Todtstelzers Schicksal
gesehen habe,
kämpften sie gegen eine Rebellenarmee. Ich vermisse diese
Zeit, Flynn. Damals wusste man noch, wo man stand.«
»Ja«, sagte Flynn, »direkt in der Schusslinie. Ich persönlich
vermisse diese Zeit überhaupt nicht. Das hier ist viel eher meine Wellenlänge. Zivilisierter Schauplatz, Essen überall in
Griffweite und mehr hübsche Kleider an einem Ort, als ich je
zu träumen gewagt hätte. Denkst du, Konstanze würde mir erlauben, ein paar davon privat anzuprobieren, wenn ich sie ganz
nett bitte?«
»Schlag dir das aus dem Kopf!« verlangte Toby streng.
»Konstanze spielt da vielleicht mit, aber ich habe das Gefühl,
dass Robert in solchen Dingen wahrscheinlich spießiger ist.
Außer dem habt ihr beide nicht mal annähernd die gleiche
Größe, und falls du irgendwas zerreißt, verlangen sie von uns
wahrscheinlich, dafür zu bezahlen. Und du kannst wetten, dass
eines dieser Rüschenkleider mehr kostet, als du und ich im Jahr
verdienen. Na ja, mehr als du jedenfalls. Falls du dich gut benimmst, werde ich fragen, ob du als Brautjungfer mitmachen
darfst.« Er sah sich um. »Das ist einfach nichts für die Nachrichten. Es ist heitere Propaganda, um alle davon abzulenken,
wie schlecht der Krieg läuft. Ich habe gehört, dass die Arena
zur Zeit rund um die Uhr in Betrieb ist, um die Leute abzulenken. Blut und Spiele und königliche Hochzeiten. Gebt den Leuten, was sie haben wollen. Ich könnte kotzen.«
»Du findest rechts von dir einen Zylinder, der nicht gepasst
hat«, sagte Flynn. »Gib dir Mühe, nicht daneben zu treffen. Der
Teppich war teuer.«
»Jetzt mal langsam«, sagte Toby. »Schwenke ganz leise deine Kamera. Ich denke, wir stehen im Begriff, den ersten echten
Krach des glücklichen Paares mitzuerleben.«
Robert hatte sich vom Spiegel gelöst, um sich durch ein Gespräch mit Konstanze abzulenken, und er war direkt in ihre
erste echte Auseinandersetzung geraten. Konstanze war seit
jeher ein großer Fan der Arena. Die Wolfs hatten eine eigene
Privatloge direkt am Kampfplatz, damit sie all das Blut und
Leid und die Sterbenden aus der Nähe sehen konnten. Konstanze ließ keinen der größeren Kämpfe aus und jubelte und
buhte jeweils herzhaft, wie sie gerade gelaunt war. Sie kannte
Namen und Geschichte jedes großen Kämpfers und konnte
seine Kampfergebnisse mit der munteren Leidenschaft des hingebungsvollen Fanatikers zitieren. Als Teenager hatte sie sich
schwer in den Maskierten Gladiator verknallt und ihm parfümierte Fanbriefe geschrieben. Sie liebte es einfach, wenn der
Todesstoß direkt vor ihr stattfand.
Robert hielt die Arena für barbarisch, fand, dass sie an die
niederen Instinkte des Menschen appellierte und aus moralischen Gründen geschlossen werden sollte.
Normalerweise gingen sie mit diesem Meinungsunterschied
um, indem sie sich einigten, nicht darüber zu diskutieren, aber
jetzt sprach Konstanze davon, eine entscheidende Hochzeitsprobe auszulassen, um zwei ihrer Favoriten dabei zuzusehen,
wie sie einander bis zum Tod bekämpften. Robert wollte davon
nichts hören. Ein vernünftig kühler Tonfall artete bald zu einem lauten, erhitzten Streit aus, und alle anderen wurden ganz
ruhig und zogen sich an die Seitenlinien zurück, nur für den
Fall, dass das glückliche Paar anfing, mit Gegenständen zu
werfen.
»Du hast mir nicht zu sagen, was ich tun darf und was
nicht!«, fauchte Konstanze Robert an, und ihre Augen blitzten.
»Und es gefällt mir nicht, wenn mein bevorzugter Zeitvertreib
als grausam und unmenschlich dargestellt wird!«
»Ich habe zu viele gute Männer und Frauen im Krieg sterben
sehen«, sagte Robert, und man konnte erkennen, wie er um
Beherrschung rang. »Menschliches Leiden und Sterben hat
nichts mit Sport oder Unterhaltung zu tun. Es ist einfach nur
blutig und eine Verschwendung und ein Verlust an guten
Kämpfern. Falls sie so scharf darauf sind zu kämpfen, sollen
sie in die Streitkräfte eintreten und gegen unsere wirklichen
Feinde stielten! Wir haben genug davon. Und gestatte mir den
Hinweis, dass du einerseits scharf bist auf diesen Sport, dich
andererseits aber nicht freiwillig meldest, um ein Schwert zu
gürten und selbst in der Arena anzutreten.«
»Natürlich nicht! Das macht Gladiatoren schließlich zu solchen Helden! Sie kämpfen für uns, für die Zuschauer, setzen
Leben und Reputation aufs Spiel, um Ruhm und Ehre und die
Bewunderung des Volkes zu erringen.«
»Das gilt nur für eine kleine Minderheit von
Weitere Kostenlose Bücher