Todtstelzers Krieg
Eurer
Stelle nicht so zuversichtlich. Einige Spielzeuge haben gelernt,
ebenfalls verschlagen zu sein.«
Er schien dem nichts mehr hinzufügen zu wollen, und Finlay
lehnte sich wieder in seinem Sitz zurück. Irgendwie hatte es
Julian geschafft, an Stelle von Evangeline in den Sitz neben
Finlay zu kommen, und jetzt lehnte sich der junge Esper zur
Seite und flüsterte Finlay drängend ins Ohr:
»Bitte entschuldigt, Finlay, wenn ich paranoid wirke, aber
meint Ihr nicht, daß wir vielleicht ein wenig zu vertrauensselig
sind? Was ich sagen will: Woher wissen wir, daß die beiden
dort zu den Guten gehören? Nur weil sie es sagen und so niedlich aussehen? Nur weil dieses Ding uns gegenüber aussieht
wie eine Gestalt, die wir in unserer Kindheit alle kannten und
liebten? Wir sollten nicht vergessen, daß dieser Reineke Bär
nach seiner eigenen Aussage im Grunde genommen eine abtrünnige KI ist, die von Shub geschaffen und programmiert
wurde. Er könnte uns in Wirklichkeit zu einem Ort führen, wo
wir alle geschlachtet werden.«
»Nein«, antwortete Finlay leise. »Ich glaube nicht. Reineke
Bär würde so etwas nicht tun. Wenn er unseren Tod wollte,
hätten er und der Seebock inzwischen schon reichlich Gelegenheiten gehabt, uns umzubringen. Statt dessen haben sie bisher nichts anderes getan, als uns zu Tode zu quatschen und zu
lächeln. Außerdem: Wenn wir nicht einmal Reineke Bär vertrauen können, wem auf der Welt können wir dann überhaupt
noch trauen?«
Und dann wurden sie in ihren Sitzen nach vorn geschleudert.
Edwin hatte ganz unvermittelt eine Vollbremsung hingelegt
und schlich jetzt nur noch mit Schrittgeschwindigkeit dahin.
Alles blickte nach vorn, doch es war nichts zu sehen. Reineke
Bär erhob sich aus seinem Sitz und schirmte die Augen mit der
Pfote ab, während er in die Ferne starrte . »Was ist los, Edwin?«
fragte er .
»Die Schienen sind herausgerissen. Ein Stück weit vor uns.
Irgend jemand hat sich schon wieder an meinen Gleisen zu
schaffen gemacht.«
»Ich kann nichts sehen«, sagte Finlay.
»Unsere Augen sehen mehr als die von Menschen«, erklärte
der Seebock. »Wir können meilenweit sehen.«
» Ich kann es sehen«, sagte der Erste Todtsteltzer. »Sieht
nicht allzu schlimm aus. Können wir es nicht wieder reparieren?«
»Oh, selbstverständlich«, antwortete Edwin die Lokomotive.
»Ich habe seit einiger Zeit immer Reserveschienen bei mir. Nur
für den Fall, versteht Ihr? Mit der Hilfe von Euch Menschen
sind wir in einer Stunde damit fertig.«
»In Ordnung«, sagte Reineke Bär. »Bring uns so nah ran, wie
du kannst, ohne in Gefahr zu geraten.« Er setzte sich wieder
hin und machte eine sehr nachdenkliche Miene, ein Ausdruck,
der ganz und gar nicht zu dem freundlichen runden Teddybärengesicht passen wollte. »Die Sache gefällt mir nicht«, sagte
er unvermittelt zu Finlay und Julian. »Es gibt keinen Grund,
warum irgend jemand so weit weg von allem die Schienen herausreißen sollte. Außer natürlich, um uns aufzuhalten . Und da
weder der Bock noch Edwin oder ich für irgend jemanden von
Bedeutung sind, kann das nur heißen, daß die bösen Spielzeuge
über Euch Bescheid wissen. Und das würde wiederum bedeuten, daß wir ganz tief in der Doodoo stecken.«
Finlay schaute sich um. Die grasbewachsene Ebene erstreckte sich in jede Richtung. Weit und breit war nichts zu sehen,
und alles wirkte friedlich und unschuldig. »Scheint alles ruhig
zu sein«, sagte er.
Der Teddybär knurrte plötzlich. Es war ein dunkles, beunruhigendes Geräusch, das tief aus seiner Kehle kam. »Ihr dürft
dem Frieden niemals trauen«, sagte er. »Nicht hier in Sommerland. Hier ist nichts so, wie es scheint. Nicht mehr.«
»Einschließlich Euch?«
»Einschließlich mir. Auch ich bin nicht mehr unschuldig.«
Der Zug verlangsamte seine Fahrt immer mehr und hielt
schließlich an. Reineke Bär und der Seebock sprangen ab und
eilten nach vorn. Die Menschen folgten ihnen etwas langsamer.
Sie waren insgeheim froh über die Gelegenheit, die eingerosteten Glieder strecken zu können und den Schmerz in den plattgesessenen Hintern ein wenig zu mildern. Der Zug und seine
Waggons waren nicht für lange Reisen geschaffen.
Der Bär gab ihnen ein Zeichen, und sie blieben, wo sie waren, während er und der Seebock die Schäden in Augenschein
nahmen. Edwin stieß nervös Dampfwolken aus und entschuldigte sich augenblicklich. Reineke Bär beugte sich über die
herausgerissenen Schienen und betrachtete
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