Todsünde
Partien waren durch Totenflecke dunkelviolett gefärbt.
»Der Name des Opfers lautet Howard Redfield. Einundfünfzig Jahre alt, weiß, geschieden, wohnhaft in Cincinnati«, sagte Dean. »Die Todesursache war ein einzelner Schuss in die linke Schläfe. Darüber hinaus wies die Leiche multiple Frakturen beider Kniescheiben auf, verursacht durch Schläge mit einem stumpfen Instrument, möglicherweise einem Hammer. Die Hände waren hinter dem Rücken mit Klebeband gefesselt. Sie wiesen schwere Verbrennungen auf.«
»Er wurde gefoltert«, sagte Rizzoli.
»Ja. Und zwar ausgiebig.«
Rizzoli erbleichte und sank gegen die Rückenlehne ihres Stuhls. Maura war die Einzige im Raum, die den Grund für diese Blässe kannte, und sie beobachtete Rizzoli mit Sorge. Sie konnte an ihrer Miene ablesen, wie verzweifelt sie gegen die aufsteigende Übelkeit ankämpfte.
»Er wurde im Kofferraum seines eigenen Wagens gefunden«, fuhr Dean fort. »Das Auto war in der Nähe des Busbahnhofs von Providence abgestellt. Das ist nur ein bis eineinhalb Autostunden von hier.«
»Aber schon außerhalb unserer Zuständigkeit«, bemerkte Crowe.
Dean nickte. »Deshalb sind Sie auch nicht auf diesen Fall aufmerksam geworden. Der Mörder könnte durchaus mit der Leiche im Kofferraum nach Providence gefahren sein, den Wagen dort abgestellt haben und mit dem Bus nach Boston zurückgefahren sein.«
»Nach Boston zurückgefahren? Wie kommen Sie darauf, dass er von hier aufgebrochen ist?«, fragte Maura.
»Das ist lediglich eine Vermutung. Wir wissen nicht, wann genau der Mord sich ereignet hat. Wir haben noch nicht einmal zuverlässige Angaben darüber, wo Mr.Redfield die letzten Wochen verbracht hat. Sein Wohnsitz war in Cincinnati, doch seine Leiche wurde in New England gefunden. Es gibt keinerlei Kreditkarten-Abrechnungen oder sonstige Daten, die Aufschluss darüber geben könnten, wo er sich während dieser Zeit aufgehalten hat. Wir wissen, dass er vor einem Monat eine größere Summe von seinem Konto abgehoben hat. Anschließend ist er offenbar verreist.«
»Hört sich nach jemandem an, der auf der Flucht ist und keine Spuren hinterlassen will«, meinte Maura. »Oder nach jemandem, der panische Angst hat.«
Dean sah das Foto an. »Offensichtlich nicht ohne Grund.«
»Ich wüsste gerne mehr über das Opfer«, sagte Rizzoli. Sie hatte sich jetzt wieder im Griff und konnte das Foto betrachten, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Mr. Redfield war bis vor kurzem im Vorstand von Octagon Chemicals für Auslandsgeschäfte zuständig«, antwortete Dean. »Vor zwei Monaten hat er sich aus dem Unternehmen zurückgezogen, angeblich aus persönlichen Gründen.«
»Octagon?«, sagte Maura. »Davon habe ich doch in den Nachrichten gehört. Ermittelt nicht die Börsenaufsichtsbehörde zurzeit gegen die Firma?«
Dean nickte. »Die Vollstreckungsabteilung der Behörde hat gegen Octagon Klage erhoben. Es geht um illegale Transaktionen mit einem Volumen von mehreren Milliarden Dollar.«
»Milliarden?«, wiederholte Rizzoli. »Wow!«
»Octagon ist ein riesiger multinationaler Konzern mit einem Jahresumsatz von zwanzig Milliarden Dollar. Das ist wirklich ein ganz großer Fisch.«
Rizzoli betrachtete das Foto der Leiche. »Und dieses Opfer ist auch in dem Teich herumgeschwommen. Er muss genau gewusst haben, was sich da abspielte. Ob er wohl ein Problem für Octagon dargestellt hat?«
»Vor drei Wochen«, sagte Dean, »hat Mr.Redfield einen Termin für ein Gespräch mit Vertretern des Justizministeriums vereinbart.«
»Tja«, meinte Crowe lachend. »Offenbar war er tatsächlich ein Problem für Octagon.«
»Er wollte sich hier in Boston mit den Beamten des Ministeriums treffen.«
»Warum nicht in Washington?«, fragte Rizzoli.
»Er sagte, es gebe noch weitere Beteiligte, die zur Sache aussagen wollten. Und dass das Treffen hier stattfinden müsse. Was wir nicht wissen, ist, wieso er das Justizministerium kontaktiert hat, anstatt sich direkt an die Börsenaufsicht zu wenden, da wir davon ausgehen, dass es um die Ermittlungen gegen Octagon ging.«
»Aber das ist nur eine Vermutung?«
»Ja. Er ist nämlich zu dem Termin nicht erschienen. Weil er zu diesem Zeitpunkt schon tot war.«
Crowe meldete sich zu Wort. »Also, wenn etwas wie ein Auftragsmord aussieht und auch so riecht...«
»Was hat das alles mit der Rattenfrau zu tun?«, wollte Rizzoli
wissen.
»Dazu wollte ich gerade kommen«, sagte Dean. Er wandte sich an Maura. »Sie haben doch die Autopsie
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