Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
Vom Netzwerk:
genauestens
untersuchten. Chefköche weinten und Köche flehten um unverzichtbare Zutaten, die in dieser Schlange festhingen, aber die
Sicherheitsleute ließen sich nicht nervös machen. Einer der
offiziellen Vorkoster löste beinahe eine Panik aus, als er sich
über Schmerzen in der Brust beklagte, aber wie sich herausstellte, waren es nur Blähungen.
    Derweil drehten sich ganze Tierkadaver auf Spießen; ganze
Regenwälder von Vegetation wurden in Scheiben und Würfel
und andere interessante Formen geschnitten, und ganze Wüsten
entsetzlich süßer und klebriger Sachen wurden von ernsthaften
Männern mit albernen Hüten zusammengestellt. Klare Brühen
und trübe Weine standen fassweise bereit, und Hunderte von
Fischen in großen Tanks verfolgten nervös das Geschehen. Die
Hitze in den Küchen war unerträglich, der Lärm entsetzlich
und die Duftmischung stark genug, um geringere Sterbliche zu
berauschen. Und ganz allein in den Tiefen des großen Kühlraums und isoliert in seinem Druckanzug, arbeitete der Eismann wie rasend an einer Reihe zerbrechlicher EiscremeKreationen und verfluchte dabei seinen Lehrling, weil dieser
mit Grippe im Bett lag.
    Auf dem Parkett des Plenarsaals schrien sich politische und
gesellschaftliche Ratgeber gegenseitig an, weil sie sich über
Aspekte der Tradition, des Vorrangs und der Etikette nicht einigen konnten, und in regelmäßigen Abständen mussten amüsierte Sicherheitsleute einschreiten und die Streithähne wieder
trennen. Auf die Reihenfolge, in der sie die wichtigeren Gäste
dem neu gekrönten Königspaar vorstellen wollten, waren die
Ratgeber noch nicht mal zu sprechen gekommen.
    Die Brautjungfern, vierundzwanzig schöne junge Damen von
erlesenstem Charakter, gekleidet in ganze Hektar luftigen rosa
Stoffes, hatten schließlich doch gegen die ganzen Proben der
Zeremonie rebelliert und sich in eine relativ ruhige Ecke zurückgezogen, um sich lautstark und ostentativ zu betrinken.
Man hatte sie per Losentscheid unter den in Frage kommenden
jungen Damen der Clans ausgewählt, und eigentlich hätte es
für sie eine große Ehre sein müssen. (Der Tradition zufolge
hätten die Brautjungfern aus den Familien von Braut und Bräutigam stammen sollen, aber da der Clan Wolf den Clan Feldglöck im Rahmen einer sehr feindlichen Übernahme vor gar
nicht so langer Zeit weitgehend ausgerottet hatte, war man auf
Seiten der Beteiligten taktvollerweise übereingekommen, diese
spezielle Tradition zu vergessen.) Zunächst freuten sich die
Brautjungfern, dass man sie für einen solch feierlichen Anlass
ausgewählt hatte, aber das war vor den tagelangen Drills in
geschlossener Formation, um die Zeitlupentänze einzustudieren
sowie die korrekte Art, sich zu nähern und wieder zurückzuziehen, wie es die königliche Zeremonie diktierte. Die jungen
Damen waren viel mehr daran gewöhnt, Befehle zu erteilen,
statt sie auszuführen, und sie hassten es einfach, wenn man sie
anschrie, weil sie es falsch gemacht hatten; außerdem taten
ihnen die Füße weh. Aussteigen konnten sie jedoch nicht mehr,
denn sie wussten, dass ihre Familien sie dann umgebracht hätten. Jetzt hatte die Lehrerin ihre Haltung allerdings einmal zu
oft kritisiert, und sie trösteten sich mit Champagnerflaschen,
die sie aus den Küchen entwendet hatten. Gleichzeitig versuchten sie, die Männer von der Sicherheit anzumachen. Bislang
war keiner der Letztgenannten schwach geworden, zumindest
nicht, solange ein Offizier hinsah.
    Und sei es auch nur, weil sie wie alle anderen wussten, dass
sie sich stets unter dem kalten, wachsamen Blick von Chantelle
befanden, der Zeremonienmeisterin. Chantelle hatte den Job
zum Teil deshalb bekommen, weil alle wussten, dass sie gut
darin sein würde, zum Teil, weil ihn sonst niemand haben wollte, und vor allem deshalb, weil ihr niemand etwas zu verwehren vermochte. Chantelle war seit, wie es schien, Äonen eine
Institution und gehörte weder zu einem Clan noch einer Clique,
war aber trotzdem ein essenzielles Mitglied der gesellschaftlichen Szene. Sie war nun mal ein Star dieser besonderen Art,
berühmt dafür, dass sie berühmt war. Keine Party war komplett
ohne Chantelle, ihre sprühende und lachende Gegenwart, die
überall geistreiche Verwirrung verbreitete. Die Abfuhren, die
sie erteilte, und ihre spitzen Bonmots waren legendär, aber
trotzdem war man niemand, solange sich Chantelle nicht
herabließ, einen zur Kenntnis zu nehmen. Sie war einer dieser

Weitere Kostenlose Bücher