Todtstelzers Krieg
würde es ihn nur verwirren, weiter
nichts.«
»Er steht David sehr nahe«, sagte Alice und runzelte die
Stirn. »Obwohl David mich mag und manchmal sogar liebt, so
ist zwischen den beiden eine Nähe, die ich nicht einmal annä
hernd erreiche. Als hätte keiner der beiden je einen Freund besessen. Trotzdem bin ich diejenige, die David wirklich liebt. Er
wird mich sogar heiraten. Auch wenn er es jetzt noch nicht
weiß.«
Jenny blickte ihre Freundin scharf an. »Heirat? Vergiß es,
Alice. Vergiß es! Ein Bauernmädchen und ein Lord , das Familienoberhaupt eines mächtigen Clans? So etwas passiert nur in
den Seifenopern auf dem Holoschirm. Wir sind nicht die, die
Lords heiraten, Alice. Wir sind die Gespielinnen, mit denen
man sich amüsieren kann, mit allem, was dazugehört. Wir
kriegen ein paar gute Lacher und was sonst noch so dabei abfällt, und das war dann auch schon alles. Aristos mögen vielleicht Partys mit unsereinem feiern; aber sie heiraten uns nicht.
Sie heiraten nur untereinander.«
»Na gut, dann vielleicht nicht gerade heiraten« , sagte Alice.
»Aber ich könnte doch seine Mätresse werden. Die Konkubine,
oder wie auch immer die höfliche Umschreibung heutzutage
lautet. Aristos heiraten aus politischen Gründen und wegen des
Fortbestands ihrer Clans, nicht aus Liebe. Alles hat mit Allianzen und gegenseitigen Vorteilen und der Erhaltung der Blutlinien zu tun, aber nie mit Liebe. Vielleicht bekommt eine ande
re Frau seinen Namen; aber sein Herz gehört immer noch mir.«
»Auch wenn er im Bett nicht besonders gut ist?«
»Das könnte ich ihm beibringen.«
»Soll das vielleicht heißen, daß ich nicht dein süßer kleiner
Deckhengst bin?« sagte David.
Die beiden Frauen zuckten unwillkürlich zusammen und
wandten sich um. David lag auf den Ellbogen gestützt da und
musterte sie mit verschlafenem Blick.
»Wie lange bist du schon wach?« fragte Alice in strengem
Tonfall.
»Lange genug«, gähnte David. »Wirklich sehr aufschluß
reich, worüber Frauen sich unterhalten, wenn sie meinen, niemand hört ihnen zu.«
»Was ist mit Kit?« fragte Jenny »Schläft der wenigstens
noch?«
»Wer kann schon schlafen, wenn ununterbrochen irgend jemand redet?« sagte der Sommer-Eiland und setzte sich auf. Er
fuhr sich mit den Fingern durchs wirre Haar, schmatzte ein
paarmal und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Ich könnte schwören, das jede Nacht irgend etwas in meinen Mund
kriecht und darin stirbt. Ich brauche dringend noch einen
Drink.«
»Nein, brauchst du nicht«, sagte Jenny bestimmt. »Leg dich
wieder hin und schlaf erst mal den Rausch aus, den du noch
hast.«
»Machst du dir wirklich etwas aus mir?« fragte David und
sah Alice aus großen Augen an.
»Ja«, antwortete Alice und lächelte. »Hab’ ich dir das nicht
oft genug gesagt?«
»Ich muß es immer wieder hören«, erwiderte David. »Ich bin
wirklich sehr schüchtern.«
»Alle Männer wünschen sich, geliebt zu werden«, erklärte
Jenny. »Eine sehr einträgliche Schwäche, jedenfalls für uns
Frauen.«
»Ich nicht«, sagte Kit. »Ich wüßte gar nicht, was ich mit Liebe anfangen sollte.«
»Stimmt, aber du bist ja auch ein wenig wirr«, entgegnete
David .
Die beiden jungen Männer grinsten sich an, warfen die Umhänge beiseite, die ihnen als Decken gedient hatten, und rappelten sich unter Ächzen und Stöhnen auf. Sie befanden sich
genau in der verschwommenen Phase zwischen Trunkenheit
und Kater. Sie setzten sich zu ihren Mädchen und gossen sich
Ale aus dem großen Krug mitten auf dem Tisch in ihre Becher.
Es war warm und schmeckte abgestanden; aber so war das Leben halt manchmal. Die Taverne wirkte kühl und ruhig und
irgendwie abgeschieden vom Rest der Welt – jedenfalls so früh
am Morgen. David nahm einen kräftigen Schluck aus seinem
Becher und verzog das Gesicht.
»Gott, schmeckt das Zeug widerlich! Ich könnte schwören,
daß mein Gaumen sich jedesmal schlafen legt, wenn ich diesen
Laden betrete.«
»Wo sind sie denn alle hin?« fragte Kit. »Ich wollte gerade
anfangen. Ich kann die ganze Nacht durchmachen, wenn ich
will. Ein wenig Aufregung wäre jetzt nicht schlecht . «
»Ich bin hier«, sagte Jenny .
»Ich meine wirkliche Aufregung. Ich vermisse das Kämpfen
und die Duelle, die wir auf Golgatha hatten. Hier gibt es niemanden, der einen Kampf wert ist. Welchen Sinn macht es
schon, der Beste mit dem Schwert zu sein, wenn man nie die
Gelegenheit hat, es auch zu beweisen?«
»Wer sagt denn, daß du der Beste bist?« fragte David.
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