Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
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Während Grohmann in die Küche ging, nahm sich Jennifer das Schlafzimmer vor.
In der Mitte des Raumes stand ein breites Bett mit einem dunklen Rahmen, dem auf den ersten Blick anzusehen war, dass es keine hundert Euro gekostet hatte. Auch der Schrank und die Kommode waren günstige Ware. Da Lauer aus seinem Erbe durchaus über finanzielle Mittel verfügte, verstärkte sich bei Jennifer der Eindruck, dass er sich in seinem Haus nicht unbedingt heimisch fühlte.
Keine Bilder an der Wand, keinerlei Dekoration. Nicht mal ein Päckchen Taschentücher oder eine Kleenex-Box auf dem Nachttisch. Der digitale Wecker war ein einfaches Standardmodell.
Jennifer öffnete zuerst die Schubladen der Kommode und ging vorsichtig die Wäsche durch, ohne sie durcheinanderzubringen. Nichts. Im Schrank reihten sich fein säuberlich die Hemden, die Schuhe standen ordentlich nebeneinander. Shirts und Hosen. Nichts Besonderes, einfache, nichtssagende Kleidung.
Keine Kisten mit alten Fotos oder sonstige Erinnerungsstücke, wie man sie in fast jedem Schlafzimmer fand. Auch der einzelne Nachttisch, der auf der linken Seite des Bettes stand, hatte nichts zu bieten. Keine Medikamente, keine Hefte oder Bücher, keine Bonbons, keine Pornos. Normalerweise waren Nachttischschubladen echte Fundgruben.
Jennifer ließ ihren Blick über das Bett schweifen. Es war ordentlich gemacht, und ein leichter Duft nach Waschmittel stieg von der Decke und den Kissen auf. Schlief Melchior Lauer überhaupt hier? Und wenn er es tat, warum brauchte er all die Kleinigkeiten nicht, die jeder normale Mensch am Bett hatte?
Vielleicht war das Wohnzimmer ergiebiger.
Jennifer trat ein paar Schritte zurück und ließ den Blick noch einmal durch den Raum schweifen. Sie wollte schon gehen, als ihr plötzlich etwas ins Auge fiel. Unter dem Bett, das bis zum Boden verkleidet war, um Staubansammlungen zu vermeiden oder zu verbergen, lugte an einer Stelle etwas hervor.
Sie trat näher heran und hockte sich hin. Es war eine Staubfluse. An sich nichts Ungewöhnliches, aber die Art, wie der Staub zusammengepresst und unter der Verkleidung des Bettes eingeklemmt war, machte Jennifer stutzig. Sie zupfte vorsichtig an der Fluse. Sie ließ sich nur mit einiger Anstrengung lösen.
Jennifer kniff die Augen zusammen und betrachtete aufmerksam den Fußboden. Als sie den Kopf schräg legte, sah sie im Gegenlicht Schlieren auf dem Laminat. Sie zog den Bettvorleger – ein unifarbenes Stück Polyester – zur Seite.
Sie hatte sich nicht geirrt. Die Schlieren deuteten darauf hin, dass das Bett bewegt worden war. Mehr als einmal und auch in letzter Zeit. Das Haus war insgesamt nicht klinisch rein geputzt, aber doch sauber. Die Spuren mussten in den letzten Tagen entstanden sein.
Das Schlafzimmer war im Verhältnis zur Einrichtung unverhältnismäßig groß. Jennifer umrundete das Bett und schob vorsichtig. Es ließ sich leichter bewegen, als sie erwartet hatte. Unter dem Bett kam eine gut eineinhalb Meter lange und einen Meter breite Stelle zum Vorschein, an der das Laminat durch einen Teppich ersetzt war, der perfekt mit dem Bodenbelag abschloss. Nur die ausgefransten Ränder zeigten, dass der Teppich nicht fest mit dem Boden verbunden war.
Jennifer schluckte und spürte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte, als sie langsam nach einer Ecke des Teppichs griff. Sie wusste nicht, was sie erwartete. Ihr Gefühl warnte sie eindringlich, und sie lehnte den Oberkörper nach hinten, um einem gegebenenfalls erfolgenden Angriff zu entgehen.
Sie hob den Teppich an.
Darunter kam eine massiv wirkende Stahlluke zum Vorschein.
Jennifer starrte zwei Sekunden lang bewegungslos auf ihre Entdeckung. Dann projizierte ihre Phantasie erste Bilder in ihr Gehirn. Bilder, die zeigten, was sie dort unten hinter der Stahlluke finden würden.
So lautlos wie möglich zog sie sich zur Schlafzimmertür zurück. Unbewusst war ihre rechte Hand zu der Waffe in ihrem Holster geglitten.
Wortlos verfluchte sie die Entscheidung, ohne Funkgeräte ins Haus zu gehen. Aber mit einer geheimen Kammer unterhalb des Hauses hatte niemand gerechnet. In allen Aufzeichnungen, die sie an einem Samstag in so kurzer Zeit über das Haus hatten auftreiben können, waren keinerlei Kellerräume verzeichnet gewesen.
Darüber hinaus bezweifelte Jennifer, dass es sich um eine genehmigte Baumaßnahme handelte.
Sie wollte die Luke nicht aus den Augen lassen und hatte Glück, dass Grohmann in diesem Moment aus der Küche kam.
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