Todtstelzers Schicksal
sterben?«
»Sie waren unsere Medien für direkte Handlungen auf der
körperlichen Ebene«, antwortete die Mater Mundi mit ihrem
entsetzlichen Stimmenchor. »Und sie waren unsere Hoffnung –
unser Versuch, stärkere Esper zu erzeugen, als Waffen gegen
unsere Unterdrücker, die uns unsere Bestimmung vorzuenthalten versuchten. Die Esper müssen herrschen. Wir sind von Natur aus überlegen. Wir werden an die Stelle der armen taubstummen Menschheit treten. Wir waren es zufrieden, mit Bedacht vorzugehen, bis deine Freunde das Labyrinth des Wahnsinns durchschritten hatten und drohten, stärker zu werden als
wir. Sie sind nicht wie wir. Sie könnten zu etwas Größerem
werden als wir. Das dürfen wir nicht zulassen. Unsere früheren
Manifestationen versagten, weil ihr Bewusstsein zu stark gelenkt war, zu starr, um sich wirklich die von uns gewährte
Macht zu eigen zu machen. Heute wissen wir genug, um Menschen mit einem Bewusstsein auszusuchen, das leichter formbar ist, Menschen wie dich und Topas. Mit Hilfe dessen, was
wir von euch gelernt haben, werden wir eine Armee von Manifestationen erschaffen, die unseren Willen in der körperlichen
Welt ausführen. Nachdem wir euch vernichtet haben. Euch
alle, die gewagt haben, unsere Macht zu bedrohen. Deshalb
haben wir dir auch erlaubt, um Hilfe zu rufen. Wir wollten
euch alle hier haben, auf dieser Stätte, um euch für immer zu
vernichten.«
Draußen über dem Meer braute sich ein Sturm zusammen:
der Zorn der Mater Mundi. Er wurde stärker und stärker und
saugte die Wasser des Meeres der Träume zu einer großen
dunklen Flutwelle hoch; sie ragte zig Meter weit auf und brauste unerbittlich auf Dianas winzige Insel zu. Und jeder dort
wusste, dass er ertrinken und für immer im Meer der Träume
verloren gehen würde, falls ihn dieser Sturm fortwehte. Ihre
unbewohnten Körper würden noch fortleben, solange andere
für sie sorgten, aber ihre Seelen existierten dann nur noch in
Träumen.
Diana und ihre Gefährten rafften ihre kombinierte Willenskraft auf und stoppten die Flutwelle. Als große Wand aus aufgewühltem Wasser hing sie vor ihnen und drückte gegen die
Wände ihres Bewusstseins – mit dem Gewicht und der Wucht
aller Esper des Imperiums, die, es nicht ahnend, dahintersteckten. Meter für Meter drängte die Welle vor, ungeachtet aller
Bemühungen Dianas und ihrer Gefährten, und nichts, was sie
tun konnte, hielt sie in ihrem unerbittlichen Vordringen auf.
Und in diesem Augenblick entschieden die vier Überlebenden
des Labyrinths schließlich, sich einzumischen – Owen, Hazel,
Jakob und Ruby standen gelassen neben Diana und sahen genauso aus wie immer. Sie hatten keine Probleme mit ihren
Selbstbildern und hegten herzlich wenige Illusionen, hinter
denen sie sich noch hätten verbergen können. Owen Todtsteltzer schenkte Diana ein warmherziges Lächeln und wandte sich
dann den Archetypen der Mater Mundi zu.
»Ihr habt doch nicht wirklich geglaubt, Ihr könntet etwas so
Großes vor uns verbergen, oder? Selbst wir sind in der Lage,
einen Hinweis zu verstehen, falls man ihn uns laut genug in die
Ohren brüllt. Wir haben unsere individuellen Streitigkeiten für
den Moment zu den Akten gelegt, um uns mit Euch zu befassen. Zunächst mal wollen wir doch diesen Sturm beseitigen.«
Die Labyrinthleute richteten ihren Blick auf die Flutwelle,
und sie sank ins Meer zurück und war verschwunden. Das
Meer der Träume lag wieder still und friedlich da. Die Labyrinthleute drehten sich zu den Archetypen um, die nach wie vor
ihre Position hielten. Energie baute sich rings um Dianas Insel
auf, und alle dort spürten sie – eine gewaltige Ladung, die immer stärker wurde und sich irgendwo erden musste.
»Ihr könnt uns nicht schaden«, sagten die Archetypen mit der
gemeinsamen Stimme. »Das wagt ihr nicht. Vernichtet uns,
und ihr tötet damit Millionen Esper im ganzen Imperium.«
»Sie haben Recht«, sagte Diana. »Die Mater Mundi ist eine
unterbewusste Gestalt. Die Esper wissen ehrlich nicht, was sie
da tun.«
»Dann müssen wir ihnen einfach einen Weckruf schicken«,
fand Owen.
Die vier Labyrinthdenker vereinigten sich mühelos, wie ineinander greifende Teile eines Puzzlespieles, und verschmolzen dabei zu einem Willen, viel stärker als alles, was sie je getrennt erreicht hatten. Diana und ihre Gefährten wurden mit
aufgesaugt, ein kleiner, aber entscheidender Teil, mitgetragen
von der schieren Macht, die hier zum Einsatz kam. Die Archetypen der
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