Todtstelzers Krieg
Zuflucht vor dem entsetzlichen Bewußtsein, das sich in ihren Köpfen breitmachte und sie von
dort aus beobachtete . Esper fielen in Katatonie oder Ohnmacht,
oder sie zuckten und wanden sich hilflos in ihren Betten, als
sich Legions Macht unkontrolliert in der Luft ringsum entlud.
Legion war in der Nacht unterwegs, spazierte auf und ab durch
menschliche Gedanken und verbreitete namenlosen Schrecken . Es war gewaltig und unaufhaltsam, und nichts und niemand
konnte ihm widerstehen. Es war Legion, und es war viele in
einem.
John Silver kämpfte zusammen mit zahlreichen anderen an der
Bresche in der südwestlichen Mauer, während Legion auf ihn
einschrie. Er hatte in seiner Zeit als Pirat viele Kämpfe ausgefochten, und die Übermacht war manchmal erdrückend gewesen, aber er hatte noch nie etwas wie das hier erlebt. Die Hut
der Imperialen Sturmtruppen schien kein Ende nehmen zu wollen. In immer neuen Wellen strömten sie durch die gewaltigen
Lücken in der Mauer, die Imperiale Kriegsmaschinen gerissen
hatten. Silver hatte keinerlei Zeitempfinden mehr. Alles war
ein einziger Rausch aus Blut und Schmerz und klirrendem
Stahl, und obwohl John Silver seine Stellung mitten in den
Trümmern der Mauer hielt und keinen Fuß wich, wußte er, daß
er am Ende keine Chance haben würde.
Nachdem die Koboldshunde die Stadt als Folge der durch die
Typhus-Marie verbreiteten Esperseuche überfallen hatten , war
durch den Rat der Stadt beschlossen worden, die zwanzig Fuß
hohen Steinmauern auf dreißig Fuß zu erhöhen. Dreißig Fuß
solider Stein, vier Fuß dick.
Die Mauern hatten den Vormarsch der Imperialen Truppen
nicht einmal verlangsamt. Die riesigen Kampfwagen, fünfzig
Fuß hoch und zwanzig breit, waren durch die Mauer gebrochen, als wäre sie aus Papier. Die gehärteten Stahlrümpfe widerstanden allem, was nicht Disruptor war, und die wenigen
Energiewaffen der Verteidiger reichten einfach nicht, um sie
aufzuhalten.
Also waren die Kampfwagen an einem Dutzend Stellen
gleichzeitig durch die Mauer gebrochen, und hinter ihnen waren die Imperialen Sturmtruppen ausgeschwärmt und hatten auf
alles gefeuert, was sich in den Trümmern noch regte. Die Verteidiger waren ihnen mit kaltem Stahl in der Hand und grimmiger Entschlossenheit im Kopf entgegengetreten . Sie waren über
gefallene Kameraden gesprungen und hatten sich den Imperialen Truppen gestellt, und erst da war der Vormarsch langsamer
geworden und schließlich zum Halten gekommen, weil das
Kampfgetümmel in den Mauerbreschen heranstürmenden Marineinfanteristen den Weg versperrte.
Der Kampf tobte erbittert, und keine Seite gewährte oder
flehte um Gnade. In ihren Köpfen war kein Platz für irgend
etwas anderes als Haß und Mord, ein blutrünstiger Wahn, der
von der Wut der Rebellen und den Kampfdrogen der Imperialen genährt wurde – und über allem der nicht enden wollende
Schrei Legions.
Die Kampfwagen waren größtenteils nutzlos, nachdem sie
die Breschen in die Mauern gebrochen hatten. Sie waren zu
groß und zu schwerfällig, um in den engen Straßen und Gassen
zu operieren, und sie konnten ihre Disruptorkanonen nicht gegen die Verteidiger einsetzen, ohne die eigenen Leute zu treffen. Und so kam es wieder einmal zum Kampf Mann gegen
Mann, und kalter Stahl blitzte auf. Das Schlachtengetümmel
wogte mal hierhin, mal dorthin, und irgendwie hielten die Verteidiger stand.
John Silver hatte irgendwann im Laufe des Kampfes einen
tiefen Schnitt quer über die Stirn erhalten, und er mußte ständig
den Kopf schütteln, damit ihm kein Blut in die Augen floß.
Typisches Silver-Glück. Alles ging schief. Er hatte noch mehr
Wunden, und seine Kleidung war blutdurchtränkt, doch jetzt
war nicht die Zeit, um darüber nachzudenken. Es würde ihn nur
deprimieren. Die Euphorie seines letzten Wampyrblutrausches
war längst vergangen, und nur noch Adrenalin und Pflichtbewußtsein hielten ihn auf den Beinen.
Sein Schwert hob und senkte sich, und meistens prallte es
wirkungslos von parierendem Stahl oder einem Schutzschild
ab. Der Schmerz in Silvers Schwertarm wurde unerträglich. Im
Gedränge der Leiber war kein Raum für einen kunstvollen
Schwertkampf oder für Beinarbeit. Man stand Fußspitze an
Fußspitze mit seinem Gegner und schlug aufeinander ein, und
der Schnellere oder Stärkere war der Gewinner. Und sobald ein
Angreifer fiel, nahm ein neuer seine Stelle ein.
Silver hätte am liebsten aufgegeben und wäre davongerannt,
doch es gab
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