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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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am Morgen gelesen hatte, war Smoke Van Horns Name mehrmals aufgetaucht. Ein anderer Jagdführer und ein Nationalpark-Ranger hatten ihn beschuldigt, Salzlecken versteckt zu haben, um Wapitis dorthin zu locken, wo seine zahlende Kundschaft sie schießen konnte. Will hatte notiert, er habe Smoke dazu befragt, und der habe es weder abgestritten noch zugegeben.
    »Hat mich aufgefordert, die Salzlecken zu finden«, hatte Will hinzugefügt. »Konnte sie nicht finden. Vermutlich am Clear Creek.«
    »Wir werden uns sicher bald über den Weg laufen«, meinte Joe leise.
    »Was Sie nicht sagen.« Smoke lachte erneut. »Sie dürften mich bald über haben, schätze ich. Ich vertrete radikale Ansichten.«
    Behalten Sie die jetzt bloß für sich, dachte Joe.
    Smoke blickte zum Altarraum und sah die Urne und die Fotos.
    »Oje, in eine Dose haben sie ihn getan?«
    »In eine Urne«, entgegnete Joe mit einem Seitenblick auf Wills Jungen. Sie beobachteten Smoke inzwischen und konnten mit Sicherheit hören, was er sagte. »Und bitte reden Sie nicht so laut.«
    Van Horn musterte ihn, und seine Augen wurden schmal. »Wollen Sie mir jetzt schon vorschreiben, was ich zu tun habe?«, fragte er drohend. Immerhin redete er nun leiser.
    »Wills Familie sitzt da vorn.«
    Smoke setzte zu einer Antwort an, hielt aber kurz inne, was vermutlich ungewöhnlich für ihn war. Dann beugte er sich vor. Sein Mantel roch nach Pferd.
    »Will war zu zäh und zu entschlossen, um sich so umzubringen«, raunte er. »Ich war viele Stunden mit ihm in unwegsamem Gelände. Einig waren wir uns fast nie, doch ich denke, er hat mir insgeheim weit öfter recht gegeben, als er es sich hat anmerken lassen. Aber er war nicht bedrückt, wissen Sie. Oder nur in letzter Zeit, als der Mistkerl mich fertigmachen wollte.«
    Auch Joe beugte sich vor und fragte leise: »Sie glauben also nicht, dass er sich umgebracht hat?«
    »Nein, verdammt!«, erklärte Smoke nun wieder laut. »›’tschuldigung, Jungs«, brummte er dann nach vorn.
    »Ich würde später gern mit Ihnen reden«, sagte Joe. Weitere Besucher waren eingetroffen, und Smoke merkte nicht, dass er ihnen den Weg versperrte.
    »Darum bin ich gekommen«, erwiderte er. »Wenn ein Mann mich ruinieren will, interessiere ich mich für ihn. Also muss ich mich davon überzeugen, dass er wirklich tot ist. Ich hatte nicht erwartet, ihn in einer Dose vorzufinden. Oder in einer Urne oder was immer das ist.«
    »Später«, sagte Joe mit Nachdruck und setzte sich wieder.
    Smoke Van Horn schlenderte den Gang hinunter und strahlte eine Präsenz aus, die noch größer war als seine körperlich ohnehin stattliche Erscheinung. Vermutlich würde niemand sonst sich in die Bank setzen, in der er sich niederließ.
    Damit lag Joe richtig.
    Er kannte kaum jemanden aus der Trauergemeinde. Es schien sich weitestgehend um Einheimische zu handeln. Die meisten suchten nach Susan und ihren Jungen, umarmten sie oder winkten ihr traurig zu, manche standen auch nur da und schüttelten bedauernd den Kopf.
    Randy Pope schob sich in Joes Sitzreihe, ließ aber drei Plätze zwischen ihnen frei, was Joe mehr als recht war.
    Pi Stevenson kam mit Birdy. Sie hatte ihr Haar gekämmt und wirkte in ihrem Sportanzug fast geschäftsmäßig. Als sie Joe sah, lächelte sie ihm zu, und er nickte zurück.
    Er blickte sich um und sah den Sheriff von Teton County und zwei Hilfssheriffs in der letzten Reihe sitzen. Sie trugen ihre Uniform und hatten ihre Hüte auf dem Schoß abgelegt. Obwohl der Gottesdienst bereits begonnen hatte, gab Joe ihnen die Hand und stellte sich vor. Wegen des Hinweises an der Fliegentür nahm er an, dass sie und nicht die Stadtpolizei Jensens Haus untersucht hatten. Der Sheriff, der laut Dienstabzeichen Tassell hieß, grüßte kühl zurück. Er war durchaus gut aussehend, auf eine distanzierte, adrette Art. Er hatte längeres Haar, und sein Schnurrbart hing ihm über die Mundwinkel. Er war jung und durchtrainiert, und Hemd und Hose saßen perfekt. Vermutlich machte er auf Wahlplakaten eine gute Figur. Er war ganz das Gegenteil von Sheriff Barnum in Twelve Sleep County, genauso, wie Jackson nun mal das Gegenteil von Saddlestring war.
    »Kann ich nach dem Gottesdienst mit Ihnen sprechen?«, flüsterte Joe.
    Tassell musterte ihn kurz. »Klar, wenn’s sein muss.«
    Joe drehte sich wieder um. Weil Tassell sich so sehr von Barnum und dem neuen Sheriff McLanahan zu unterscheiden schien, hatte Joe ihn für zugänglicher gehalten. Mit dieser Annahme hatte er

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