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Todfeinde

Todfeinde

Titel: Todfeinde Kostenlos Bücher Online Lesen
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noch lange miteinander. Er hatte so viel Kaffee getrunken, dass er ganz zittrig war. Sie fragte, was bei der Hütte geschehen sei, und er erzählte ihr alles. Die Geschichte schien sie zu faszinieren, doch sie konzentrierte sich darauf, was er während der Auseinandersetzung gedacht hatte und wie er sich nun fühlte und ging nicht auf Einzelheiten der Schießerei ein. Er staunte einmal mehr, wie wohl er sich mit ihr fühlte und wie angenehm sich mit ihr reden ließ. Ob Will das ebenso empfunden hatte? Natürlich hatte er das. Das hatte er schließlich auch in seinem Notizbuch geschrieben.
    »Ich weiß nicht, was ich noch sagen soll«, erklärte Joe. »Ich bin leer geredet.«
    »Das weißt du schon«, widersprach sie. »Du hast nur Angst vor den Worten.«
    Er blickte ihr in die Augen.
    »Dass man jemanden liebt, heißt nicht, dass ein anderer einem nicht genauso viel bedeuten kann. Es kommt ganz auf die Umstände an. Es muss kein Entweder-oder geben. Man kann beides haben.«
    Joe spürte, wie sich seine Augen weiteten, und kniff sie zusammen. Erneut durchfuhr ihn das ZING .
    »Ich weiß nicht«, stammelte er.
    »Ich bin ungefährlich.« Sie beugte sich über den Tisch zu ihm hinüber. »Du wirst nie einer ungefährlicheren Frau begegnen als mir. Ich verfolge keinerlei Absichten und will nicht, dass einer von uns verletzt wird. Aber ich möchte mit dir zusammen sein, Joe, wenn auch nur für kurze Zeit. Solange es authentisch ist – und so ehrlich wie möglich.«
    »Und Don?« Joe konnte kaum fassen, diese Frage gestellt zu haben.
    »Verdirb nicht die Stimmung«, sagte sie schroff. »Don hält mich für einen Teil von sich. Und da er von der bloßen Vorstellung seiner eigenen Person besessen ist, tja … «
    Ed tauchte mit der Kaffeekanne auf. Joe wusste nicht, ob er ihn umarmen oder wegschicken sollte.
    »Was erhoffst du dir eigentlich hier draußen zu finden?«, fragte Joe und sah dabei aus dem Fenster.
    »Das hab ich dir doch gesagt. Ich suche Authentizität. Vornehme Authentizität. Mein Leben lang war ich von Menschen umgeben, die Rollen spielen. In den ersten fünfundzwanzig Jahren kannte ich nicht mal den Unterschied zwischen Schauspielern und den echten Menschen, die den Aufführungen als Vorbild dienten. Ich bin diese Inszenierungen einfach leid. Ich möchte zur Quelle vordringen.«
    »Und du glaubst, die findest du hier?«
    Sie warf lachend den Kopf in den Nacken. »Nicht in Jackson, nein. Aber hier draußen. Ich habe das Gefühl, ihr gerade immer näher zu kommen.«
    Joe spürte sich erröten. Welche Form von Authentizität mochte Stella bei einem verheirateten Mann zu finden hoffen? Wie konnte es authentisch sein, wenn eine Beziehung auf Lügen gründete? Die Frage ging ihm durch den Kopf, aber er brachte es nicht fertig, sie auszusprechen.
    »Wir sind die Letzten hier. Ich muss los.«
    »Um was zu tun?«
    Er dachte kurz nach. »Es gibt da ein paar Dinge, die ich überprüfen muss.«
    Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, ihn zu durchschauen.
    »Hör mal«, sagte er, »ich weiß nicht, warum ich dir traue. Vielleicht, weil Will das auch getan hat. Du musst mir eine Frage beantworten.«
    Für einen kurzen Moment blitzte Furcht in ihren dunklen Augen auf. Mit welcher Frage mochte sie wohl rechnen?
    »Wenn du mit Will zur Hütte geritten bist, schien es ihm dann besser zu gehen? Psychisch, meine ich.«
    »Anfangs ja.« War das Erleichterung, was er in ihrem Gesicht sah? »Am ersten Tag da oben meinte er, er habe wieder das Gefühl, er selbst zu sein. Er liebte den Two Ocean Pass und sagte, er könnte den Rest seines Lebens dort verbringen.«
    »Und dann?«
    Sie hielt kurz inne. »Am zweiten Tag war er wieder in schlechter Verfassung, hatte schreckliche Kopfschmerzen, konnte nichts essen. Seine Hände zitterten. Ich wollte ihm helfen, ihn ablenken, doch es war schon zu schlimm. Er war wirklich niedergeschlagen, als wir wieder nach unten ritten. Das war eine Woche vor … «
    Joe nickte nachdenklich.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Heute Morgen hat Dr. Thompson mir vorgehalten, ich solle besser auf mich achten. Er sagt, ich hatte Schlafmittel im Blut.«
    Stella sah ihn verblüfft an.
    »Ja, Schlafmittel«, fuhr Joe fort. »Obwohl ich sie schon vor Tagen genommen hätte, seien in meinem Blut eindeutige Spuren davon nachgewiesen worden. Er hat mich nach Valium und Xanax gefragt und mich vor ernsten Nebenwirkungen gewarnt.«
    Sie hörte aufmerksam zu und beobachtete ihn. Ihre Augen verrieten, dass ihr etwas

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