Todsünde
durchgeführt. Was war die Todesursache?«
»Eine Schusswunde in der Brust«, antwortete Maura.
»Geschosssplitter sind ins Herz eingedrungen und haben eine massive Blutung im Herzbeutel ausgelöst, wodurch das Herz am Pumpen gehindert wurde. Der Fachausdruck lautet Herzbeuteltamponade.«
»Und welche Art von Munition wurde verwendet?«
Maura dachte an die Röntgenaufnahmen der Brust der Rattenfrau. An die Wolke von Schrotkügelchen, die sich über beide Lungen erstreckt hatte. »Es war eine Glaser-Blue-Tip«, sagte sie. »Kupfermantelgeschoss, gefüllt mit Metallkügelchen. Es ist so konstruiert, dass es im Körper explodiert. Durchschüsse sind so gut wie ausgeschlossen.«
Nach einer Pause fügte sie hinzu: »Ein Projektil mit verheerender Wirkung.«
Dean deutete mit dem Kopf auf das Foto, das Howard Redfields Leiche zusammengerollt und blutüberströmt im Kofferraum seines Wagens zeigte. »Mr.Redfield wurde mit einem Glaser-Blue-Tip-Geschoss getötet. Und das Projektil wurde aus derselben Waffe abgefeuert, mit der Ihre Unbekannte erschossen wurde.«
Einige Sekunden lang sprach niemand.
Dann sagte Rizzoli ungläubig: »Aber du hast doch gerade dargelegt, was für einen Auftragsmord spricht. Octagons Methode, einen unliebsamen Informanten zum Schweigen zu bringen. Das andere Opfer, die Rattenfrau...«
»Detective Rizzoli hat Recht«, sagte Maura. »Ich kann mir niemanden vorstellen, der weniger als Opfer eines wirtschaftspolitisch motivierten Auftragsmordes in Frage käme als diese Rattenfrau.«
»Mag sein«, erwiderte Dean. »Und trotzdem wurde die Kugel, die sie getötet hat, aus derselben Waffe abgefeuert, mit der Howard Redfield erschossen wurde.«
»So ist Agent Dean auf den Fall aufmerksam geworden«, erklärte Crowe. »Ich habe das Kupfermantel-Geschoss, das Sie aus ihrer Brust rausgeholt haben, mit Hilfe von DRUGFIRE überprüfen lassen.«
DRUGFIRE war eine nationale Datenbank des FBI, in der kriminaltechnische Informationen über Schusswaffen und Munition gesammelt wurden, ähnlich dem AFIS-Programm für Fingerabdrücke. Schrammen und andere charakteristische Kennzeichen von sichergestellten Geschossen wurden als digitalisierte Daten eingegeben, die dann auf Übereinstimmungen durchsucht werden konnten. So war es möglich, Verbindungen zwischen Verbrechen aufzudecken, die mit ein und derselben Waffe begangen wurden.
»Die DRUGFIRE-Recherche ergab eine exakte Übereinstimmung«, sagte Dean.
Rizzoli schüttelte konsterniert den Kopf. »Wieso diese beiden Opfer? Ich kann keine Verbindung erkennen.«
»Das macht den Tod dieser unbekannten Frau ja so interessant«, sagte Dean.
Maura fand seine Wortwahl sehr unpassend. Er suggerierte damit, dass andere Todesfälle uninteressant waren und keine besondere Aufmerksamkeit verdienten. Eine Einschätzung, der die Opfer gewiss nicht zugestimmt hätten.
Ihr Blick fiel wieder auf das Foto, ein grausiges Detail in diesem nüchternen Besprechungszimmer. »Unsere Unbekannte passt nicht ins Bild«, sagte sie.
»Wie meinen Sie das, Dr. Isles?«
»Es gibt ein nachvollziehbares Motiv für den Mord an Howard Redfield. Er war möglicherweise ein Informant für die Börsenaufsichtsbehörde. Die Folterspuren verraten uns, dass sein Tod nicht bloß die Folge eines missglückten Raubüberfalls sein kann. Der Mörder wollte etwas von ihm. Vielleicht wollte er sich rächen, vielleicht war er hinter Informationen her. Aber wie passt unsere Unbekannte dazu, die doch höchstwahrscheinlich eine illegale Immigrantin war? Warum sollte irgendjemand ihren Tod gewollt haben?«
»Das ist die Frage, nicht wahr?« Dean sah Rizzoli an. »Wie ich höre, arbeitet ihr noch an einem weiteren Fall, der hiermit im Zusammenhang stehen könnte.«
Sein Blick schien sie aus der Fassung zu bringen. Sie schüttelte nervös den Kopf. »Das ist wieder etwas ganz anderes. Ich sehe keine Verbindung.«
»Detective Crowe sagte mir, es habe einen Mordanschlag auf zwei Nonnen in einem Kloster gegeben«, sagte Dean.
»In Jamaica Plain.«
»Aber dieser Täter hat keine Feuerwaffe benutzt. Die Nonnen wurden erschlagen, wie wir glauben mit einem Hammer. Es sieht nach einer Affekthandlung aus. Irgendein Irrer, der einen Hass auf Frauen hat.«
»Vielleicht wollte er, dass ihr das glaubt. Um die Verbindungen zu den anderen Morden zu kaschieren.«
»Na, das hat ja auch hervorragend funktioniert. So lange, bis Dr. Isles bei unserer Unbekannten Lepra diagnostizierte. Wie sich herausstellte, hat eines
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