Todtstelzers Krieg
sich nun in jenem fröhlichen, kontemplativen Stadium der Trunkenheit, wo das Hinlegen und Schlafengehen einfach zuviel Anstrengung bedeutete.
Und so saßen sie einfach nur da und unterhielten sich leise über
dem letzten Rest in ihren Gläsern.
Und vielleicht waren sie ein wenig offener als gewöhnlich.
»Gott, bin ich hungrig«, sagte Alice. »Meinst du, hinter der
Theke gibt es noch irgendwas zu essen?«
»Und wenn schon. Ich würde nichts davon anrühren«, erwi
derte Jenny. »Ich weiß nicht, was er in seine Fleischkuchen tut;
aber ich finde es erstaunlich, daß man in dieser Taverne nie
eine Ratte sieht. Sein Brot hüpft wie Gummi, in der Suppe
schwimmen merkwürdige Brocken, und die Snacks gehören zu
der Sorte, die Kriege auslösen. Ich glaube, er züchtet sie in
irgendwelchen dunklen Ecken, wo niemand hinsieht.«
»Aber das Bier ist gut. Und der Wein. Und der Brandy
auch.«
»Das ist auch besser so. Bei den Preisen hier!«
»Was kümmert’s dich?« fragte Alice grinsend. »Du mußt
doch nichts davon bezahlen.«
»Zugegeben«, gestand Jenny. »Ja, zugegeben. Ich schätze,
die Jungs sind doch zu etwas gut.«
Die beiden Frauen musterten das schlafende Paar. Alice liebevoll, Jenny ungerührt. Kit furzte im Schlaf. Keine der Frauen
zuckte auch nur zusammen.
»David ist in Ordnung«, sagte Alice nach einer Weile. »Ja,
wirklich. Er ist ganz in Ordnung. Er sieht gut aus, prahlt nicht
damit herum, und er ist reich wie die Hölle. Und er ist immer
für mich da. Er redet nicht andauernd über die nächsten Wahlen oder über die Rebellion, als würde beides irgend etwas hier
am Arsch der Welt verändern. Er besteht nicht nur aus Arbeit,
Pflichterfüllung und Politik. Er ist meistens gut gelaunt und
lacht gerne, und hin und wieder ist er richtig amüsant. Warum
sind die einheimischen Jungs nicht so?«
»Bauern!« antwortete Jenny verächtlich. »Sie wissen uns
nicht zu schätzen. Das haben sie nie. Keiner von ihnen sieht
weiter als bis zur nächsten Lämmerzeit oder Ernte, und sie machen sich nichts aus Mode, Stil oder Kunst und all den Dingen,
die wirklich zählen. Und keiner von ihnen weiß, wie man eine
Dame behandelt. Mein Gott, wie ich diese Gegend hasse! Ich
will hier weg, weg von dieser Müllkippe, dieser Stadt, diesem
ganzen stinkenden Planeten. Kit wird mich mit nach Golgatha
nehmen. Er weiß es noch nicht; aber er wird mich mitnehmen.
Er ist meine Fahrkarte nach draußen!«
»Ich weiß nicht, wie du ihn ertragen kannst«, sagte Alice.
»Ich meine, er ist Davids Freund, also muß er auch seine guten
Seiten haben, aber ich schwöre dir, manchmal sehe ich ihn an
und kriege eine Gänsehaut. Er bedeutet Ärger. Er ist gefährlich.
Man sagt, er habe in der Arena von Golgatha eine ganze Menge Männer getötet.«
»Das hat David auch«, entgegnete Jenny. Sie trank den letzten Rest aus ihrem Krug und stellte ihn krachend auf die
Tischplatte. »Meine Güte, ich würde so gerne die Arena besuchen! Zusehen, wie Männer zu meinem Vergnügen miteinander kämpfen und sterben! Direkt vor meinen Augen, nicht auf
dem Holoschirm. Außerdem ist Kit gar nicht so übel, ehrlich
nicht. Er ist großzügig und stellt keine Forderungen. Vielleicht
ein wenig abartig im Bett, aber er ist schließlich auch ein Aristo. Nicht, daß mich das stören würde. Ich könnte ihm sicher
noch die eine oder andere Sache zeigen.«
»Abartig?« erkundigte sich Alice grinsend. »Was meinst du
mit abartig ?«
Jenny erwiderte das Grinsen. »Nun, sagen wir einfach, Kit
sieht mich am liebsten von hinten.«
»Jenny!« Alice versuchte schockiert dreinzublicken, doch es
gelang ihr nicht. Die beiden begannen zu kichern und warfen
Seitenblicke auf die Jungs, um sicherzugehen, daß sie noch
immer sanft schlummerten.
»Und was ist mit David?« erkundigte sich Jenny schließlich.
»Hat er auch seine kleinen … Vorlieben oder Abneigungen?«
»Nicht wirklich«, antwortete Alice. »Ich glaube ehrlich gesagt, er hat nicht viel Erfahrung mit Frauen. Er wird in den
merkwürdigsten Augenblicken scheu. Aber ich denke, er mag
mich. Ich meine, er mag mich wirklich. Der Süße.«
»Kit ist da anders«, sagte Jenny. »Und dafür bin ich entschieden dankbar. Gefühle würden unsere Beziehung nur verkomplizieren. Ich nehme von ihm, was ich kriegen kann, und
das weiß er auch. Wir haben eine schöne Zeit, guten Sex, und
keiner stellt Forderungen an den anderen. Ich glaube, Kit wüß
te mit Liebe überhaupt nichts anzufangen, nicht einmal mit
Zuneigung. Wahrscheinlich
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