Todgeweiht im Münsterland - Westfalen-Krimi
die Badezimmertür
aufgeschlossen wurde, und fasste mich wieder. Vielleicht hatte Martin, mein
freundlicher Mönch, etwas herausgefunden, was meine Todesbotin in einem anderen
Licht erscheinen ließ? Vielleicht gab es doch einen Ausweg aus dieser düsteren
Prophezeiung?
»Darf ich mir
einen Kakao machen?« Cornelia kam auf mich zu. »Möchtest du auch einen?«
Nun stand sie
direkt vor mir. Ihr Gesicht glänzte feucht, als habe sie es unter Wasser
gehalten. »Du siehst sehr blass aus, Michael. Schokolade hilft gegen vieles,
versuch es mal.«
Mein Leben geriet
komplett aus den Fugen. Ich trank Kakao!
Während Cornelia
sich um unser edles Gesöff kümmerte und ich die Augen kaum von dem beruhigenden
Anblick einer in der Küche hantierenden Frau abwenden konnte, klingelte das
Telefon. Die Nummer im Display war mir fremd, doch die Stimme am anderen Ende
der Leitung erkannte ich sofort. Mütter haben telepathische Fähigkeiten. Sie
spüren die Unruhe eines Sohnes über weite Entfernungen hinweg und lassen sogar
ihren neuen Lover am Strand zurück, um dem Sprössling tröstende Worte zu sagen.
»Oh, du bist zu
Hause. Hallo, Michael. Pass genau auf. Du musst für mich zur Praxis von Dr. Mertens gehen. Ich habe meine Betablocker vergessen. Er soll mir ein Rezept an
folgende Nummer faxen. Hast du etwas zu schreiben?«
Also doch keine
mütterliche Empathie. Ich war dennoch froh über den Anruf, konnte ich nun sogar
unauffällig Fragen zu dem Kreuz stellen. Ich erklärte meiner Mutter ganz kurz
mein plötzliches Interesse an diesem sakralen Kunstwerk, ohne jedoch ins Detail
zu gehen.
»Dieses Kreuz
befindet sich schon immer im Besitz der Familie, Michael, egal, was man dir
weismachen will. Und es ist auch nicht zu verkaufen. Mit was für Leuten treibst
du dich auf einmal herum, und warum bist du schon zu Hause?«
»Sei froh, du
wolltest mich doch dringend erreichen.«
»Ich wollt dir auf
den Anrufbeantworter quatschen.« Sie lachte gut gelaunt. »Ich habe kein
Heimweh. Bilde dir bloß nichts ein. Ich brauche lediglich meine Medikamente.« Jetzt
stöhnte sie sogar genüsslich. »Hier ist es herrlich, Michael.«
»Freut mich, dass
es dir so gut geht, Mutti. Erinnerst du dich denn gar nicht, was man dir über
das Kreuz erzählt hat? Wer hat es gemacht? Wie lange gehört es bereits unserer
Familie?«
»Ich habe das
Kreuz von meiner Mutter, und ich nehme an, dass die es von ihrer Mutter
bekommen hat. Wie das in Familien mit alten Wertgegenständen eben so üblich
ist. Sie werden weitervererbt.«
»Aber das Kreuz
gehörte den Hovermanns und nicht uns. Wie hieß meine Oma vor ihrer Ehe?«
»Steeken. Michael,
jetzt lass mich in Ruhe meinen Urlaub genießen und denk bitte an das Rezept.
Wenn ich zurück bin, können wir in alten Familienalben stöbern.«
Steeken klang
irgendwie holländisch.
Cornelia stellte
mir eine dampfende Tasse vor die Nase und setzte sich mir gegenüber. Ich verzog
das Gesicht und sagte: »Meine Mutter liegt am Strand von Paguera und möchte
nicht gestört werden. Und frag lieber nicht, wer neben ihr liegt. Es ist
nämlich keineswegs mein Vater.«
»Ich glaube, ich
würde deine Mutter mögen. Was machen wir jetzt?«
Ich wählte bereits
die Nummer der Hausarztpraxis meiner Mutter und erklärte einer
Sprechstundenhilfe mit einer auffallend angenehmen Stimme das kleine Problem.
Dann nannte ich ihr die Faxnummer, bedankte mich überschwänglich und hatte mir
so den Weg zum Arzt gespart.
Die ersten
Schlucke des Kakaos waren gewöhnungsbedürftig. Ich hatte das Gefühl, zu lange
auf einem Stück Schokolade herumgelutscht zu haben. Als passionierter
Kaffeetrinker kam mir schon ein Milchkaffee wie ein Kindergetränk vor.
»Willst du noch
einmal bei deinem Bruder anrufen? Ich stöbere solange in diesen Alben. Irgendwo
muss es doch eine Verbindung zu den Hovermanns geben.«
»Kannst du nicht
einfach Verwandte von dir fragen? So ein paar ältere Tanten sind Gold wert,
wenn es um Informationen über die Familie geht.« Mit dem Handy am Ohr und der
Tasse Kakao in der Hand erinnerte sie mich stark an einen Teenager, der auf
eine Verabredung hofft.
Spontan fragte ich
sie: »Darf ich dich heute Abend zum Essen ausführen?«
»Verdammt, er geht
noch immer nicht ans Telefon. Weder Handy noch Hausanschluss.« Sie knallte das
Handy neben sich auf das Sofa. Danach kam die Tasse dran, die mit einem
vernehmbaren Geräusch auf meiner Tischplatte landete. »Essen gehen? Das ist
eine wunderbare Idee, aber glaub bloß
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