Todtstelzers Krieg
Er hatte einen harten Tag hinter sich:
Das Schwert lag schwer in seiner Hand; er war todmüde, und
sämtliche Knochen taten ihm weh. Und nichts von alledem
spielte eine Rolle. Er war Owen Todtsteltzer, und er war wütend wie die Hölle. Die Angreifer kamen ihm gerade recht, um
sich abzureagieren.
Plötzlich fiel ihm die Prophezeiung des jungen Espers wieder
ein, daß er alleine in den Straßen Nebelhafens sterben, und daß
er ohne Freunde einer unmöglichen Übermacht gegenüberstehen würde. Owen lachte lauthals auf, und einige der Männer
erschauerten beim dunklen Klang seiner Stimme. Es war das
Lachen eines Mannes, der nichts mehr zu verlieren hatte. Owen
Todtsteltzer hob das Schwert, grinste sein berüchtigtes Totenkopfgrinsen und fiel in den Zorn. Er brüllte den Kriegsruf seiner Familie: »Shandrakor!« und stürzte sich auf seine Feinde.
Sie drängten von allen Seiten heran, und dann gab es nur noch
das Klirren von Stahl auf Stahl.
Es war ein Gemetzel. Blut floß in breiten Strömen über das
Kopfsteinpflaster, und am Ende … Owen stand triumphierend
inmitten eines großen Berges aus Sterbenden und Toten. Er
blutete aus zahllosen Wunden, doch er war unbezwungen und
lachte laut den wenigen Söldnern hinterher, die noch rechtzeitig die Flucht ergriffen hatten.
Soviel zu der verdammten Prophezeiung.
Er beendete den Zorn und fühlte sich augenblicklich vollkommen erschöpft. Allein der Schock verhinderte, daß er die
Schmerzen seiner Wunden spürte; doch Owen wußte, daß er
sich möglichst bald hinlegen und ausruhen mußte, damit das
Vermächtnis des Labyrinths des Wahnsinns ihn heilen konnte.
Er durfte nicht auf der Straße ohnmächtig werden; das schadete
nur dem Ruf. Also steckte er das Schwert mit halbwegs sicherer Hand in die Scheide zurück und wandte sich einmal mehr
dem Eingang der Schwarzdorn -Taverne zu und dem Zimmer,
das er dort gemietet hatte. Mitten in der Drehung verharrte er.
Hazel und Silver waren ihm wieder eingefallen. Er wollte sie
nicht wiedersehen. Ja, er wollte noch nicht einmal in ihrer Nähe sein. Doch am Ende ging er trotzdem hinein und die Treppe
hinauf zu seinem Zimmer. Er wußte nicht, wohin er sonst hätte
gehen sollen.
Der Imperiale Sternenkreuzer Herausforderung kam aus dem
Hyperraum und steuerte in einen Orbit um die Nebelwelt. In
seinem Privatquartier wartete Kapitän Bartek, auch bekannt als
Bartek der Schlächter, gespannt auf eine Reaktion der Welt
unter ihm. Seit Typhus-Marie waren die überlebenden Esper
der Nebelwelt dazu übergegangen, jedes Imperiale Schiff im
gleichen Augenblick anzugreifen, da es aus dem Hyperraum
fiel. Doch die Sekunden verstrichen, und nichts geschah.
Schließlich entspannte sich Bartek ein wenig. Die neuen Schilde funktionierten offenbar. Theoretisch war kein Esper und
auch keine Gruppe von Espern imstande, die Anwesenheit der
Herausforderung zu entdecken; doch sie hatten keine Zeit gehabt, die Schilde im Vorfeld zu testen.
Natürlich nicht.
Kapitän Bartek erhob sich aus seinem üppig dimensionierten
Sessel und durchquerte ohne Eile sein Quartier, ein großer,
schwerer Mann mit langsamen, kontrollierten Bewegungen,
kalt und berechnend. Bartek hielt nichts von Emotionen. Sie
standen ihm nur im Weg, wenn es um Pflichterfüllung und Effizienz ging. Sein Quartier war groß und komfortabel und wurde von Pflanzen beherrscht, die sämtliche Wände bedeckten
und sogar von der Decke herabhingen. Reben, Blumen und
Dornenbüsche wuchsen wirr durcheinander und kämpften um
Raum. Riesige Blüten wetteiferten mit merkwürdigen Gewächsen von Hunderten fremdartiger Welten, und alle wurden sie
durch ein kompliziertes hydroponisches System am Leben erhalten . Die Pflanzen erfüllten die Luft mit einem schweren,
schwülstigen Duft, den allein Bartek als erträglich empfand. Er
zog die Gesellschaft von Pflanzen der von Menschen vor. Bei
Pflanzen wußte er, woran er war – nicht zuletzt deswegen, weil
Pflanzen durchschaubar waren und nicht widersprachen. Außerdem empfand er die leuchtenden Farben und reichen Düfte
als angenehm beruhigend – besonders da er eine Position innehatte, in der er niemals ausspannen und niemals irgend jemandem vertrauen durfte. Er verließ sein Privatquartier nur, wenn
es absolut unumgänglich war.
Bartek hatte den Befehl erhalten, die Nebelwelt wieder ins
Imperium einzugliedern. Das war eine Ehre, soviel stand fest,
aber eine verdammt gefährliche. Bestimmt hatte sich außer ihm
niemand
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