Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Töchter Der Finsternis

Töchter Der Finsternis

Titel: Töchter Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
Vom Netzwerk:
„Komm."
    Stattdessen sprang Mark auf.
    „Mark!" Sie krabbelte auf die Knie und versuchte, ihn runterzuziehen.
    Er riss sich los und machte einen Schritt auf die Lichtung zu.
    „Nein!"
    „Jade!" Er ging weiter auf die Lichtung zu.
    Nein! dachte Mary-Lynnette wieder, und dann war sie hinter ihm her. Wenn sie jetzt geschnappt wurden, dann war es egal, was er tat. Aber sie wollte bei ihm sein.
    „Jade!" rief Mark und nahm die Taschenlampe. Er richtete sie direkt auf das Gedränge am Rand der Lichtung. Drei Gesichter wandten sich ihm zu.
    In Mary-Lynnettes Kopf drehte sich alles. Es war eine Sache, sich vorzustellen, was die Mädchen da machten; aber es war eine ganz andere, es wirklich zu sehen. Diese drei wun
    derschönen Gesichter, weiß im Schein der Taschenlampe, und ihre Münder und ihr Kinn waren rot verschmiert mit etwas, das wie Lippenstift aussah. Dunkelrot wie Saft zerquetschter Sauerkirschen.
    Aber es war weder Lippenstift noch Kirschsaft, und auch der weiße Hals des Rehs war damit befleckt.
    Sie aßen das Reh - sie aßen es wirklich ...
    Ein Teil von Mary-Lynnettes Verstand erwartete, dass die drei zischen und vor dem Licht zurückschrecken würden, so wie in Horrorfilmen. Dass sie das Licht mit ihren blutver
    schmierten Händen abblocken würden, während sie wilde Grimassen zogen.
    Es passierte nichts, von all dem. Weder Tiergeräusche noch dämonische Stimmen oder schreckliche Fratzen.
    Stattdessen stand Jade auf, während Mary-Lynnette noch vor Entsetzen wie erstarrt war und Mark versuchte, wieder normal zu atmen.
    „Was macht ihr denn hier?" fragte sie.
    Ihre Stimme klang verwirrt und leicht ärgerlich. So würde man mit einem Jungen sprechen, der einen nervt, weil er einem auf Schritt und Tritt folgt.
    Mary-Lynnette hatte das Gefühl, langsam den Verstand zu verlieren.
    Ein langes Schweigen entstand. Dann standen auch Rowan und Kestrel auf. Mark rang weiter rasselnd nach Atem und ließ das Licht der Taschenlampe von einem Mädchen zum nächsten wandern. Aber er kam immer wieder zu Jade zurück.
    „Nein, was macht ihr hier? Das ist die Frage", sagte er keuchend. Der Lichtstrahl richtete sich auf das Loch und dann wieder auf die Mädchen. „Was macht ihr hier?"
    „Ich habe zuerst gefragt." Jade runzelte die Stirn. Wenn sie allein gewesen wäre, hätte Mary-Lynnette langsam nicht mehr geglaubt, dass sie in schrecklicher Gefahr schwebten.
    Aber Rowan und Kestrel sahen erst einander und dann Mary-Lynnette und Mark an. Ihr Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
    „Ihr hättet uns nicht folgen dürfen", sagte Rowan. Sie sah ernst und traurig aus.
    „Es hätte ihnen gar nicht erst gelingen dürfen", erklärte Kestrel mit grimmiger Miene.
    „Das kommt daher, weil sie nach den Ziegen stinken", warf Jade ein.
    „Was macht ihr hier?" wiederholte Mark fast schluchzend. Mary-Lynnette wollte ihn trösten, aber sie konnte sich nicht bewegen.
    Jade wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. „Seht ihr das denn nicht?" Sie wandte sich an ihre Schwestern. „Was sollen wir jetzt tun?"
    Schweigen entstand. Dann sagte Kestrel: „Uns bleibt keine Wahl. Wir müssen sie töten."

9. KAPITEL
    Mary-Lynnette hatte das Gefühl, nicht richtig zu hören. Für sie klangen Kestrels Worte wie die Zeile aus einem schlechten Gangsterfilm. Legt sie um, tötet sie.
    Mark lachte wie irre.
    Das wird wirklich sehr schlimm für ihn, dachte Mary-Lynnette seltsam gefühllos. Ich meine, wenn wir es überleben, was wir nicht werden, dann wird es sehr schlimm für ihn. Ob er das verkraftet? Er hatte ja sowieso schon Angst vor Mädchen und hat vom Leben immer nur das Schlechteste erwartet.
    „Warum setzen wir uns nicht alle?" Rowan unterdrückte einen Seufzer. „Wir müssen überlegen, was wir tun wollen."
    Mark warf den Kopf zurück und lachte wieder. „Warum nicht?" rief er. „Setzen wir uns doch und halten einen gemütlichen, kleinen Plausch."
    Sie sind schnell wie Windhunde, dachte Mary-Lynnette. Wenn wir jetzt weglaufen, werden sie uns wieder einfangen. Aber wenn wir uns setzen und sie in Sicherheit wiegen, dann kann ich sie vielleicht ablenken - oder sie mit etwas schlagen.
    „Setz dich", befahl sie Mark barsch. Rowan und Kestrel wandten sich von dem Reh ab und ließen sich ebenfalls auf dem Waldboden nieder. Jade blieb noch einen Moment stehen, die Hände in die Hüften gestützt, dann setzte auch sie sich.
    Selbst im Sitzen benahm Mark sich noch, als wäre er total betrunken. Er wedelte mit der Taschenlampe herum.

Weitere Kostenlose Bücher