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Todsünde

Todsünde

Titel: Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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lag.
    »Wann haben Sie Ihre Schwester das letzte Mal gesehen?«, fragte sie.
    Blake und Justin tauschten einen Blick und antworteten dann fast gleichzeitig: »Bei der Beerdigung unserer Großmutter.«
    »Und das war im März?« Sie sah Lauren an. »Als Camille auch hier war?«
    Lauren nickte. »Wir mussten die Kirche schriftlich um Erlaubnis bitten, damit sie zur Beisetzung kommen durfte. Das ist, als ob man für einen Schwerverbrecher Hafturlaub beantragt. Ich konnte es nicht fassen, als sie sie im April nach Randalls Schlaganfall nicht nach Hause fahren ließen. Obwohl es um ihren eigenen Vater ging! Und sie hat die Entscheidung einfach so hingenommen. Hat brav getan, was von ihr verlangt wurde. Man muss sich schon fragen, was in diesen Klöstern so alles vor sich geht, dass sie so eine Angst davor haben, ihre Leute gehen zu lassen. Wer weiß, welche Praktiken die dort vor den Augen der Öffentlichkeit verbergen. Aber vermutlich hat es ihr gerade deshalb so gut gefallen.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil sie süchtig nach Strafe war. Nach Schmerzen.«
    »Camille?«
    »Ich sagte Ihnen doch, dass sie ein bisschen seltsam war, Detective. Als sie sechzehn war, hat sie einmal die Schuhe ausgezogen und ist draußen barfuß herumgelaufen. Im Januar! Bei zehn Grad unter null! Das Mädchen hat sie dann gefunden. Sie stand einfach da, im tiefen Schnee. Natürlich haben es sämtliche Nachbarn auch sehr bald erfahren. Wir mussten sie ins Krankenhaus fahren, weil sie Frostbeulen an den Füßen hatte. Dem Arzt erzählte sie, sie habe es getan, weil die Heiligen gelitten hätten und sie deshalb auch Schmerzen fühlen wollte. Sie dachte, es würde sie Gott näher bringen.« Lauren schüttelte den Kopf. »Was soll man mit so einem Mädchen machen?«
    Sie lieben, dachte Rizzoli. Versuchen, sie zu verstehen.
    »Ich hätte sie gerne zu einem Psychiater geschickt, aber Randall wollte nichts davon wissen. Er hat nie zugeben wollen, dass seine eigene Tochter ...« Lauren brach ab.
    »Sag’s doch ruhig, Mom«, forderte Blake sie auf. »Sie war verrückt. Das haben wir alle gedacht.«
    Camilles Vater stöhnte leise auf.
    Lauren stand auf, um ihm erneut einen Speichelfaden vom Kinn zu wischen. »Wo bleibt denn bloß diese Schwester? Sie hätte schon um drei hier sein sollen.«
    »Als Camille im März nach Hause kam, wie lange ist sie da geblieben?«, fragte Frost.
    Lauren sah ihn zerstreut an. »Ungefähr eine Woche. Sie hätte länger bleiben können, aber sie wollte lieber wieder zurück ins Kloster.«
    »Warum?«
    »Ich nehme an, sie hat sich unter den vielen Menschen hier nicht wohl gefühlt. Viele meiner Verwandten aus Newport sind zur Beerdigung gekommen.«
    »So, wie Sie sie geschildert haben, war sie ja auch sehr kontaktscheu.«
    »Das ist noch sehr milde ausgedrückt.«
    »Sie hatte wohl nicht viele Freunde, Mrs. Maginnes?«, warf Rizzoli ein.
    »Falls sie welche hatte, hat sie sie jedenfalls nie mit nach Hause gebracht.«
    »Und in der Schule?« Rizzoli wandte sich an die beiden Jungen, die daraufhin einen kurzen Blick wechselten.
    »Nur die Mauerblümchen-Fraktion«, antwortete Justin mit unnötiger Grobheit.
    »Ich spreche von männlichen Freunden.«
    Lauren lachte verstört auf. »Jungs? Ihr einziger Traum war doch, eine Braut Christi zu werden.«
    »Sie war eine attraktive junge Frau«, erwiderte Rizzoli. »Vielleicht ist Ihnen das nicht aufgefallen, aber ich bin sicher, dass es Jungs gab, denen das nicht entgangen ist.«
    Sie sah Laurens Söhne an.
    »Niemand wollte mit ihr gehen«, sagte Justin. »Die wollten sich doch nicht lächerlich machen.«
    »Und als sie im März zu Besuch kam, hat sie da Zeit mit irgendwelchen Freunden verbracht? Gab es Männer, die sich besonders für sie interessiert haben?«
    »Warum stellen Sie alle diese Fragen?«, wollte Lauren wissen.
    Rizzoli sah keine Möglichkeit, noch länger mit der Wahrheit hinter dem Berg zu halten. »Es tut mir Leid, Ihnen das sagen zu
    müssen, aber ... kurz bevor Camille ermordet wurde, hat sie ein Kind zur Welt gebracht. Das Baby ist bei der Geburt gestorben.«
    Sie sah die Brüder an.
    Beide starrten sie fassungslos an.
    Für einige Sekunden war nur das Geräusch des Windes zu hören, der über das Meer heranbrauste und an den Fenstern rüttelte.
    »Ja, lesen Sie denn keine Zeitung?«, sagte Lauren. »All die schrecklichen Dinge, die diese Priester auf dem Gewissen haben? Sie hat die letzten zwei Jahre in einem Kloster verbracht! Sie stand unter deren

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