Todtsteltzers Ehre
beigetragen haben, ist eine zu ehrfurchtgebietende Aufgabe, um es völlig nüchtern zu tun.«
»Richtig«, sagte Ruby. »Natürlich hilft es, daß wir uns heute
die allerbesten Getränke leisten können. Kann allerdings nicht
feststellen, daß dieses Zeug so viel besser schmeckt als der
Fusel, den ich früher getrunken habe.«
»Du hast einfach keinen Gaumen«, behauptete Jakob.
»Doch, habe ich«, widersprach Ruby. »Ich rede ganz deutlich.«
Hazel erkannte, daß sich hier ein Streit anbahnte, und mischte sich schnell ein. »Also, was habt ihr beiden eigentlich getrieben, während Owen und ich die bösen Jungs gejagt haben?
Wart ihr beschäftigt?«
»Ab und zu«, antwortete Jakob Ohnesorg. »Seit ich das Abkommen ausgehandelt habe, mit dem der Aristokratie die Zähne gezogen wurden und sie ihre Kapitulation erklärt hat,
kommt alle Welt immer zu mir gerannt, wenn ein Aristo über
die Stränge schlägt. Als ob ich etwas ändern könnte, außer die
Beschwerden ans Parlament weiterzureichen. Ich habe meine
eigenen Probleme, versuche praktisch ganz allein, ein neues
politisches System zu errichten. Die Leute erwarten so viel von
mir. Meine Legende ist durch die Rebellion auf fast übermenschliche Proportionen angewachsen. Die Leute waren von
den beiden Jakob Ohnesorgs überrascht, also überlegten sie
sich, daß es nur einen gegeben haben durfte, und schrieben
alles mir zu. Zusammen mit einer ganzen Menge reiner Erfindungen. Niemand sieht heute mehr mich, mein eigentliches Ich
– nur die verdammte Legende. Man glaubt, ich brächte einfach
alles zustande, könnte jedes Problem lösen und hätte dann noch
den Nerv, obendrein wütend zu werden.« Er nahm einen tiefen
Schluck aus der Flasche. »Natürlich macht meine Legende
nicht viel her, verglichen mit Rubys. Ich habe schon erlebt, wie
sich Leute bekreuzigten, wenn sie sie kommen sahen.«
»Völlig richtig«, sagte Ruby lebhaft. »In vielen Fällen brauche ich heute nicht mehr zu bezahlen. Ich gehe einfach irgendwo rein, zeige, was ich haben möchte, schaue dabei ein bißchen ernst drein, und die Leute stolpern über die eigenen Füße
vor lauter Eifer, es mir als Geschenk zu geben. Ich wette, daß
wir nicht mal etwas für diese Getränke werden bezahlen müssen. Wahrscheinlich kann ich den Barkeeper mit einem Blick
dazu bringen, daß er sich in die Hose pißt.«
»Da nehme ich dich beim Wort«, sagte Hazel rasch. Sie drehte sich um, blickte zu Konstanze und Owen hinüber und machte ein finsteres Gesicht. »Ich frage mich, was er mit dem hübschen Fräulein Vollkommen zu bereden hat. Ich mag es nicht,
wenn er sich mit anderen Aristos unterhält. Sie haben einen
schlechten Einfluß auf ihn. Und er ist immer so leicht zu überreden.«
»Du mußt es ja wissen«, meinte Ruby. »Was ist los? Hast du
Angst, sie könnte ihn dir ausspannen?«
Hazel schnaubte. »Nicht nach allem, was wir zusammen
durchgemacht haben. Zwischen uns besteht ein Band, stärker
als alles, was diese Leute je verstehen könnten.«
»Klar doch«, sagte Ruby. »Aber hast du ihn schon im Bett
gehabt?«
»Kümmere dich um deinen Kram!«
»Das dachte ich mir.«
»Es würde … ihm zuviel bedeuten«, meinte Hazel. »Er würde es zu ernst nehmen. Er würde anfangen, über Beziehung und
Vertrauen und den Aufbau eines gemeinsamen Lebens zu reden, und für Scheiß dieser Art bin ich einfach nicht bereit.«
»Kann nicht behaupten, daß ich von dir je was anderes
erwarten würde«, warf Jakob ein.
»Und du kannst auch gleich die Klappe halten.«
»Du solltest lieber schnell zuschlagen, Mädchen«, fuhr Ruby
gelassen fort. »Sonst schnappt ihn dir noch jemand weg. Ich
könnte mir vorstellen, es selbst mal zu probieren. Gut gebaut.
Hübscher Hintern. Und er hat diesen unschuldigen Blick eines
verirrten Jungen, bei dem es mir immer in den Fingern juckt.«
»Gib gut auf deine Finger acht, Ruby Reise!« erwiderte Hazel entschieden. »Sollte ihn je eine anfassen außer mir, sorge
ich dafür, daß sie für einen Monat im Streckverband landet.«
»Klar, aber liebst du den Mann nun oder nicht?« fragte Ruby
hartnäckig weiter.
»Wir … verstehen uns.«
»Verständnis hält einen nicht warm in den frühen Morgenstunden. Du hast einfach Angst davor, dich festzulegen. Hazel.
Hattest du schon immer.«
»Das ist wirklich gut, von jemandem, der sein Leben lang
noch keine persönliche Beziehung mit irgend wem hatte!«
»Wir reden nicht über mich«, versetzte Ruby gelassen. »Wir
reden von
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