Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi
Zigarettenqualm,
eine Mischung, die ich noch weniger ertragen konnte als Knoblauch.
»Bestimmt nicht«,
erwiderte ich höflich, »wir gehören zu einem ganz anderen Fall. Wir möchten
einen Mord melden.«
»Außerdem ist auf
uns geschossen worden.« Cornelia lächelte ihr tapferstes Lächeln und fügte
hinzu: »Und es gibt auch noch eine zweite Leiche, aber die ist schon über
hundert Jahre tot.«
Diese
Informationen reichten aus, um auch einen westfälischen Beamten davon zu
überzeugen, dass unsere Angelegenheit keine lange Wartezeit duldete. Sichtlich
beeindruckt führte uns Herr Schäfer, wie ich dem Namensschild entnahm, zu einem
Schreibtisch, vor dem zwei quittengelbe Stühle auf Besucher warteten. Wir
setzten uns, und Herr Schäfer holte einen Kollegen dazu. Ich kenne mich mit den
Dienstgraden nicht so gut aus, aber dieser zweite Beamte schien der Leiter der
Dienststelle zu sein. Sein Name war Klaus Schlüter, und sein auffälligstes
Merkmal waren die abstehenden Ohren. Vielleicht hatte er bei diesem etwas
koboldhaften Äußeren manchmal Schwierigkeiten, den gebührenden Respekt zu
erhalten. Doch er machte diesen kleinen Makel durch eine laute Bassstimme und
einen stechenden Blick aus braunen Augen wieder wett.
»Sie wollen bei
der Autobahnpolizei einen Mord melden?«
Er schaute mich
an, aber Cornelia ergriff das Wort. »Sie waren am schnellsten zu erreichen. Und
Sie sollten sofort jemanden zum Tatort schicken, denn eben war der Mörder noch
dort und hat auf uns geschossen.«
»Warum haben Sie
nicht gleich den Notruf gewählt?«
Cornelia schaute
mich an, und ich konnte nur langsam meine Schultern hochziehen. Wir waren wohl
zu aufgeregt gewesen. Nun wurde ich das Gefühl nicht los, dass Herr Schlüter
uns für ein überspanntes Pärchen hielt, das vielleicht einem frühen Jäger ins
Revier gelaufen war. Ruhig und betont sachlich schilderte ich also die Vorfälle
einschließlich unserer eigenen Rolle als forschende, aber harmlose Grabräuber,
die lediglich einem Familiengeheimnis auf die Spur kommen woll- ten.
»Dann haben Sie
statt einer alten Leiche also eine frische Leiche gefunden. Ist Ihnen der Tote
bekannt?« Dabei blickte Herr Schlüter Cornelia an.
»Nein, und als ich
ein Foto seines Kopfes machen wollte, um ihn mir genauer ansehen zu können,
fing man an, auf uns zu schießen.«
Herr Schlüter zog
eine Augenbraue hoch und musterte meine Begleiterin nun zum ersten Mal richtig.
Ich wünschte, Cornelia würde mir das Reden überlassen. Aus ihrem Munde klangen
ihre, na gut, unsere Aktionen noch befremdlicher.
Wir mussten einige
Fragen über den Ort und den genauen Zeitpunkt beantworten, dann führte Herr
Schlüter ein paar Telefonate, bei denen er offensichtlich keinen Wert auf
unsere Anwesenheit legte, denn er verließ dazu den Raum. Wenig später kam er
zurück und teilte uns mit, seine Beamten würden nun den vermeintlichen Tatort
aufsuchen. Sollte man etwas finden, sei die Kriminalpolizei in Münster
zuständig.
Naiv, wie wir in
den Fall hineingeraten waren, glaubten wir nun, uns entfernen zu können. Stattdessen
fanden wir uns in einem kleinen, karg möblierten Zimmer wieder, eine Tasse
bitteren Kaffees vor uns sowie einige Käsebrötchen, die uns die junge
Polizeibeamtin brachte, nachdem Cornelia theatralisch verkündet hatte, sie sei
Migränepatientin und müsse regelmäßig etwas essen. Wenn ihr Blutzuckerspiegel
zu sehr absinke, drohe leider eine grässliche Attacke. Die Brötchen schmeckten
besser als der Kaffee, den Cornelia sowieso verschmähte. Sie ließ sich einen
Pfefferminztee kochen und war damit höchst zufrieden.
Allmählich geriet
ich unter Zeitdruck. In spätestens einer halben Stunde wurde ich im Büro
erwartet, daher musste ich dringend telefonieren. Und dabei wollte ich auf
keinen Fall einen Zuhörer haben. Darüber hinaus hatte ich zu Hause eine
Verabredung mit einem Mönch, die ich auch nicht näher erklären wollte und die
mir sehr wichtig war. Ich musste also nicht nur hier weg, sondern auch das
entzückende, temperamentvolle Wesen an meiner Seite loswerden. So
despektierlich das jetzt klang, in Wirklichkeit war Cornelia Nüßing mir immer
weniger lästig.
»Müssen Sie heute
nicht arbeiten?« Soeben wischte Cornelia sich Margarine aus dem Mundwinkel und
sah mich fragend an. »Bald ist doch Buchmesse.«
»Meine
Arbeitszeiten sind recht flexibel. Ich denke, ich bringe Sie gleich nach Hause
und schau dann mal im Büro vorbei. Und Sie? Haben Sie Urlaub?«
Sie
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