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Todsünde

Todsünde

Titel: Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Sie, wie ordentlich sie aufgereiht sind? Wie in einer Säuglingsstation.«
    »Oder wie bei einem Ritual«, sagte Maura leise. Ein gottloses Ritual in diesem christlichen Haus.
    »O Mann. Jetzt fange ich auch an, mich zu gruseln.«
    Tapp, tapp, tapp.
    Sie fuhren beide herum, die Lichtkegel ihrer Taschenlampen durchschnitten die Dunkelheit – und fanden nichts. Das Geräusch war leiser gewesen als zuvor. Was immer hier mit ihnen auf dem Dachboden war, hatte sich von ihnen wegbewegt, außer Reichweite ihrer Lampen. Erschrocken registrierte Maura, dass Rizzoli ihre Waffe gezogen hatte – es war so schnell gegangen, dass sie es gar nicht mitbekommen hatte.
    »Ich glaube nicht, dass es ein Tier ist«, sagte Maura. Nach einer Weile kam Rizzolis Antwort: »Ich auch nicht.«
    »Lassen Sie uns von hier verschwinden. Bitte.«
    »Okay.« Rizzoli atmete tief durch, und Maura registrierte bei ihr zum ersten Mal das Tremolo der Angst.
    »Okay, gut. Kontrollierter Rückzug. Wir wollen ja nichts überstürzen.«
    Sie blieben dicht hintereinander, als sie zum Ausgang zurückgingen. Die Luft wurde kühler und feuchter – vielleicht war es aber auch nur die Angst, die Maura frösteln ließ. Als sie sich der Öffnung in der Holztäfelung näherten, wäre sie am liebsten mit einem Satz nach draußen gesprungen.
    Sie schlüpften hinaus auf die Empore der Kapelle. Maura sog die kalte Luft in ihre Lungen, und ihre Angst verflüchtigte sich mit jedem Atemzug. Hier, wo es hell war, konnte sie sich wieder als Herrin der Lage fühlen, hier konnte sie wieder logisch denken. Was hatte sie denn wirklich gesehen dort auf diesem dunklen Dachboden? Eine Reihe von Puppen, mehr nicht. Plastikkörper, Glasaugen und Haare aus Nylon.
    »Es war kein Tier«, sagte Rizzoli. Sie war in die Hocke gegangen und fixierte den Boden der Empore.
    »Was?«
    »Hier ist ein Fußabdruck.« Rizzoli zeigte auf ein Muster aus feinen Staubkörnchen. Das Profil einer Turnschuhsohle.
    Maura blickte über die Schulter und sah, dass auch sie Staub aus dem Dachboden auf die Empore hinausgetragen hatte. Wer auch immer diesen Abdruck hinterlassen hatte, war kurz vor ihnen hinausgeschlüpft.
    »Na, da hätten wir ja unser unbekanntes Wesen«, meinte Rizzoli kopfschüttelnd. »Mein Gott, ich bin bloß froh, dass ich nicht geschossen habe. Allein die Vorstellung ...«
    Maura starrte den Abdruck an und erschauderte. Er stammte von einem Kind.

6
    Grace Otis saß am Esstisch im Refektorium und schüttelte missbilligend den Kopf. »Sie ist doch erst sieben. Sie können ihr kein Wort glauben. Mich lügt sie auch ständig an.«
    »Wir würden trotzdem gerne mit ihr sprechen«, erwiderte Rizzoli. »Natürlich nur mit Ihrer Erlaubnis.«
    »Worüber denn?«
    »Wir wollen sie fragen, was sie da oben auf dem Dachboden gemacht hat.«
    »Hat sie irgendwas kaputtgemacht? Ist es das?« Grace’ Blick zuckte nervös zu Mutter Mary Clement. Die Äbtissin hatte Grace aus der Küche hergeholt. »Sie wird ihre Strafe bekommen, Ehrwürdige Mutter. Ich versuche immer, sie im Auge zu behalten, aber sie lässt sich nie was anmerken, wenn sie wieder was angestellt hat. Ich weiß die halbe Zeit nicht, wo sie steckt ...«
    Mary Clement legte ihre gichtige Hand auf Grace’ Schulter. »Bitte, lassen Sie doch die Polizei mit ihr sprechen.«
    Grace verharrte eine Weile in unentschlossenem Schweigen. Ihre Schürze war von der Arbeit in der Küche mit Fettflecken und Tomatensauce bespritzt, und ein paar Strähnen ihres glanzlosen braunen Haars hatten sich aus dem Knoten gelöst und hingen ihr matt in das verschwitzte Gesicht. Es war ein grobes, verhärmtes Gesicht, das vermutlich nie schön gewesen war und nun durch Falten, die die Verbitterung gegraben hatte, zusätzlich entstellt war. Doch solange die anderen auf ihre Entscheidung warteten, hatte sie sie in der Hand, was sie weidlich auszukosten schien. Und sie zögerte den Moment so lange wie irgend möglich hinaus und ließ Rizzoli und Maura zappeln.
    »Wovor haben Sie denn Angst, Mrs. Otis?«, fragte Maura mit ruhiger Stimme.
    Die Frage schien Grace zu verärgern. »Ich habe vor nichts Angst.«
    »Und warum wollen Sie uns dann nicht mit Ihrer Tochter sprechen lassen?«
    »Weil man ihr nichts glauben kann.«
    »Ja, wir wissen ja, dass sie erst sieben ist ...«
    »Sie lügt!«, stieß Grace aggressiv hervor. Ihr ohnehin nicht sehr attraktives Gesicht nahm einen noch hässlicheren Ausdruck an. »Sie lügt bei jeder Gelegenheit. Auch bei ganz albernen

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