Todtstelzers Krieg
zu gefährlich.
Wenn die bösen Spielsachen erst erfahren, daß Ihr hier seid –
und Ihr könnt sicher sein, daß das geschieht –, dann werden sie
die Spielzeugstadt mit allem angreifen, was sie haben. Sie werden uns alle zerstören und Spielzeugstadt dem Erdboden
gleichmachen , nur um Euch in die Pfoten zu kriegen. Ich darf
das nicht zulassen. Außerdem: Was Ihr sucht, ist sowieso nicht
hier.«
»Und woher wißt Ihr, was wir suchen?« erkundigte sich Giles. »Wir haben doch noch gar nicht gefragt.«
»Das war auch gar nicht nötig«, entgegnete der Bär tonlos.
»Es gibt nur eine Sache, die Euch hergeführt haben kann. Die
gleiche Sache, hinter der auch diese Menschensoldaten her
waren. Ihr seid gekommen, weil Ihr nach Vincent Harker sucht.
Nach dem Roten Mann.«
»Was wißt Ihr über Harker?« fragte Tobias.
»Er lebt im Alten Wald, am Ende des Großen Flusses. Spielzeuge gehen zu ihm, gute und böse gleichermaßen, und sie
kehren nie wieder zurück. Er stellt eine Armee auf. Niemand
kennt den Grund dafür. Wir wissen nicht, was er mit den Spielsachen macht oder ihnen sagt, um sie bei sich zu halten; aber
sie sind ihm gegenüber loyal bis in den Tod. Gegenüber einem
Menschen! Es gibt nur ein paar Gerüchte, mehr nicht. Gerüchte
über den Roten Mann, den verrückten Mann, den gefährlichen
Mann. Den Mann, der geschworen hat, das Antlitz dieser Welt
zu verändern, bis sie niemand mehr wiedererkennt, und sie zu
seiner Welt zu machen. Der Rattenfänger der Spielzeuge. Die
Sirene, deren Lied niemand zu widerstehen vermag . Der Rote
Mann. Das dunkle Herz in unserer Welt der Spielzeuge. Ihr
wollt ihn? Ihr könnt ihn haben. Nehmt ihn mit, bevor er uns
alle zerstört!«
Giles wechselte einen Blick mit Tobias und Flynn. »Klingt
das auch nur entfernt nach dem Burschen, den wir suchen?«
Tobias zuckte die Schultern. »Wer weiß? Er soll ja ein großes taktisches Genie sein, und die meisten dieser Typen sind
verrückt, das ist allgemein bekannt. Wer weiß, was Monate auf
dieser Welt mit seinem Verstand angestellt haben?«
Giles wandte sich wieder an Reineke Bär. »Wo finden wir
ihn?«
»Wir werden Euch ein Transportmittel geben«, sagte der Bär.
»Ich und ein paar sorgfältig ausgesuchte Freunde werden Euch
den Fluß hinunter zum Dunklen Wald begleiten. Ihr braucht
unsere Hilfe als Führer. Ohne uns würdet Ihr niemals hinfinden. Heutzutage lauern überall Gefahren . Außerdem würden
die Anhänger des Roten Mannes Euch nicht in seine Nähe lassen, ohne daß Spielzeuge für Euch bürgen. Also werde ich
Euch begleiten, zusammen mit dem Seebock, Poogie und Alles. Den ganzen Weg den Fluß hinunter bis zu einem Ort, von
dem noch nie ein Spielzeug zurückgekehrt ist. Ich hoffe , Ihr
wißt zu schätzen , was wir für Euch tun.«
»Das bezweifle ich« , widersprach der Seebock. »Du hättest
hören sollen, wie sie über uns geredet haben , während sie gedacht haben, ich würde schlafen.«
»Du hast also schon wieder gelauscht, wie?« tadelte Reineke
Bär.
Der Seebock zuckte die Schultern. »Das liegt eben in meiner
Natur. Mach mir bloß keine Vorwürfe deswegen. Beschwer
dich bei dem Mann, der mich erschaffen hat. Ich habe ihn nicht
darum gebeten.«
»Warum habt Ihr Euch freiwillig gemeldet?« fragte Tobias.
»Ihr kennt uns doch gar nicht. Ihr wißt nichts über uns. Wir
könnten gut oder böse oder alles mögliche dazwischen sein.
Wir könnten vielleicht noch schlimmer sein als dieser Harker.«
»Selbstverständlich könntet Ihr das«, antwortete Reineke
Bär. »Ihr seid menschlich. Unberechenbar. Nicht wie wir. Wir
sind, was wir sind. Unsere Motive sind leicht zu durchschauen.
Wir brauchen jemanden, der sich um Harker kümmert, und nur
ein Mensch kann mit einem anderen Menschen fertig werden.
Der Seebock und ich werden verhindern, daß Euch etwas zustößt. Das ist unsere Aufgabe. Poogie kommt mit, weil er wiedergutmachen möchte, daß er so viele Menschen getötet hat.
Und Alles hofft, entweder durch Euch oder durch Harker Zugang zu den technischen Einrichtungen zu erhalten, die zu seiner Aufrüstung erforderlich sind. Seht Ihr? Einfach und durchschaubar. Keine Geheimnisse. Wir sind nichts als Spielzeuge,
trotz allem.«
Das Erste-Hilfe-Zentrum der Krankenschwestern stellte sich
als ein einzelnes Zimmer im hinteren Teil des Bahnhofs heraus.
Die Wände waren von einem blassen sterilen Grün und mit
hellen, einfachen Gemälden bedeckt, die den Patienten beruhigen und
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