Todfeinde
Schnappen gehört. Vermutlich war die Flasche da schon installiert, und er hat die Verkleidung wieder angebracht. Aber das hab ich erst gestern erkannt. Erst als ich von den Schlafmitteln wusste, begann langsam alles einen Sinn zu ergeben.«
»Dann wurde Will also eigentlich nicht ermordet«, sagte Trey, »sondern es wurden Umstände geschaffen, die dazu führen sollten, dass er gefeuert oder verhaftet wurde oder sich umbrachte.«
»Genau. Nachdem seine Frau ihn verlassen hatte, stand er sehr unter Stress. Damals wurde die Flasche installiert. Es war klar, dass er nach der Trennung in schlechterer Verfassung und verwundbarer sein würde. Ennis wusste, dass Will ein Veto gegen Beargrass Village einlegen würde. Die einzige Möglichkeit, sein Projekt auf den Weg zu bringen, bestand darin, ihn in Verruf zu bringen und dafür zu sorgen, dass er verschwindet. Will begriff nicht, was ihm widerfuhr – das zeigen seine Tagebücher. Die Schlafmittel haben seinen Zustand derart verschlimmert, dass er irgendwann keinen anderen Ausweg mehr sah.« Joe hatte beschlossen, ihnen nichts davon zu erzählen, welche Rolle Stella dabei gespielt hatte. Er sah keine Notwendigkeit dafür, jetzt, da sie ertrunken war und Wills Tod als Selbstmord galt.
»Aber wir wissen nicht, wer das Ganze eingefädelt hat«, sagte Pope. »Sie sind auf Spekulationen angewiesen.«
»Stimmt. Aber wer außer Ennis hatte die Möglichkeit, so etwas zu tun? Wer hatte etwas davon, dass Will durchdrehte?«
»Da haben Sie recht«, meinte Trey.
»Und noch was«, fuhr Joe fort, »Susan Jensen hat mir erzählt, ein Unbekannter habe Wills Einäscherung bezahlt. Sie vermutete jemanden, der Will oder der Familie nahestand. Wenn wir die Zahlungseingänge des Krematoriums prüfen, finden wir garantiert heraus, dass der Scheck von Ennis, von Beargrass Village oder von einer seiner anderen Firmen kam.«
»Warum sollte er das getan haben?«, fragte Pope.
»Damit niemand die Leiche exhumieren und nachträglich eine Autopsie vornehmen kann. Er wollte sichergehen, dass in Wills Körper niemals Schlafmittel nachgewiesen werden.«
Tassell rieb sich das Gesicht und stöhnte.
»Ich möchte Ihnen noch etwas zeigen«, sagte Joe und führte sie um das Haus herum zur Einfahrt.
Joe erklärte, dass er den Sender am vorigen Nachmittag in Wills Pick-up entdeckt hatte, ehe er zur Party bei Don und Stella Ennis gefahren war. Nachdem er Radkästen, Stoßstangen und Motor abgesucht hatte, fand er ihn unter dem Armaturenbrett, im Kabelsalat versteckt. Wills Feststellung » Sie wissen, wo ich hinfahre, und überwachen all mein Handeln « hatte ihn an den Wagen denken lassen.
»Sie wussten, wohin er fuhr, was er sagte, was er über Funk mitteilte«, berichtete Joe. »Da Jagdaufseher mehr Zeit in ihrem Fahrzeug als irgendwo sonst verbringen, haben sie gewissermaßen sein Büro verwanzt.«
Trey nickte, beugte sich ins Führerhaus und sah unters Armaturenbrett. »Wenn wir die Senderfrequenz überprüfen und den passenden Empfänger finden, wissen wir, wer ihn abgehört hat.«
»Der Empfänger dürfte sich in Beargrass befinden. So wussten sie, wie er sich hinsichtlich der geplanten Siedlung entscheiden würde. Sie haben gehört, wie er mit Biologen und anderen über die Probleme gesprochen hat, die eine Umzäunung für die Wildwanderung mit sich bringen würde.«
»Darum also wurde Ihr Pick-up abgefackelt«, sagte Tassell mit einem nach wie vor gequält wirkenden Gesichtsausdruck. Joes Entdeckungen schienen ihm zunehmend körperliche Schmerzen zu bereiten. »Das war weniger riskant, als einen neuen Sender in Ihrem Wagen anzubringen. Die wussten, dass Sie stattdessen einfach Wills Auto nehmen würden.«
Joe zog sich etwas zurück und beobachtete, wie die Männer seine Theorien besprachen und ihre Schlüsse daraus zogen. Trey leuchtete ein, was Joe ihnen gezeigt hatte; Pope war fasziniert, aber misstrauisch, denn falls Joe recht behalten sollte, würde ihn seine Vereinbarung mit Ennis dumm dastehen lassen; Tassell litt unter der Aussicht, sich mit einem der mächtigsten und eigensinnigsten Männer in Teton County anlegen zu müssen. Während Joe ihnen zuhörte, sah er den Nachbarn in Baskenmütze mit seinem Hund aus dem Haus kommen. Er hatte Stella bisher aus der Sache herausgehalten, weil er der Ansicht war, das sei das Mindeste, was er tun könne. Er wusste zwar, dass sie tot war, doch wirklich angekommen war diese Tatsache bei ihm noch nicht.
»Fahren wir zurück zum Büro des
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