Todtstelzers Krieg
wurde durch ein unerwartetes Geschenk von oben schachmatt gesetzt. Tobias Shreck und sein
Kameramann Flynn befanden sich mitten im dicksten Trubel.
Sie zeichneten alles auf. Gegenwärtig waren sie in einen nahen
Hauseingang geflüchtet und hielten die Köpfe gesenkt, während Flynns Kamera über den Kämpfenden schwebte und die
besten Szenen festhielt. Tobias’ gemurmelter Kommentar wurde zunehmend heiser, doch er machte verbissen weiter. Er
wußte, wenn es ihm irgendwie gelang, diese Aufnahmen an
seinen Zensoren vorbeizuschmuggeln, dann würden die Nachrichtenagenturen einen ganzen Stapel neuer Preise und Auszeichnungen erfinden, nur um sie Tobias und Flynn zu verleihen. Das hier war genau das richtige Material.
Ffolkes war zunehmend sturer geworden im Hinblick auf
das, was sie filmen durften und was nicht, und so hatten die
beiden Reporter ihn mit dem Ruf: »Seht nur, dort drüben!«
abgelenkt und waren im gleichen Augenblick in verschiedene
Richtungen davongerannt. Als Ffolkes sich endlich darüber
klargeworden war, wen von beiden er verfolgen oder wen er
erschießen sollte, war es längst zu spät gewesen.
Tobias und Flynn hatten sich anschließend mit Leichtigkeit
wiedergetroffen und waren aufgebrochen, um die Schauplätze
der schwersten Kämpfe zu suchen. Es dauerte nicht lange, bis
sie ein paar gefunden hatten. Und von diesem Zeitpunkt an
waren sie vollauf damit beschäftigt gewesen, die Köpfe einzuziehen und Schüssen und anderen Angriffen auszuweichen,
während sie von einem Brennpunkt zum anderen gerannt waren und Flynns Kamera alles aufgenommen hatte. Soldaten und
Rebellen ignorierten Tobias und Flynn gleichermaßen , da sie
offensichtlich keiner Partei angehörten , doch Kugeln, Disruptorstrahlen und einstürzenden Häusern war das egal. Tobias
hätte am liebsten die Rebellen angefeuert, die in der Unterzahl
und schlecht ausgerüstet waren und sich trotzdem nicht geschlagen geben wollten; aber das durfte er nicht riskieren –
jedenfalls nicht, wenn er den Film, den er unter Lebensgefahr
drehte, jemals im Imperium zeigen wollte. Also achtete er
peinlich genau darauf, daß sein gemurmelter Kommentar neutral blieb, und ließ im übrigen die Bilder für sich selbst sprechen.
Der junge Meisterdieb namens Katze eilte über die Dächer und
trug seinen Teil zur Verteidigung Nebelhafens bei. Er hatte alle
von Cyder stammenden Botschaften abgeliefert, und genaugenommen hätte er inzwischen schon auf dem Weg zurück in den Schwarzdorn sein können, doch er konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen.
Nicht, daß er sich je als gewaltliebenden Menschen betrachtet hätte, doch die gnadenlose Zerstörung seiner Stadt hatte
eine Wut in ihm erweckt, die er nicht mehr länger beherrschen
konnte. Und so bewarf er die Soldaten unten in den Straßen mit
Ziegeln und Steinen und allem, was er in die Hände bekam –
jedenfalls wenn er nicht gerade Leute zurückriß, die ihrerseits
Steine und Ziegel und alles mögliche warfen und von ihrem
Enthusiasmus beinahe über den Rand der Dächer getrieben
worden wären . Sie kannten sich auf den Dächern eben nicht so
gut aus wie Katze.
Katze überwachte gerade die fachmännische Zerlegung eines
gemauerten Schornsteins zwecks Gewinnung neuer Wurfgeschosse, als sein Blick zufällig auf das Ende der Straße fiel.
Dichter schwarzer Rauch hing in der Luft, der von aufsteigender heißer Luft und den Verwirbelungen vorbeifliegender Antigravbarken in diese und jene Richtung getrieben wurde.
Plötzlich teilte sich der Rauch und zeigte Katze ein halbes Dutzend Imperialer Marineinfanteristen, die ganz am Ende der
Straße eine tragbare Disruptorkanone in Stellung brachten.
Ihr Plan schien offensichtlich. Sobald die Kanone erst feuerbereit war, mußten die Kanoniere nur noch ihre Männer zurückrufen, dann konnten sie schießen. Die Kanone würde die
Barrikade und jeden in ihrer Nähe mit einem einzigen Schuß in
Stecke reißen. Die Verteidiger hätten nicht den Hauch einer
Chance.
Katze sprang noch im selben Augenblick auf und rannte über
die steilen Dächer davon. Da er taubstumm war, hatte er keine
Möglichkeit, die Verteidiger unten in den Straßen zu warnen,
und bis er den Leuten auf den Dächern klargemacht hätte, was
er wollte, wäre es zu spät. Also mußte er allein handeln. Leise
bezog er über den Soldaten Position, während sie den Zusammenbau der tragbaren Kanone beendeten und die Zielerfassungsrechner hochfuhren. Sie hatten
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