch auf. Aber er besitzt einen Zauberladen in Hamburg. Stefano bestellt bei ihm seine Requisiten.«
Ich setzte mich wieder an den Tisch. Wenn ich in Hamburg wäre, könnte ich Pia anrufen und um Hilfe bitten. Ein Gespräch unter Kollegen. Völlig unverbindlich. Ohne Hintergedanken. Na ja, beinahe ohne Hintergedanken. Alles Weitere würde sich zeigen.
Anna lächelte: »Sie nehmen meinen Auftrag also an?«
»Unter einer Bedingung: Sie gehen jetzt zur Polizei und machen eine Aussage. Sonst wird der Kommissar Sie suchen lassen.«
»Por Dios!«, stöhnte sie. »Nur, wenn Sie mitkommen.«
»Ich bin kein Anwalt, Anna, ich bin Privatdetektiv.«
»Aber ich habe Sie gerade engagiert.«
Ich seufzte.
6
Petry ist auf dem Kriegspfad
Ich weiß auch nicht, warum ich jeden Morgen mit dem Wagen nach Pöseldorf fahre und nicht die öffentlichen Verkehrsmittel nutze. Wahrscheinlich macht mir das Autofahren einfach zu viel Spaß. Auch heute cruise ich mehrfach durch den Böhmersweg, den Pöseldorfer Weg, die Milchstraße und den Mittelweg, bis ich in der Böttgerstraße eine Parklücke finde, die so klein ist, dass ich sowohl das vordere als auch das hintere Auto touchiere, bevor ich eingeparkt habe.
Meine Büroräume befinden sich direkt um die Ecke in einem wunderschönen Jugendstilgebäude in der Magdalenenstraße. Was meiner Eitelkeit schmeichelt, meinen Geldbeutel jedoch massiv strapaziert. Eine Tatsache, auf die mich mein Assistent, Martin Cornfeld, dreimal am Tag aufmerksam macht. Er ist Student der Betriebswirtschaft und für unsere Finanzen zuständig. Was zu ständigen Querelen führt, da Geld auf mich eine geradezu abstoßende Wirkung hat: Ich behalte es einfach nicht bei mir.
Als ich das Büro betrete, klingelt das Telefon. Kurz darauf höre schon ich die Stimme meines Assistenten: »Detektei P-Quadrat, Cornfeld, guten Tag.«
Leise schließe ich die Tür zu seinem Zimmer, gehe in die Küche und hole mir einen Kaffee. Dann setze ich mich an meinen Schreibtisch und sehe die Post durch. Rechnungen, Rechnungen, Rechnungen. Frustriert schiebe ich den Stapel zur Seite. Es hätte ja ausnahmsweise auch einmal etwas Schönes, etwas Überraschendes darunter sein können. Ein Liebesbrief zum Beispiel. Eine Benachrichtigung über
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