Todsünde (German Edition)
mir!“
Dann hatte sie aufgelegt. Bald darauf war sie gestorben. Lindsay fragte sich, wie viel Zeit wohl zwischen dem Anruf und dem Mord vergangen war.
Ihr Herz schmerzte so sehr, es stach und brannte. Sie sackte zu Boden und jaulte wie ein kleiner Welpe. Sie wollte nie wieder aufstehen, nie wieder ins normale Leben zurückkehren, denn es gab ja überhaupt kein normales Leben mehr. Sie wollte nur auf dem Teppich hocken bleiben, zusammengekrümmt, und weinen, bis sie leer war.
13
Tommy hatte sie am Boden gefunden, ihr aufgeholfen und sie zu Bett gebracht. Er hatte an ihrer Seite gesessen und gewartet, bis sie eingeschlafen war.
Draußen schlief Officer Weisman in seinem Dienstwagen still und friedlich. Es wurde trotz allem eine ruhige Nacht, in der Lindsay dank eines Beruhigungsmittels, das Tommy ihr besorgt hatte, endlich ein wenig vergessen konnte, zumindest solange sie in der Welt der Träume war.
Sie träumte eine Million Dinge. Da war Robert, der ihr sagte, dass er sie liebte und ihr die Halskette mit dem Herzanhänger umlegte.
Da war ihr Vater, der vom Himmel auf sie herabschaute und ihr mit seiner unsichtbaren Hand über den Kopf streichelte.
Jess, die ihr sagte, dass es ihr leid tut und die danach in ein tiefes schwarzes Loch fiel, über dem Lindsay stand und ihr nachsah, wie sie für immer verschwand.
Ihre Mom konnte wieder sprechen und sagte nur einen Satz: „Mein Kind, sei auf der Hut!“
Anthony, ihr erster fester Freund auf der High School, dessen Haare ihm immer in die Stirn fielen, was sie fast um den Verstand brachte.
Tommy, der wieder zwölf Jahre alt war und die Drittklässler windelweich prügelte.
Sie selbst als kleines Mädchen mit Zöpfen und einer Latzhose, das nur eins wollte: beschützt werden.
Mit einem Lächeln im Gesicht wachte sie auf. Tommy war auf dem Boden neben ihrem Bett eingeschlafen, nur den Kopf auf einem Kissen. Der Arme muss doch frieren, dachte sie und legte ihm ihre Decke über. Sie stand auf und sah aus dem Fenster. Officer Weisman stand an seinen Wagen gelehnt da und streckte sich. Die Sonne schien und es hätte so ein fröhlicher Tag werden können, wenn nicht die letzten zwei Wochen ein Alptraum gewesen wären, der noch immer seine Spuren hinterließ.
Nachdem Lindsay und Tommy den halben Tag in der Wohnung verbracht hatten, sagte Tommy: „Ich werde noch wahnsinnig hier drinnen. Draußen ist es so schön und wir sitzen hier rum und drehen Däumchen.“
„Detective Danes hat gesagt, es sei sicherer für mich hier zu Hause. Vielleicht, wenn uns Officer Weisman begleitet, können wir einen kleinen Spaziergang machen.“
„Mit dem Vollpfosten im Schlepptau?“
„Er ist doch total nett, ich weiß gar nicht, was du hast. Der Arme hat die ganze Nacht im Auto verbracht.“
„Wird der denn nicht mal abgelöst?“
„Ich weiß nicht. Soll ich mal auf dem Revier anrufen und nach dem Stand der Dinge fragen? Und ob ich wieder rausgehen darf?“
„Lass nur, ich mach das schon.“
Zwei Minuten später hatte Tommy das Okay von Detective Danes. Er lächelte breit: „Na, dann los, auf in den Frühling.“
Tommy bestand darauf, das Haus über den Hintereingang zu verlassen. Sie machten einen Umweg über den Hinterhof und die Mülltonnen und schlichen sich durch eine schmale Seitengasse wieder auf die Straße.
„Sollten wir dem Officer nicht doch lieber Bescheid sagen, dass wir gehen? Nicht dass er sich Sorgen macht.“
„Ach, was. Der kann doch Detective Danes anrufen und die wird ihm dann sagen, dass wir nur eine Runde spazieren gegangen sind. Oder willst du den Typen etwa die ganze Zeit zwanzig Meter hinter uns wissen? Das wäre aber eine verrückte Art von Sonne genießen.“
„Du hast ja Recht. Ich finde es trotzdem nicht sehr nett.“
Tommy sah sie jetzt streng an, ein Blick, den sie nur selten an ihm gesehen hatte. „Schwesterherz, vielleicht solltest du nicht immer so nett zu allen sein. Du siehst doch, was dabei herauskommt. Willst immer nur das Beste für alle, während alle anderen dir auf die Füße treten. Du sagst ihnen auch noch Tritt ein wenig fester zu! “
Lindsay war geschockt. Was war denn in Tommy gefahren? Sie wusste doch selbst, dass es dumm von ihr gewesen war, auch nachdem sie von Roberts Betrug erfahren hatte, bei ihm zu bleiben. Sie wusste auch, dass sie in vielerlei Hinsicht zu naiv war. Aber sie hatte sie doch nicht absichtlich in dieses Chaos gebracht. Sie hatte das doch alles nicht gewollt.
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