Todsünde (German Edition)
einmal, was mehr weh tat, dass sie ihre beste Freundin verloren hatte oder dass ihre beste Freundin sie so hintergangen hatte. Wenn sie ehrlich war, musste sie doch eingestehen, dass sie Jess nach dieser Aktion eigentlich nicht mehr ihre beste Freundin genannt hätte.
„Weißt du das schon von Jess?“, fragte Tommy und ging auf sie zu.
Lindsay nickte und brach in Tränen aus. „Woher weißt du es?“
„Die Detectives waren bei mir im Studio, haben mir ein paar Fragen gestellt. Daraufhin bin ich so schnell ich konnte zu dir gekommen.“
„Mich haben sie aufs Revier geordert. Ich musste mir Fotos ansehen … von ihr … es war so schrecklich.“
Sie drückte sich ganz fest an Tommys starke Schulter. Egal, was sie noch vor ein paar Tagen gesagt hatte, im Moment war das Einzige, was sie wollte, dass Tommy sie beschützte. Sie hatte solche Angst.
„Was waren das für Bilder?“
„Ich kann das gar nicht beschreiben, so grausam waren sie. Jemand hat Jess genauso zugerichtet wie Robert, überall war Blut. Und dann waren da wieder eingeritzte Buchstaben. Wieder eine Todsünde.“
„Wollust“, sagte Tommy wissend.
„Woher weißt du das?“, fragte Lindsay erschrocken und wich zurück. Hatte die Polizei es Tommy erzählt?
„Ich habe es mir gedacht. Diese Todsünde passt zu ihr. Wollust. Begierde. Sie konnte nicht genug bekommen von den Männern, hat sich sogar an den Mann ihrer besten Freundin rangeschmissen.“
Lindsay dachte nach, zumindest versuchte sie es. „Nicht nur sie, Tommy. Robert hat es mit so vielen Frauen getrieben, wieso hat es gerade Jess getroffen?“
„Das weiß ich nicht. Ich habe mir auf dem Weg hierher auch den Kopf darüber zerbrochen. Es kann eigentlich nur etwas mit dir zu tun haben, oder?“
Obwohl Lindsay zu dem gleichen Schluss gekommen war, fragte sie: „Was meinst du damit?“
„Na, Robert musste sterben, weil er dir weh getan hat. Und Jess musste ebenfalls sterben, weil sie dir wehgetan hat.“
Das wollte Lindsay noch immer nicht wahrhaben. „Aber wer sollte so etwas tun? Und was hat es mit den Todsünden auf sich?“
Sie erinnerte sich daran, dass Tommy es gewesen war, der damit angefangen hatte. Er hatte von Todsünden gesprochen, erst vor wenigen Tagen. Da musste es doch einen Zusammenhang geben. In den letzten Stunden, seit sie das schreckliche Foto von Jess gesehen hatte, war ihr immer wieder dieser Gedanke gekommen. Was, wenn Tommy es getan hatte – um sie zu beschützen? Um es all denen zu zeigen, die ihr wehgetan hatten? So absurd der Gedanke auch war … sie konnte es nicht zu hundert Prozent ausschließen.
„Sie haben beide welche begangen“, sagte Tommy jetzt.
„Wenn du es mal recht bedenkst, begeht jeder von uns täglich irgendeine Todsünde.“
„Aber doch nicht in dem Ausmaß. Sieh dir Robert an, den arroganten Kerl. Dachte, er sei der Größte, hat sich einfach genommen, was er wollte. Und Jess, ihr war ihr Sexleben wichtiger als ihre Freundschaft mit dir. Sie hatte immer nur das Eine im Kopf.“
„Woher willst du das denn wissen?“
Jetzt sah Tommy ihr direkt ins Gesicht. „Sie hat es bei jedem versucht. Auch bei mir.“
„Wie bitte? Sie wollte mit dir ins Bett? Hast du es etwa getan?“
Tommy wurde still, dann sagte er: „Das ist schon ewig lange her, Lindsay.“
„Oh mein Gott! Du hast es mit Jess getrieben?“ Sie konnte es nicht glauben. Wieder eine Sache, die sie einfach nicht fassen konnte.
„Sie war damals achtzehn und ich war einundzwanzig. Es war zu Thanksgiving, du hast noch bei Mom gewohnt.“
„Und du hast es mir nie erzählt? Sie hat es mir nie erzählt?“
„Wir waren uns einig, dass wir es für uns behalten wollten, weil es dich nur aufregen würde.“
„Allerdings. Erst fickt sie meinen Bruder und dann meinen Freund. Mir ist so schlecht, ich könnte kotzen!“
„Lindsay, bitte. Das ist lange her.“
Lindsay wusste, dass Jess eine Männerverschlingerin war, aber dass sie Tommy verführt hatte … und Robert … damit hätte sie im Traum nicht gerechnet. Es war wahrscheinlich wirklich so: Sie war unglaublich dumm und naiv, und blind. Sie sah nicht, was direkt vor ihren Augen geschah.
„ Ist seit damals noch mal irgendwas mit ihr gewesen, Tommy?“, wollte sie wissen. Sie wusste nicht, warum es ihr so wichtig war, aber sie musste jetzt die ganze Wahrheit erfahren, vielleicht würde sich so ein Ganzes ergeben.
„ Nein, ich schwöre es. Neulich kam sie hier an, als du bei Robert
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