Todsünde (German Edition)
ihn als eine schöne und auch als eine schlechte Erfahrung abtun und hinter sich lassen – und noch einmal ganz neu anfangen.
Sie nahm die Kette mit dem Herzanhänger vom Hals und warf sie zusammen mit der roten Rose, die sie in der Hand hielt, ins Grab.
„ Leb wohl, Robert“, sagte sie und blickte nach vorn.
***
Auch wenn sie sich vorgenommen hatte, nach vorn zu blicken, so wusste sie nicht, ob sich ihr überhaupt die Möglichkeit bieten würde. Denn sie befürchtete noch immer, dass der Todsünden-Killer auch noch sie im Visier hatte.
„ Detective Danes, was lässt Sie denn nur glauben, dass Tommy der Schuldige ist? Ich verstehe das alles nicht“, sagte sie einige Tage später, als sie einen Abstecher aufs Revier machte. Sie kam oft, um sich nach Neuigkeiten zu erkundigen, doch es gab nichts Neues, nur immer wieder die gleichen Antworten.
„ Ich habe es Ihnen doch schon mehrmals erklärt. Er war in der Mordnacht am Tatort, er war betrunken und kann sich an nichts erinnern. Die Leiche war mit seinen Fingerabdrücken übersät.“
„Das heißt doch aber nicht automatisch, dass er der Mörder ist. Sie sprechen doch immer von Motiven. Was war denn Ihrer Ansicht nach sein Motiv?“
„Vielleicht wollte er mehr von Miss Shaughnessy, als sie ihm geben wollte. Er war im Vollrausch, wahrscheinlich konnte er die Ablehnung nicht ertragen und ist gewalttätig geworden. Ich sage ja gar nicht, dass es vorsätzlicher Mord war. Es war höchstwahrscheinlich ein Unfall. Die Geschworenen vor Gericht werden entscheiden müssen, ob er schuldig ist oder nicht.“
„Aber das passt doch nicht ins Profil des Täters. Die anderen Morde waren doch auch vorsätzlich. Der Mörder tötet nur aus einem Grund: Weil die Opfer Todsünden begangen haben. Und so war das auch bei Karen, sie hatte doch Neid auf der Stirn stehen.“
„Tommy könnte auch die anderen umgebracht haben. Den Tätern ist es gar nicht immer bewusst, was sie tun. Vielleicht war Tommy zu allen Tatzeiten betrunken, vielleicht hat er aus einem Wahn heraus gehandelt. Ihr Bruder scheint sehr darauf bedacht zu sein, Sie zu beschützen, das hat er uns mehrmals gesagt. Das alles zusammen ergibt einfach ein Ganzes. Die Schlägerei mit Robert wegen seines Betruges an Ihnen, die Wut auf Jess, weil sie Sie belogen hat. Auch hat er gestanden, selbst eine Affaire mit Miss Hunter gehabt zu haben. Er könnte also außerdem eifersüchtig gewesen sein. Und jetzt Karen, von der er anscheinend dachte, sie wolle Ihnen etwas Böses.“
„ Aber er war doch in Karen verliebt! Er würde sie doch nicht umbringen, wenn er sie liebt!“
„Liebe ist das häufigste Tatmotiv, Miss Scott.“
Lindsay dachte nach. Sie verstand nicht, was Detective Danes ihr sagte. Das machte doch alles keinen Sinn.
„Ich dachte, Sie könnten Tommy ausschließen, weil er Linkshänder ist?“
„Viele Linkshänder haben es sich angeeignet, die rechte Hand genauso wie die linke einzusetzen.“
„Und wo bitte ist die Tatwaffe abgeblieben? Haben Sie sie irgendwo bei Tommy gefunden?“
„Nein, sie ist bisher noch nicht aufgetaucht.“
„Wie sollte Tommy sie denn verschwinden lassen haben? Er war doch gerade erst aufgestanden, als ich von meinem Spaziergang mit Anthony zurückkam.“
„Sind Sie sich da sicher? Er könnte auch nur so getan haben, als sei er gerade aufgestanden. Er könnte während Ihrer Abwesenheit das Messer entsorgt haben.“
„ Aber wo denn? Officer Weisman …“ Dann fiel ihr ein, dass ja der Officer hinter ihr und Anthony hergegangen war. Tommy hätte wirklich die Möglichkeit gehabt, die Wohnung ungesehen zu verlassen und zurückzukehren, bevor jemand es bemerkt.
„Detective Danes, wäre es dann nicht klüger von ihm gewesen, die Leiche zu entsorgen statt nur das Messer?“
Detective Danes seufzte. Sie war müde von Lindsay und ihren unendlichen Fragen. Dennoch verstand sie ihre Lage und war wie immer sehr geduldig und hilfsbereit.
„Miss Scott, ich kann nicht in die Gedankenwelt Ihres Bruders hineinsehen. Mörder handeln manchmal, ohne dass es nachvollziehbar ist.“
Lindsay seufzte ebenfalls. Sie stützte das Gesicht auf die Hände. Irgendetwas war ihnen entgangen. Was war es nur? Wenn sie nur darauf kommen würde.
Dann plötzlich hatte sie es!
„Detective, wie könnte es denn sein, dass Tommy Robert erstochen hat, wenn er zu der Zeit auf der Arbeit war?“
„Ein Kollege von Tommy hat uns bereits gestanden, dass Tommy an dem Abend gar
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